DB Netz AG

Bahn beruft neuen Chef für ihre größte Baustelle

Ein Österreicher soll künftig das heillos überlastete Schienennetz der Deutschen Bahn auf Vordermann bringen. Für den 40-jährigen Philipp Nagl ist es nicht die erste Baustelle, für die er innerhalb des Bahn-Konzerns Verantwortung übernimmt.

Bahn beruft neuen Chef für ihre größte Baustelle

Von Stefan Paravicini, Berlin

Ein Österreicher soll künftig das heillos überlastete Schienennetz der Deutschen Bahn auf Vordermann bringen. Der Aufsichtsrat der DB Netz AG hat in einer außerordentlichen Sitzung Philipp Nagl als Vorstandsvorsitzenden bestellt, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Er übernimmt sein Amt im Vorstand des Schieneninfrastrukturunternehmens am 15. August und folgt auf den bisherigen Vorsitzenden Frank Sennhenn.

Ein Steirer führt DB Netz AG

Für den 40-jährigen Steirer ist die DB Netz AG nicht die erste, wohl aber die bisher größte Baustelle, für die er innerhalb des Bahnkonzerns die Verantwortung übernimmt. Denn schon 2018, als die Bahn große Probleme mit der Pünktlichkeit im Fernverkehr bekundete, schob Bahnchef Richard Lutz den Nachwuchsmanager aus Österreich als Vorstand Produktion bei der Tochter DB Fernverkehr in die vorderste Reihe. Die aktuellen Pünktlichkeitswerte der Bahn liegen eher noch unter dem Niveau von 2018. Das hat vor allem mit der Überlastung der Netze wegen hohen Verkehrsaufkommens bei gleichzeitig laufenden Bauarbeiten zu tun. Eine Situation, die sich in den nächsten Jahren noch verschärfen dürfte, da die Bahn bis 2030 ein Kernnetz von Hochleistungsstrecken ertüchtigen will, was ab 2024 zu monatelangen Vollsperrungen wichtiger Korridore führen wird.

Die Berufung von Nagl, der seine Karriere 2008 im Fernverkehr der Deutschen Bahn startete, von 2011 bis 2014 das Gleis wechselte und bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) dafür sorgte, dass die ÖBB der Bahn im europäischen Nachtzugverkehr wie im Schlaf den Rang ablaufen konnte, bevor er 2014 zu DB Fernverkehr zurückkehrte und die Bahn für die Liberalisierung des Fernbusmarktes fit machte, darf man als erste personelle Weichenstellung von Bahn-Vorstand Berthold Huber verstehen, der seit dem 1. Juli das Infrastrukturressort verantwortet.

„Ich bin mir sicher, dass die DB Netz von diesem Generationswechsel deutlich profitieren wird“, sagte Huber, der zuvor den Personenverkehr verantwortete und hier auch Nagl genau über die Schulter geschaut haben dürfte. Der neue Netzchef, der an der Wirtschaftsuniversität Wien Volkswirtschaft mit Schwerpunkt Transportwirtschaft studiert hat und am Institut für Transportwirtschaft und Logistik der WU Wien zu Skaleneffekten bei Verkehrsmitteln promovierte, gilt als profunder Eisenbahnkenner, der in der Branche ausgezeichnet vernetzt ist und auch in einschlägigen Foren wie „Drehscheibe Online“ anzutreffen ist, wo sich die Nerds der Schienenwelt austauschen.

Der bisherige Chef von DB Netz, Frank Sennhenn (58), verabschiedet sich vorzeitig in den Ruhestand. Sein Vertrag wäre im Frühjahr 2023 ausgelaufen. „Im Namen aller Kolleginnen und Kollegen bedanke ich mich ganz ausdrücklich bei Frank Sennhenn für die gute, stets vertrauensvolle Zusammenarbeit“, sagte Huber. Vor der Berufung zum Chef der Netztochter hatte Sennhenn ab 2009 bis 2013 die DB Regio geführt.

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