Monatsbericht April

Bundesbank rückt Vermögensstruktur in den Fokus

Die Bundesbank peppt ihre Daten zur Vermögensbilanz der Privathaushalte auf. So können Rückschlüsse auf die (Rück-)Wirkung von Geldpolitik und Finanzstabilität gezogen werden.

Bundesbank rückt Vermögensstruktur in den Fokus

Neuer Datensatz für Bundesbank-Statistik

Vermögensbilanz wird aufgepeppt – Ungleichheit in Deutschland besonders hoch

ba Frankfurt

Die Bundesbank rät der Europäischen Zentralbank (EZB), bei der Analyse ihrer geldpolitischen Maßnahmen auch die individuellen Vermögensverhältnisse und mögliche Liquiditätsbeschränkungen der privaten Haushalte stärker in den Blick zu nehmen. Denn „Änderungen in der Verteilung und der Struktur des Vermögens könnten die Wirksamkeit der Geldpolitik beeinflussen“, heißt es in einer vorab veröffentlichten Analyse aus dem Bundesbank-Monatsbericht April.

Aus diesem Grund will die Notenbank nun vierteljährlich eine verteilungsbasierte Vermögensbilanz erstellen. Zudem, so die Ökonomen, liefere der neue Datensatz auch Erkenntnisse darüber, inwieweit wirtschaftliche Entwicklungen bestimmte Haushalte besonders betreffen und in welchem Maße dies möglicherweise auf die Finanzstabilität oder die Geldpolitik zurückwirke.

An den individuellen Spar- und Finanzierungsmöglichkeiten liegt es

Nach einer Leitzinserhöhung durch die EZB würden vor allem Sparer-Haushalte – also solche, die ihr Vermögen überwiegend in liquiden Anlagen halten – den Gegenwartskonsum in die Zukunft verschieben, heißt es in der Analyse. Für Haushalte mit tendenziell eingeschränkten Sparmöglichkeiten sei hingegen vor allem relevant, wie eine Zinserhöhung ihre Einkommens- und Beschäftigungsaussichten beeinflusst. „Welcher dieser Effekte für den einzelnen Haushalt dominiert, hängt somit von seinen individuellen Spar- und Finanzierungsmöglichkeiten ab.“

In der verteilungsbasierten Vermögensbilanz werden Daten aus der Vermögensbefragung der Bundesbank „Private Haushalte und ihre Finanzen“ mit den vierteljährlichen Angaben der gesamtwirtschaftlichen Vermögensbilanzen im Rahmen der Finanzierungsrechnung kombiniert. Im Vergleich zur komplexen und aufwändigen Haushaltsbefragung ergebe sich ein merklicher Zeitvorteil und im Gegensatz zu den gesamtwirtschaftlichen Vermögensbilanzen erhalte man wertvolle Verteilungsinformationen, heißt es weiter.

Ungleichheit in Deutschland besonders hoch

So hat die Bundesbank gleichfalls festgestellt, dass die Vermögensungleichheit hierzulande seit Ende 2022 wieder zugelegt hat. Als Grund gilt die teils unterschiedliche Entwicklung der Nettovermögen der vermögensärmeren im Vergleich zu den vermögenderen Haushalten. Dies liege vor allem an der unterschiedlichen Zusammensetzung des Nettovermögens und an der unterschiedlichen Entwicklung seiner Komponenten, also Finanzportfolio, Immobilienvermögen, Betriebsvermögen und Verbindlichkeiten. „Seit Ende 2021 ist das Wachstum der Nettovermögen über alle Vermögensgruppen hinweg stark rückläufig“, schreibt die Bundesbank. Infolge von Bewertungsänderungen seien die Versicherungsansprüche kräftig zurückgegangen, so dass „besonders die Wachstumsrate des Nettovermögens der vermögensärmeren Hälfte relativ stark“ gefallen sei. Zudem stützten die zuletzt kräftige Zunahme von Einlagen sowie die für diese Vermögensgruppe gesunkenen Verbindlichkeiten das Nettovermögen.

Die Wachstumsrate des Nettovermögens des vermögendsten Prozents der Haushalte fiel laut Bundesbank ähnlich stark wie die der vermögensärmeren Hälfte. Während sich zunächst ein deutlicher Rückgang der Bestände an kapitalmarktbasierten Anlageformen sowie an Immobilienvermögen dämpfend ausgewirkt hatte, haben seit Anfang 2023 die Bestände an Schuldverschreibungen und Investmentfondsanteilen spürbar zugenommen, „sodass die Entwicklung des Finanzportfolios zuletzt zu einem deutlichen bewertungsbedingten Anstieg des Nettovermögens beitrug“.

Aber auch im internationalen Vergleich bleibe die Vermögensungleichheit in Deutschland recht hoch. Dabei, so betont die Bundesbank, sei allerdings zu beachten, dass das zugrundeliegende Vermögenskonzept der verteilungsbasierten Vermögensbilanz die Ansprüche an gesetzliche Alterssicherungssysteme nicht berücksichtige. Entsprechende Berechnungen für Deutschland würden zeigen, dass die Nettovermögensungleichheit bei Berücksichtigung der gesetzlichen Altersvorsorge deutlich geringer ausfalle als ohne Einbeziehung.

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