Angeblicher Ausschluss von Kunden

Untersuchung der US-Regierung hält J.P. Morgan auf Trab

Amerikas führende Geldhäuser müssen sich mit Untersuchungen der US-Regierung herumschlagen. Hintergrund sind Vorwürfe über eine angebliche Diskriminierung von Bankkunden.

Untersuchung der US-Regierung hält J.P. Morgan auf Trab

US-Ermittlung hält J.P. Morgan auf Trab

Washington prüft mögliche Diskriminierung von Bankkunden – Trumps Vergeltungszug gegen Finanzinstitute beschäftigt auch Bank of America

Amerikas führende Geldhäuser informieren die Öffentlichkeit über Untersuchungen der US-Regierung wegen angeblicher Diskriminierung von Bankkunden. Analysten werten die Ermittlungen als Teil einer persönlichen Rachekampagne von US-Präsident Donald Trump gegen Finanzinstitute.

xaw New York

Die US-Regierung intensiviert ihr Vorgehen gegen angeblich politisch motivierte Ausschlüsse von Bankkunden – und setzt Amerikas führende Finanzinstitute nun gezielt unter Druck. J.P. Morgan hat im Rahmen regulatorischer Einreichungen offengelegt, dass Washington wegen vermeintlicher „Debanking“-Praktiken Untersuchungen gegen das größte Geldhaus der Vereinigten Staaten angestoßen hat.

Neue Risikobewertungen

Der Branchenprimus bearbeite derzeit „Anfragen von Regierungsstellen und anderen externen Parteien, die unter anderem die Geschäftspolitik und Prozesse der Firma bei der Bereitstellung von Dienstleistungen für Kunden und potenzielle Kunden betreffen“. Die Prüfungen seien unterschiedlich weit vorangeschritten, mitunter hätten schon rechtliche Verfahren begonnen. J.P. Morgan teilte nicht mit, welche Regulierungsbehörden genau ermitteln. Auch Bank of America, die am Mittwoch in Boston ihren ersten Investorentag seit 2011 veranstaltete und dabei ihre mittelfristigen Finanzziele anhob und Prognosen für die Kapitalquoten anpasste, ist betroffen. Das zweitgrößte US-Geldhaus gab in der vergangenen Woche an, dass es Aufforderungen und Anfragen bezüglich des „fairen Zugangs zu Bankdienstleistungen“ nachkomme.

Donald Trump verfolgt laut Beobachtern einen persönlichen Rachefeldzug gegen US-Banken.
Donald Trump verfolgt laut Beobachtern einen persönlichen Rachefeldzug gegen US-Banken.
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Die Untersuchungen stehen im Zusammenhang mit einem Exekutivbeschluss, den Präsident Donald Trump im August unterzeichnete. Mit diesem nimmt der Republikaner vermeintliches „unrechtmäßiges Debanking“ in den Fokus. Demnach dürfen Banken „den Zugang zu Finanzdienstleistungen für gesetzestreue Bürger und Unternehmen nicht aufgrund politischer oder religiöser Überzeugungen beschränken“. Aufsichtsbehörden um die Fed dürfen bei ihrer Bewertung von Bankbilanzen damit keine separate Kontrolle bestimmter Assets und Verbindlichkeiten nach Reputationsrisiken mehr vornehmen. Die Treasury solle demnach eine „umfassende“ Strategie entwickeln, um gegen Debanking vorzugehen.

„Banken haben mich sehr schlimm diskriminiert“

Beobachter an der Wall Street werten die Order als Teil eines persönlichen Vergeltungszuges Trumps. Denn nach dem Ende seiner ersten Amtszeit 2021 suchte der Republikaner nach eigener Darstellung vergeblich nach einer Bank. J.P. Morgan und Bank of America hätten ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. In der Folge habe er an der Wall Street herumtingeln müssen, um neue Konten zu eröffnen. „Die Banken haben mich sehr schlimm diskriminiert, dabei war ich doch sehr gut zu ihnen“, sagte der Präsident, der „so etwas“ nach eigenen Angaben „noch nie erlebt“ hatte, dem Wirtschaftssender „CNBC“.

Trump stellt seine eigenen Beziehungen zu den Banken dabei vereinfacht dar. Diese reichen in die 1980er und 1990er Jahre zurück, als der damalige Immobilienunternehmer große Entwicklungs- und Renovierungsprojekte in Manhattan vorantrieb, Casinos in Atlantic City eröffnete und sich Insidern zufolge als Corporate Raider versuchte.

Konflikte um Immobiliengeschäfte

Viele Geldhäuser zogen sich angesichts der viel kritisierten Geschäftspraktiken des späteren Präsidenten zurück – im Jahr 1995 legte er einen Default auf Bankkredite im Volumen von über 3 Mrd. Dollar hin, worauf Gläubiger die Kontrolle über das luxuriöse Plaza Hotel am Südende des Central Park und weitere Immobilien übernahmen. Damit ersparten sie Trump den Gang in die Privatinsolvenz. Sein Rückzug aus dem Geschäft mit Immobilienprojekten, für die große Finanzierungen nötig waren, ist ein weiterer Grund dafür, dass seine Beziehungen zu vielen US-Finanzinstituten einschliefen.

Wenngleich Trumps Kritik am Debanking laut Wegbegleitern stark gefärbt ist, findet er mit dieser Widerhall über das politische Spektrum hinweg. Auch Verfechter von Verbraucherrechten wie die demokratische Senatorin Elizabeth Warren (Massachusetts) kritisieren die Geschäftspraktiken von Geldhäusern, die Kundenkonten ohne ausreichende Ankündigung und ohne Begründung schlössen.

Zahl der Verbraucherbeschwerden explodiert

Tatsächlich gingen allein 2024 beim unter Trump entkernten Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) über 52.800 Beschwerden zu Giro- und Sparkonten ein, 2017 waren es noch knapp 12.800. Tausende davon beziehen sich laut dem Banking-Ausschuss des US-Senats auf die unrechtmäßige Schließung von Einlagenkonten bzw. massive Probleme bei der Eröffnung solcher Accounts.

Bei der größten Zahl der Beschwerden stehen J.P. Morgan, Bank of America und Wells Fargo im Fokus. Laut dem Senatsausschuss reicht nur ein kleiner Teil der Verbraucher überhaupt Beschwerden beim CFPB ein, möglicherweise seien also Millionen Kunden von Debanking betroffen. Laut der Einlagensicherung FDIC verfügten Ende 2023 rund 96% der US-Haushalte über mindestens ein Giro- oder Sparkonto, damit blieben rund 5,6 Millionen Haushalte von traditionellen Banken oder Sparkassen abgeschnitten.

Großer Spielraum für Banken

Bisher besitzen US-Finanzinstitute weiten Spielraum bei der Schließung von Konten, zum Beispiel aufgrund unzureichender Liquidität oder des Verdachts auf kriminelles Verhalten. Solche Schritte zielen häufig auf die Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismus-Finanzierung ab und dienen dem Abbau regulatorischer und finanzieller Risiken. Lobbygruppen verweisen dabei auf „enormem Druck“ durch Bundesbehörden. Schlössen die Geldhäuser Konten bei Betrugsverdacht nicht sofort, riskierten sie Strafen im Umfang von mehreren 100 Mill. Dollar. Zugleich sei es ihnen nicht erlaubt, Kunden mitzuteilen, warum sie die Geschäftsbeziehung abbrächen und wann sie Meldung an die Regierung erstatteten.

CEO Jamie Dimon und J.P. Morgan müssen sich Angriffen der Trump-Administration erwehren.
CEO Jamie Dimon und J.P. Morgan müssen sich Angriffen der Trump-Administration erwehren.
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Trump macht das Debanking von der verbraucherrechtlichen Herausforderung nun zur Frage der politischen Gesinnung. Bereits im Rahmen des Weltwirtschaftsforums war der Präsident Ende Januar auf Amerikas Geldhäuser losgegangen. „Ich hoffe, Sie fangen an, Ihre Bank für Konservative zu öffnen“, sagte der per Video zugeschaltete Republikaner damals zu Brian Moynihan, CEO von Bank of America und warnte auch den einflussreichen J.P.-Morgan-Chef Jamie Dimon.

Vorwürfe rund um Sturm aufs Kapitol

Viele Kunden beschwerten sich, dass das zweitgrößte US-Geldhaus ihnen nicht erlaube, mit ihm Geschäfte zu machen. „Ich weiß nicht, ob die Regulatoren das wegen Biden vorgegeben haben“, fügte Trump mit Seitenhieb auf seinen Amtsvorgänger hinzu. Doch „was Sie tun, ist falsch“, donnerte Trump.

Zuvor machten konservative Gruppen Bank of America und Citigroup den Vorwurf, Kunden hinsichtlich ihrer politischen oder religiösen Überzeugungen überwacht zu haben. Republikaner im Kongress kritisieren die Häuser, weil sie nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 mit dem FBI kooperierten und dabei angeblich private Daten geteilt hätten, um „gewalttätige einheimische Terroristen“ zu identifizieren. Dabei hätten sie auch das Recht auf religiöse und politische Freiheit verletzt, behaupten Kritiker. Bank of America betont, in ihren Interaktionen mit Strafverfolgungsbehörden und dem Finanzministerium immer geltendes Recht befolgt zu haben.

Brian Moynihan und Bank of America weisen Vorwürfe politisch motivierten Debankings zurück.
Brian Moynihan und Bank of America weisen Vorwürfe politisch motivierten Debankings zurück.
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„Wir arbeiten für mehr als 70 Millionen Kunden und heißen Konservative willkommen“, teilte Bank of America seinerzeit auf Anfrage der Börsen-Zeitung mit. Das Geldhaus müsse umfassende Vorgaben der Regierung und ihrer Regulierungsbehörden befolgen, die manchmal dazu führten, dass es Kundenbeziehungen beende. Doch habe das Institut noch nie aufgrund von politischen Positionen Konten geschlossen oder Abstand von einer Geschäftsbeziehung genommen. Es gebe kein regulatorisches Rahmenwerk, das dem Finanzinstitut einen Umgang mit konservativen Kunden untersage. „Wir verfügen über keinen politischen Lackmustest“, heißt es in der Stellungnahme.

Vorwürfe zurückgewiesen

Ähnlich äußert sich J.P. Morgan. „Wir haben noch nie einen Account aus politischen Gründen geschlossen und würden das auch nie tun, Punkt“, betonte eine Sprecherin gegenüber der Börsen-Zeitung. „Wir befolgen das Gesetz und die Vorgaben unserer Regulatoren und sagen schon seit längerem, dass es Probleme mit dem aktuellen Rahmenwerk gibt, die Washington adressieren muss.“ Die Bank begrüße die Gelegenheit, „mit der neuen Administration und dem Kongress Wege zu erarbeiten, regulatorische Unklarheiten zu beseitigen und zugleich die Fähigkeit unseres Landes aufrechtzuerhalten, gegen Finanzkriminalität vorzugehen.“