Konjunktur

IWF senkt den Daumen über Deutschland

Der Internationale Währungsfonds zeigt sich in seinem Weltwirtschaftsausblick optimistisch – nur über Deutschland wird der Daumen gesenkt. Während die Prognosen für die meisten Länder und Regionen unverändert blieben oder gar erhöht wurden, findet sich Deutschland in der Reihe derer, für die die Voraussagen gesenkt wurden. Und es ist sogar das einzige Land, dem in diesem Jahr ein schrumpfendes Bruttoinlandsprodukt prophezeit wird.

IWF senkt den Daumen über Deutschland

IWF senkt den Daumen
über Deutschland

Optimismus für restliche Welt – Drittes Ifo-Minus befeuert Konjunktursorgen

ba/mpi/wrü Frankfurt
Berichte Seiten 6 und 24 Schwerpunkt Seite 7

Der Internationale Währungsfonds (IWF) zeigt sich in seinem Weltwirtschaftsausblick (WEO) optimistisch – nur über Deutschland wird der Daumen gesenkt. Während die Prognosen für die meisten Länder und Regionen unverändert blieben oder gar erhöht wurden, findet sich Deutschland in der Reihe derer, für die die Voraussagen gesenkt wurden. Und es ist sogar das einzige Land, dem in diesem Jahr ein schrumpfendes Bruttoinlandsprodukt (BIP) prophezeit wird. –0,3% statt der noch im April erwarteten –0,1% sollen es in diesem Jahr sein, 2024 wird dann wieder ein Wachstum von 1,3% erwartet. Damit schließt Deutschland dann aber auch wieder zum gesamten Euroraum auf, dem für dieses und das kommende Jahr Wachstumsraten von 0,9% und 1,5% vorausgesagt werden.

Dass Deutschland vor allem wegen der schwächelnden Industrie und dem BIP-Minus zu Jahresbeginn wenig zugetraut wird, hat zwar bereits der Artikel-IV-Länderbericht gezeigt, der WEO offenbart allerdings die Dimension: Für die Weltwirtschaft wurde die Prognose für 2023 um 0,2 Punkte auf 3,0% erhöht, ein im historischen Vergleich immer noch schwaches Wachstum. Auch 2024 sollen es 3,0% werden. Die Industrieländerorganisation OECD ist mit Prognosen von 2,7% und 2,9% etwas zurückhaltender.

Und selbst für Russland hat der IWF die Voraussage für dieses Jahr erneut, diesmal um 0,8 Prozentpunkte auf 1,5%, nach oben korrigiert: Dies spiegele die harten Daten wider, die auf eine starke erste Jahreshälfte hindeuteten, erklärte der IWF. Dabei unterstütze “ein umfangreicher fiskalischer Stimulus diese Stärke”. Der Währungsfonds hatte bereits im April mit einer Prognoseerhöhung für Aufsehen gesorgt, da die amtlichen russischen Statistiken, auf die sich die Ökonomen beziehen, in Zeiten des Ukraine-Kriegs als zweifelhaft gelten.

Wie berechtigt die Sorgen um die hiesige Konjunktur sind, zeigt derweil auch der dritte Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas. Das wichtigste Frühbarometer für die deutsche Wirtschaft ist im Juli mit 1,3 auf 87,3 Punkte stärker als erwartet gesunken. Ökonomen hatten mit einem neuen Wert von 88,0 Zählern gerechnet. Vor allem die aktuelle Lage, aber auch die Erwartungen wurden schlechter als zuletzt eingeschätzt. Dämpfend wirken nicht zuletzt die gestiegenen Zinsen im Euroraum, die sich in verschärften Finanzierungskonditionen für Unternehmen und Verbraucher widerspiegeln, wie aus dem Bank Lending Survey (BLS) der Europäischen Zentralbank (EZB) hervorgeht. In der Folge sank die gemeldete Kreditnachfrage im zweiten Quartal auf ein Rekordtief seit Beginn der Umfrage im Jahr 2003. Die nachlassenden Investitionen dürften die Konjunktur abkühlen und damit den Inflationsdruck reduzieren.

EZB-Zinspause voraus?

Um die Teuerung weiter Richtung des 2-Prozent-Inflationsziels der EZB zu senken, wird die Notenbank den Leitzins am Donnerstag aller Voraussicht nach abermals um 25 Basispunkte anheben. Der weitere geldpolitische Kurs über den Sommer hinaus ist innerhalb der Notenbank jedoch umstritten. Für die DekaBank zeichnet sich ein baldiges Ende des Zinserhöhungszyklus ab. Der Deka-EZB-Zinskompass, der immer vor einer geldpolitischen Sitzung der EZB in der Börsen-Zeitung erscheint, kommt anhand von Konjunktur- und Inflationsdaten zu dem Schluss, dass ein weiterer Zinsschritt im September mutmaßlich nicht notwendig sei. Der nach unten gerichtete Trend bei der Inflation setze sich fort und auch die Kernrate werde im Herbst nachlassen.

An den Märkten herrschte vor den Zinsentscheidungen der Notenbanken gespannte Ruhe. Der Dax gewann 0,1% auf 16.212 Punkte.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.