LEITARTIKEL

Befreiungsschlag

Mit der erfolgreichen Kapitalerhöhung von Unicredit schreitet die Entpolitisierung der italienischen Banken voran. Jahrelang haben die Sparkassenstiftungen das Geschehen der Branche geprägt, vor allem bei Unicredit und der Krisenbank Monte dei...

Befreiungsschlag

Mit der erfolgreichen Kapitalerhöhung von Unicredit schreitet die Entpolitisierung der italienischen Banken voran. Jahrelang haben die Sparkassenstiftungen das Geschehen der Branche geprägt, vor allem bei Unicredit und der Krisenbank Monte dei Paschi di Siena. Die Provinzfürsten versuchten Kapitalerhöhungen zu vermeiden, um ihre Macht zu erhalten. Sie bremsten damit Investitionen und internationale Initiativen aus. So sind etliche lokal orientierte Stiftungen für das Desaster im italienischen Kreditgewerbe mitverantwortlich.Unicredit ist ein Modellfall für den negativen Einfluss von Stiftungen. Hier hatten jahrelang mehrere regionale Eigner – aus Turin, Verona, Modena und Sizilien – das Sagen. Sie prägten den Verwaltungsrat und verfolgten großenteils lokalpolitische Interessen. Der Anteil der Stiftungen an Unicredit hat sich bei der jüngsten 13 Mrd. Euro schweren Kapitalerhöhung geschätzt um ein Drittel oder sogar um die Hälfte reduziert. Details zu den Beteiligungen nach der Kapitalerhöhungen hat die Großbank noch nicht bekannt gegeben. Die Stiftungen zeichneten die Kapitalerhöhung aber nur teilweise, und internationale Investoren traten an ihre Stelle. Das wirkt sich positiv auf die Steuerung der Bank aus, und Italiens größtes Institut hat somit auch mehr Spielraum als internationaler Konzern. Es ist ein Befreiungsschlag.Dieser hätte schon früher kommen können. Doch die Mailänder Großbank wurde, nachdem sie 2005 die HypoVereinsbank überwiegend übernommen und damit die Basis für eine Internationalisierung gelegt hatte, von der Politik gebremst. 2007 musste die Bank auf Wunsch der Regierung in Rom Banca Capitalia übernehmen. Der Preis für die römische Bank war hoch und ist noch immer nicht voll beglichen. Ein erheblicher Teil der faulen Kredite der Unicredit ist bis heute auf Banca Capitalia zurückzuführen.Bei Monte dei Paschi di Siena ist der Befreiungsschlag nicht gelungen. Die im Dezember durchgeführte Kapitalerhöhung mit einer geplanten Höhe von 5 Mrd. Euro erwies sich als Flop. Notwendig wurde diese wegen der dünnen Kapitaldecke der Bank. Nun soll der Staat den Großteil einer neuen, 8,8 Mrd. Euro schweren Kapitalerhöhung stemmen. Grünes Licht dafür wird in den nächsten Tagen aus Brüssel erwartet. Bei der Monte dei Paschi war die zugehörige Stiftung weitgehend für das jüngste Desaster verantwortlich. Diese hatte bis vor wenigen Jahren noch die Mehrheit der Bank kontrolliert und damit deren Strategie beeinflusst. Geld floss für lokalpolitische Zwecke, die Klientelwirtschaft italienischer Politiker kannte wenige Grenzen. Wirtschaftswissenschaftler Tito Boeri, Präsident der Sozialversicherung INPS, bezeichnet die Stiftungen als das “wahre trojanische Pferd” der Politik. Sie hätten sich oft gegen den Einstieg von institutionellen Investoren ausgesprochen, die eine “langfristige Perspektive” eingenommen und auf die Führung den “richtigen Druck” ausgeübt hätten.Der Einfluss der 88 Bankstiftungen im Land geht zurück, doch sie sind weiterhin präsent. In 35 Banken, auf die rund 23 % der gesamten Bilanzsumme in Italien entfallen, halten die Stiftungen laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) rund ein Fünftel des Aktienkapitals. Nicht immer ist ihr Einfluss allerdings schädlich. Bei Banca Intesa Sanpaolo kontrollieren die Stiftungen Sanpaolo und Cariplo insgesamt ein Viertel der Anteile. Doch die beiden Eigner sind weniger auf lokalpolitische Interessen erpicht und konzentrieren sich stattdessen auf die ursprüngliche Rolle der Stiftungen: Sie sollen Stabilitätsanker im Finanzsystem sein. Diese Strategie soll nun laut dem Präsidenten des Sparkassenverbandes ACRI, Giuseppe Guzzetti, auch bei anderen Stiftungen gefördert werden.Entstanden sind die Sparkassenstiftungen (Fondazioni Bancarie) während der Privatisierungen der neunziger Jahre. Damals wurde beschlossen, das privatwirtschaftliche Bankgeschäft vom öffentlichen Förderauftrag zu trennen. Das Gesetz 461/1998, genannt Ciampi-Gesetz, schreibt vor, dass Stiftungen die Kontrolle über die Banken stufenweise aufgeben müssen. Dieses Gesetz wurde 2014 durch ein Dekret ergänzt, wonach die Stiftungen nur noch ein Drittel ihres Vermögenswertes in Banken investieren dürfen. Das hat den Abbau ihrer Beteiligungen im Kreditsystem wesentlich beeinflusst. Laut einer jüngsten Statistik hält ein Drittel aller Bankstiftungen gar keine Bankaktien mehr, 60 hatten nur noch einen geringen Anteil. Die Entpolitisierung der Banken macht Fortschritte. Das wird auch Zeit.——–Von Thesy Kness-BastaroliItaliens Sparkassenstiftungen standen einer Reform der Banken lange Zeit im Weg. Doch im Zuge der Rosskur des Sektors verlieren sie an Einfluss. Gut so!——-