Deutsche Bahn

Aus der Sonne auf die Baustelle

Nach einer langen Karriere in der Reisebranche arbeitet Stefanie Berk seit 2020 bei der Deutschen Bahn. Für den Job brauche man ein dickes Fell, sagt sie.

Aus der Sonne auf die Baustelle

Auf der Baustelle heimisch geworden

lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Besser kann man es nicht beschreiben: "Sie kommt aus einer Branche, die für Spaß und Erholung steht, und ist auf einer Baustelle gelandet." Die Frau, die der Moderator bei einer Veranstaltung kürzlich so anmoderierte, ist Stefanie Berk, früher Deutschland-Chefin des Reisekonzerns Thomas Cook, heute Vorstand Marketing und Vertrieb bei der DB Fernverkehr der Deutschen Bahn. "Man braucht als Bahner im Moment ein dickes Fell, auch privat", weiß die Managerin dann auch zu berichten. "Wir wissen, dass unsere betriebliche Performance nicht stimmt." Immer wiederkehrende Streiks sorgen für zusätzlichen Verdruss. Wenn das Gespräch bei einer Party lahme, brauche man nur zu erzählen, dass man bei der Bahn arbeite, dann sei für Gesprächsstoff gesorgt, erzählt Berk.

Sie selbst ist längst auf dieser Baustelle heimisch geworden. Seit 2020 leitet die ehemalige Touristikerin das Vertriebsressort bei der Bahn-Tochter, sie kann über das Zugmaterial und das Netz (beides "viel zu alt") genauso kundig berichten wie über den großen Nachholbedarf bei den Investitionen ("wir haben einige Investitionszyklen ausgelassen in Vorbereitung auf einen geplanten Börsengang") und die in der Generalsanierung vorgesehenen Projekte ("die berühmte Riedbahn").

Letztere, die Trasse zwischen Frankfurt und Mannheim, sei besonders marode, deshalb läuft dort das erste Sanierungsprojekt. "Die Trasse sperren wir im Sommer 2024 monatelang komplett", erzählt Berk. Im Nahverkehr werden Busse als Ersatz eingesetzt, der Fernverkehr muss drumherum fahren, was die Fahrzeiten verlängert. Genug Stoff für den nächsten Partytalk.

Stefanie Berk, Vorstand Marketing und Vertrieb DB Fernverkehr

Die größte Herausforderung für die Bahn ist es laut Berk, "die Verkehrsverlagerung in Deutschland zu erreichen". Das sei der Auftrag der Politik und Teil des deutschen Klimaplans. Dafür brauche die Bahn ein umfassendes Flottenerneuerungsprogramm. "Wenn wir die Bahn zum Verkehrsträger der Zukunft machen wollen, braucht es Investitionen." Von den neuesten Haushaltsplänen der Ampel soll die Bahn angeblich nicht betroffen sein. Es soll keine Kürzungen geben, das Staatsunternehmen solle lediglich anders finanziert werden als bisher geplant, hatte es geheißen. Dabei steht eine Trennung von Beteiligungen an ehemaligen Staatsunternehmen wie Telekom und Post zur Diskussion, die Verkaufserlöse sollen auch der Bahn zugutekommen.

Als Touristikerin geeicht

Bevor Stefanie Berk am 1. März 2020 ihre Karriere bei der Deutschen Bahn startete, hatte sie ihr gesamtes Berufsleben in der Reisebranche verbracht, unterbrochen nur von einer einjährigen Elternzeit nach der Geburt ihres Sohnes. Als Vorsitzende der Geschäftsführung von Thomas Cook in Deutschland war sie zwischen 2015 und 2019 die mächtigste Frau der deutschen Reisebranche. Klar steht diese Branche für Spaß und Erholung, aber die Unternehmen hatten dennoch auch immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Nicht umsonst ging Thomas Cook 2019 pleite. Zuvor hatten regelmäßig Naturkatastrophen, Terroranschläge und scharfe Preiskämpfe zwischen den Konkurrenten den Touristikern das Leben schwergemacht. Da wird man für einen Job bei der Bahn geeicht.

Das "eigentliche Produkt Reisen machen" bezeichnete Berk einmal in einem Gespräch mit der Börsen-Zeitung als ihre Passion. Zunächst war sie am Hotelfach interessiert, schwenkte allerdings schnell um, kaum hatte sie kurz nach dem Abitur in eine Hotelfachschule reingeschnuppert. Nach einem Studium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Touristik in Worms startete Berk bei der Deutsches Reisebüro GmbH, 2002 wechselte sie zu Thomas Cook.

Ihr Lieblingsland sei Brasilien, erzählte sie mal vor einigen Jahren. Aber auch Marokko und Griechenland sind beliebte Urlaubsziele der Managerin. Mit der Bahn geht es eher nur nach Dortmund, Zwickau oder Flensburg – wenn man Glück hat und der Zug fährt.

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