Net Zero

Britische Klimaziele wackeln

Großbritannien ist auf dem besten Weg, die Planzahlen für die Installation von Wärmepumpen zu verfehlen. Die Nachfrage ist gering. Damit kommen auch die ambitionierten Klimaziele des Landes ins Wanken.

Britische Klimaziele wackeln

Britische Klimaziele wackeln: Wärmepumpen nicht gefragt

Premier Rishi Sunak setzt auf Gaskraftwerke, Rolle von Wasserstoff wird erst 2026 geklärt

hip London

Großbritannien wird seine Ziele für die Installation von Wärmepumpen aller Voraussicht nach deutlich verfehlen. Wie einem Bericht des Rechnungshofs NAO (National Audit Office) zu entnehmen ist, wurden 2022 im ganzen Land nach Schätzung der Heat Pump Association gerade einmal 55.000 Wärmepumpen eingebaut. Geht es nach dem Ministerium für Energiesicherheit und Net Zero soll 2028 ein Wert von 600.000 pro Jahr erreicht werden. Dazu müsste die Zahl der Installationen bis 2028 auf das Elffache steigen.

Heizen wird zum Problem

Die Klimawende ist nicht billig: Das britische Climate Change Committee schätzt die Investitionen, die zwischen 2020 und 2050 nötig sind, um Wohngebäude mit Niedrig-Kohlenstoff-Heizungen auszustatten, auf 162 Mrd. Pfund. Fast ein Fünftel (18%) der britischen Emissionen des Jahres 2021 gingen darauf zurück, dass die 28 Millionen Haushalte des Landes beheizt werden müssen. Um die ambitionierten Klimaziele der Regierung zu erreichen, müssen sie reduziert werden.

Wärmepumpen immer noch teuer

Das Problem mit den Wärmepumpen ist, dass die Ersetzung einer Gastherme durch eine Wärmepumpe Ende vergangenen Jahres viermal so viel kostete wie der Einbau einer neuen Gastherme. Die 2021 geäußerte Erwartung der Regierung, dass die Installationskosten bis 2025 um 25% bis 50% zurückgehen werden, ist kaum noch zu erreichen. Zwischen 2021 und 2023 sanken sie um lediglich 6%. Wenn auch nur das untere Ende der genannten Spanne erreicht werden soll, müssten sie in den verbliebenen beiden Jahren etwa dreimal so schnell fallen. Zudem ist Strom immer noch teurer als Gas, was den Betrieb einer Wärmepumpe teurer machen kann als den einer Gastherme. Es ist vor diesem Hintergrund nicht ganz überraschend, dass die Regierung immer mehr auf Sicherheit setzt. Premier Rishi Sunak kündigte zuletzt den Bau neuer Gaskraftwerke an. „Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst, werden wir auf diese Weise sicherstellen, dass das Licht an und die Rechnungen niedrig bleiben“, schrieb er in einem Gastbeitrag für den „Daily Telegraph“. Es gehe um Versorgungssicherheit. Die Alternative seien Blackouts.

Versorgungslücke befürchtet

2023 lieferten Gaskraftwerke in Großbritannien rund zwei Fünftel des Stroms. Zum Ende des Jahrzehnts ist bei einigen das Ende ihrer Laufzeit erreicht. Werden sie abgeschaltet, entsteht eine Versorgungslücke. Nach Schätzung von Aurora Energy Research könnte sich die Kapazität zur Verstromung von Gas halbieren. Private Investoren dürften sich angesichts der Perspektive einer baldigen Abschaltung beim Bau neuer Gaskraftwerke zurückhalten. Der Betrieb als Notfallreserve ist wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Rolle von Wasserstoff unklar

Der Rechnungshof bemängelt in seinem Bericht unter anderem, dass die Regierung erst 2026 die strategischen Weichenstellungen für die Nutzung von Wasserstoff vornehmen will. Eine Reihe von Pilotprojekten und Tests verzögerten sich oder wurden abgeblasen. Die anhaltende Ungewissheit über die Rolle von Wasserstoff könne die Dekarbonisierung verzögern. Ab 2035 dürfen keine neuen Heizungen verkauft werden, die fossile Brennstoffe verwenden. Allerdings gibt es Ausnahmen für rund ein Fünftel der Haushalte. Wie ihre Heizungen dekarbonisiert werden sollen, ist so unklar wie der Umgang mit den existierenden Gasverteilernetzen.

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