Karliczek: Digitaler Euro für Europas Souveränität - „Der Aufbau einer souveränen Infrastruktur für das Bezahlen geht mir nicht schnell genug“
Karliczek: Digitaler Euro für Europas Souveränität - „Der Aufbau einer souveränen Infrastruktur für das Bezahlen geht mir nicht schnell genug“
Im Interview: Anja Karliczek (CDU)
„Wir brauchen eine starke und souveräne Währung in Europa“
.... UZ
Frage 1: Die EZB macht Tempo beim digitalen Euro. Es gibt manche Sorge, das neue Zentralbankgeld könnte das Bargeld ersetzen? Ist das berechtigt?
Antwort 1: Nein, diese Sorge ist nicht berechtigt, da wir für eine digitale Währung auf jeden Fall ein analoges Backup-System benötigen, falls es Angriffe auf unsere technische Infrastruktur gibt und die digitale Währung dann für die Wirtschaft und die Menschen nicht zur Verfügung steht. Es ist eine Frage der Resilienz, dass wir in der Lage sind, zügig und verlässlich die ganze Bevölkerung mit Bargeld zu versorgen. Also, noch einmal: das Bargeld bleibt.
Frage 2: Kann der digitale Euro Europa Souveränität im Zahlungsverkehr verschaffen?
Antwort 2: Das eine ist, dass wir eine starke und souveräne Währung in Europa brauchen. Das andere ist, dass wir einen souveränen europäischen Zahlungsverkehr brauchen, der ein Höchstmaß an Sicherheit gewährt. Die aktuell angedachte Neuaufstellung muss die digitale Währung mit einem europäischen privatwirtschaftlichem Zahlungssystem verzahnen. Dies stärkt und sichert unsere Souveränität.
Frage 3: Welche Rolle spielt technologische Sicherheit und Unabhängigkeit?
Antwort 3: Wir sehen gerade, dass sich die Welt in vielen Bereichen neu sortiert. Dabei richten wir unser Augenmerk auf die Rohstoffsicherheit, die Medikamentensicherheit. Richtig, ohne jeden Zweifel. Aber wir reden meines Erachtens zu wenig darüber, dass wir auch in Europa ein souveränes europäisches Zahlungssystem brauchen. Das unabdingbar für unsere Wirtschaft und für unser tägliches Bezahlen. Im Moment funktioniert das alles, Gott sei Dank. Aber ich verstehe meine Aufgabe als Berichterstatterin meiner Fraktion auch darin, für den Fall zuzudenken, dass genau dieses einmal nicht so ist.
Frage 4: Liefert die europäische Kreditwirtschaft eine ausreichende Infrastruktur für elektronisches Bezahlen (Girocard?/ Wero?) als Alternative zum digitalen Euro? Und ist sie schnell genug?
Antwort 4: Der Aufbau einer souveränen Infrastruktur für das Bezahlen geht mir nicht schnell genug. Ich sehe aber mit Freude, dass die Geschwindigkeit zunimmt, die Notwendig des Aufbaus einer souveränen Infrastruktur auch in diesem Bereich wird erkannt. Der Wero ist eine der ersten Initiativen, die von privatwirtschaftlicher Seite aufgebaut wurde und jetzt Marktreife bekommt. Das begrüße ich außerordentlich. Diese Initiativen mehren sich jetzt, unter anderem durch Auflagen von Stablecoins, die die Deutsche Börse und AllUnity in Kooperation eingeführt haben.
Frage 5: Wie stehen Sie zu einer schrittweisen Umsetzung des digitalen Euro wie sie im Europäischen Parlament diskutiert wird – erst Offline, dann Online?
Antwort 5: Da die Vollimplementierung noch Jahre dauern wird, ist es jetzt sinnvoll und notwendig, erste Schritte zu gehen. Erst offline, dann online für den Retail-Bereich, das ist in der Tat die richtige Reihenfolge. Wichtiger ist es mir, dass wir bei uns in Europa und in Deutschland im Wholesale-Bereich mehr Tempo aufnehmen. Gut wäre es, privatwirtschaftliche Initiativen eine echte Chance zu geben, die sie dann auch nutzen müssen.
Frage 6: Sollte Deutschland generell im Wettbewerb um programmierbare Zahlungssysteme mithalten?
Antwort 6: Unternehmerische Initiativen aus Deutschland heraus sind immer eine gute Idee, die meine volle Unterstützung erfahren. Das gilt natürlich auch um programmierbare Zahlungssysteme.
Frage 7: Gewinne aus Kryptowerten bleiben Deutschland innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr steuerfrei. Von den Grünen und der Linke kommt die Forderung, die Spekulationsfrist zu streichen und voll zu besteuern. Wie stehen Sie, wie steht die Union dazu?
Antwort 7: Wir vergleichen Krypto-Geschäfte mit Gold-Verkäufen. Deswegen sollten Kryptogeschäfte im Grundsatz analog zum Gold wie ein privates Veräußerungsgeschäft bewertet werden. Einen Unternehmensanteil zu verkaufen, ist meiner Einschätzung nach etwas anderes als einen Gegenstand aus dem Privateigentum zu veräußern. Wir müssen doch dafür sorgen, dass vielen Menschen die Möglichkeit eingeräumt wird, Vermögenswerte zu erwerben. Es kann ja nicht immer nur darum gehen, die Steuereinnahmen zu erhöhen. Dadurch verunsichert man Menschen, die bereit wären, Vermögen zu schaffen.
Die Fragen stellte Angela Wefers
