Wiedervorlage im November
Wiedervorlage im November
Wiedervorlage im November
EU-Ausschuss stimmt für Vereinfachung des nicht-finanziellen Reportings – aber im Plenum wird die Mehrheit verfehlt
fed Brüssel
Nach der gescheiterten Abstimmung im Plenum des EU-Parlaments haben der in diesem Dossier federführende konservative Europaabgeordnete Jörgen Warborn ebenso wie die christdemokratische Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, ostentativ auf das Mini-Plenum im November verwiesen: „Ich bin sicher, dass wir dann liefern werden“. Beim Neuanlauf im nächsten Monat werde die erforderliche Mehrheit zustande kommen, gaben sich die beiden Politiker der Europäischen Volkspartei überzeugt. Vor allem die einzelnen sozialdemokratischen Abgeordneten, die Mitte Oktober noch gegen den Kompromiss gestimmt hatten, sollten dann ins Ja-Lager gewechselt sein.
Viele Stimmen sind es nicht, die die Befürworter des Kompromisses noch hinzugewinnen müssen. Bei der Abstimmung im Oktober erhielt er 318 Ja- bei 309 Nein-Stimmen. Dabei hatte es zuvor im Rechtsausschuss eine sehr klare Zustimmung gegeben. Der Ausschuss hatte sich auf eine gemeinsame Position zur Änderung von nachhaltigen Berichtsanforderungen und Sorgfaltspflichten in der Lieferkette verständigt: 17 Ja, 6 Nein, 2 Enthaltungen.
Umfangreiche Ausnahmen
Mit dem „Omnibus I“ soll ein Großteil der Firmen, die umfassend über ihre nicht-finanziellen Kennziffern (zum Beispiel Schadstoffausstoß) berichten und ihre Lieferkette systematisch unter ESG-Kriterien durchleuchten müssen, vom Geltungsbereich dieser EU-Vorgaben ausgenommen werden. Denn die Schwellenwerte in den Regelwerken, die im Brüsseler Kauderwelsch CSRD und CSDDD heißen, sollen spürbar angehoben werden.
So sollen künftig nur noch Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 450 Mill. Euro die EU-Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung erfüllen müssen. Im Falle des EU-Lieferkettengesetzes ist eine noch höhere Schwelle von 5000 Beschäftigten und 1,5 Mrd. Euro Umsatz vorgesehen. Und selbst diese großen Konzerne sollen entlastet werden, indem sie nicht mehr anlassfrei Lieferketten analysieren müssen, sondern nach einem risikobasierten Ansatz nur dann, wenn es die Vermutung gibt, dass nachteilige Folgen für Umwelt oder Menschenrechte vorliegen. Auf Ebene der EU sollen sie keiner zivilrechtlichen Haftung unterworfen werden.
CDU lobt „wichtiges Signal“
Die Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Angelika Niebler, lobte das Ergebnis des Votums im Rechtsausschuss als „ein wichtiges Signal für wirtschaftliche Vernunft“. Damit würden Unternehmen spürbar von bürokratischem Aufwand entlastet und „Ökologie und Ökonomie wieder in ein ausgewogenes Verhältnis” gebracht. Zurückhaltender argumentierten die Sozialdemokraten, die dem Kompromiss zwar ebenfalls zugestimmt hatten, das aber nur mit dem Hinweis begründeten, wichtige Korrekturen durchsetzen zu können. „Da wir keine Unsicherheit für diejenigen Unternehmen schaffen wollten, die bereits hart daran arbeiten, die EU-Vorschriften einzuhalten, indem wir die Verhandlungen blockieren, haben wir uns entschlossen, verantwortungsbewusst zu handeln“, rechtfertigte die sozialdemokratische Abgeordnete Catarina Mendes die Zustimmung.
Banken warnen vor Diskrepanz
Für die deutsche Kreditwirtschaft begrüßte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Heiner Herkenhoff, den Brüsseler Zwischenschritt auf dem Weg zu Änderungen an den EU-Regeln. Allerdings verband er dieses Lob mit der Forderung, das Tempo im Trilog hochzuhalten. Auch dürften die Banken nicht unberücksichtigt bleiben. Seit längerem gibt es eine Debatte darüber, dass die Kreditinstitute in ihrer Sandwich-Position zwischen ambitionierten Anforderungen der Bankenaufsicht einerseits und reduzierten Berichtspflichten der Unternehmens-Kreditkunden andererseits in die Bredouille geraten könnten. Auch Herkenhoff verwies mahnend auf „die Diskrepanz zwischen der Verfügbarkeit belastbarer ESG-Daten und den Datenbedarfen der Banken und Sparkassen, um rechtliche und aufsichtliche Pflichten erfüllen zu können.“ Er appellierte, entsprechend auch aufsichtliche Vorgaben, etwa im Rahmen von Basel, zurückzuschrauben.
Aktivisten äußern sich gallig
Erwartungsgemäß enttäuscht zeigten sich Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten. Die Nichtregierungsorganisation Global Witness spricht von einem „schwarzen Tag für Europa.“ Die EU-Abgeordneten hätten Großunternehmen einen Freifahrtschein ausgestellt. „Der neue Vorschlag ist wie der Bau eines Damms aus Papier – er sieht nach einer Maßnahme aus, wird aber nichts aufhalten.“
