„Schmerzhaft, aber immerhin klar identifizierbar“
„Schmerzhaft, aber immerhin klar identifizierbar“
Im Interview: Christian Machts
„Schmerzhaft, aber immerhin klar identifizierbar“
Der Deutschland-Chef von Franklin Templeton sieht den Turnaround für sein Haus – Wachstum besonders bei ETFs
Franklin Templeton setzt in den kommenden Jahren auf ETF-Wachstum, Ausbau des Vertriebs und Private Markets, um Marktanteile und strategische Partnerschaften in Deutschland zu stärken.
Herr Machts, in Deutschland verwaltet Franklin Templeton über 30 Mrd. Euro, trotzdem gab es in den vergangenen Jahren eher Abflüsse. Warum sind Sie so sicher, dass jetzt der Turnaround gelingt?
Unsere Strategie hat drei Bausteine: Erstens haben wir im ETF-Bereich ein massives Wachstumspotenzial. Der Markt wächst stark, und wir werden dort einen Marktanteil im niedrigen einstelligen Prozentbereich erobern. Zweitens bauen wir unseren Service auf den bestehenden Assets deutlich aus. Damit können wir die Outflows mindestens halbieren. Und drittens werden wir uns als etablierter Anbieter von Private-Markets-Produkten positionieren. In den letzten Jahren haben wir vor allem bei klassischen Publikumsfonds verloren – in Beständen, die wir teilweise seit Jahrzehnten in Deutschland halten. Das ist schmerzhaft, aber immerhin klar identifizierbar.
Deutschland ist für Franklin Templeton laut Ihrer eigenen Aussage „core in Europa“. Heißt das: mehr Budget, mehr Köpfe, mehr Entscheidungsmacht in Frankfurt?
Die kurze Antwort ist: ja, ja, ja. Die etwas längere: Wir treten jetzt wieder sehr sichtbar und erlebbar auf. Dafür haben wir die Entscheidungskompetenzen hier lokal so stark gebündelt, wie ich es in meiner Karriere noch nicht gesehen habe. Wir entscheiden in Frankfurt, wie wir uns positionieren, in welche Kanäle wir gehen, wie wir Ressourcen allokieren. Wir entscheiden lokal, welche Partnerschaften wir eingehen und welche Produktstrategie wir fahren. Und wir entscheiden auch, mit welchen unserer Marken und Fähigkeiten im Franklin-Templeton-Universum wir wie zusammenarbeiten. Dazu kommen zusätzliche Budgets für Einstellungen, für Marketing, für PR.
Sie sagen, der Schlüssel dazu seien „strategische Partnerschaften“. Das klingt schnell nach Marketing-Sprech. Was meinen Sie konkret – wie weit sind Sie bereit zu gehen?
Es ist absolut denkbar, dass wir mit einem Vertriebspartner in Deutschland gemeinsam eine Firma gründen, etwas zukaufen oder ein neues Online-Geschäftsmodell aufsetzen. In einem wichtigen Markt wie Deutschland denken wir an alle Optionen, die Potenzial für weiteres Wachstum haben. Ein Beispiel sind unsere Kooperationen mit Online-Brokern: Wir reden über Produkte, Marketing, gemeinsame Finanzbildung – das ist eine niedrigschwellige Form. Aber es geht weiter: Bei anderen Kunden bauen wir individuelle Produkte und Portfolios, machen große gemeinsame Marketing-Roll-outs. Ein Asset Manager, der nur sagt: „Hier ist mein Produktregal, suchen Sie sich was aus“, hat es künftig schwer.
Trotzdem: Im ETF-Geschäft denken viele nicht an Franklin Templeton. Für viele sind Sie der klassische aktive Manager. Ist genau das Teil Ihres Problems?
Franklin Templeton ist auf dem Weg zu einem relevanten ETF-Anbieter, unser ETF-Geschäft ist ein wichtiges Wachstumsthema – und das wird sich beschleunigen. Ich rechne damit, dass 70, 80% der Netto-Mittelzuflüsse in Deutschland künftig unseren ETFs zuzurechnen sind. In Europa haben wir 2017 unsere ersten ETFs gelistet, wir haben nun rund 40 ETFs am deutschen Markt. Unsere Schwerpunkte im ETF-Vertrieb sind drei Dinge: Erstens, wenn jemand passiv in Emerging Markets investieren will, sollte er an uns denken und zu uns kommen, hier sind wir Preisführer. Zweitens, echte aktive ETFs, also aktives Management in der ETF-Hülle. Vor Kurzem haben wir unseren ersten durch und durch aktiven Aktien-ETF lanciert, also eine aktive Strategie, die sich im Management nicht von einem traditionellen Fonds unterscheidet. Mit aktiven Anleihen-ETF sind wir hier bereits seit 2018 am Markt. In beiden Kategorien waren wir damit in Europa unter den Ersten, und hierfür werden wir schon jetzt deutlich wahrgenommen. Und drittens, klassische passive Bausteine wie globale Aktien zu attraktiven Preisen.
Auf der institutionellen Seite sind Sie stärker. Wo wollen Sie da hin – und welche Rolle spielt das Outsourced-CIO-Geschäft?
Lokal ist unser Geschäft ungefähr zur Hälfte institutionell. Diesen Bereich bauen wir in Deutschland aus, wir verdoppeln unser Team und holen Vertriebsspezialisten für bestimmte Themen und Kundensegmente. Entscheidend ist die Verbindung: Public Markets und Private Markets aus einer Hand anbieten. Und wir werden im OCIO-Geschäft eine deutlich größere Rolle spielen. Wir übernehmen gerne für unsere Kunden die strategische und taktische Asset Allocation, das Verwalten auf spezifische Ergebnisse, Reporting, die Managerselektion und das tägliche Portfoliomanagement. Gerade in OCIO-Transaktionen geht es nicht mehr nur um den „besten Pitch“, sondern um echte Transformation: Sie übernehmen ein ganzes Geschäft, Regulatorik, Systeme und formen eine langfristige Partnerschaft.
Wenn wir in fünf Jahren wieder hier sitzen – woran würden Sie messen, ob Ihre Deutschland-Strategie aufgegangen ist?
Wenn wir einer der Top-drei-Anbieter für strategische Partnerschaften in Deutschland sind. Das heißt: Jeder, der über eine größere Lösung mit einem Asset Manager nachdenkt, sollte Franklin Templeton auf der Shortlist haben. Zweitens, wenn wir einer der Top-fünf-Provider für aktive ETFs in Deutschland sind. Und drittens: Bei Private Markets, insbesondere für Wholesale-Kunden, wenn wir in den Top drei sein. Auf der institutionellen Seite strebe ich dauerhaft zweistellige Wachstumsraten an.
Das Interview führte Wolf Brandes.
