Deutsche Wirtschaft geht vorsichtig ins neue Jahr

Stimmung in exportorientierten Branchen schlecht

Deutsche Wirtschaft geht vorsichtig ins neue Jahr

sp Berlin – Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist kurz vor dem Jahreswechsel gedämpft, viele Branchen blicken aber verhalten optimistisch nach vorn. In einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) unter 48 Wirtschaftsverbänden gaben Vertreter von 32 Verbänden an, dass die wirtschaftliche Situation der Firmen im Vergleich zur Jahreswende 2018/2019 schlechter aussehe. Diese Einschätzung herrscht den Angaben zufolge etwa in großen und exportorientierten Branchen wie der Autoindustrie, dem Maschinenbau, in der Elektro- sowie in der Chemieindustrie vor. Für das kommende Jahr gehen 19 Verbände dennoch von einer etwas höheren Geschäftstätigkeit der Mitgliedsfirmen als 2019 aus. “Es ist ein zarter Hoffnungsschimmer, aber noch keine Entwarnung”, fasste Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen IW, die Ergebnisse zusammen. “Die Unsicherheit wird hoch bleiben”, prophezeit der Ökonom. Kein Einbruch erwartetDas spiegeln auch die Äußerungen der großen Industrieverbände kurz vor dem Jahreswechsel wider. “Wir befinden uns im Abschwung, eine Bodenbildung ist noch nicht in Sicht”, sagte Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), der Deutschen Presse-Agentur. Die Stimmung habe sich zuletzt zwar wieder leicht verbessert, erklärte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), laut dpa-afx. “Aber die konkreten Rückmeldungen aus vielen Unternehmen ergeben weiterhin vor allem den Rückschluss: 2020 wird für die deutsche Wirtschaft ein herausforderndes Jahr.” Die Exportunternehmen erwarten “ein Jahr des Übergangs, das – wenn alles gut geht – etwas besser als das aktuelle wird”, sagte Holger Bingmann, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), laut Nachrichtenagentur. “Also kein Einbruch, aber eben auch keine großen Sprünge nach vorn.” Getrübt ist die Stimmung auch bei den Familienunternehmen. Bei einer Umfrage gaben 48 % der Mitglieder an, 2020 ein Wachstum zu erwarten. Für das Jahr 2019 hatten dies noch 61 % der befragten Firmen geantwortet.Aus Sicht von BGA-Chef Bingmann besteht eine kleine Chance auf Aufhellung, sollte US-Präsident Donald Trump “zur Einsicht gelangen, dass im Wahljahr eine störungsfreie und rund laufende Weltwirtschaft von Vorteil für ihn ist, und wenn sich abzeichnet, wie der Brexit ausgestaltet wird.” Insgesamt blieben Weltwirtschaft und Welthandel aber störungsanfällig und die Welthandelsorganisation (WTO) angeschlagen.Der BDI rechnet kalenderbereinigt mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts in Deutschland von 0,5 % im kommenden Jahr – das aber mehr Arbeitstage hat. “Die Industrie aber ist in einem Abwärtstrend. Der Handelskrieg zum Beispiel zwischen den USA und China ist noch lange nicht vorbei”, sagte Kempf. “Die einzige gute Nachricht bei alldem ist aus unserer Sicht, dass die trüben Konjunkturaussichten wohl noch keine deutlich negativen Effekte auf das Thema Beschäftigung haben werden”, sagte der BDI-Chef.Auch IW-Chef Hüther rechnet nicht mit einem Absturz der Konjunktur. “Das Bild insgesamt ist zwar mau. Ein schwerer Konjunktureinbruch wie im Jahr 2009 während der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise zeichnet sich aber nicht ab.” Bauwirtschaft und Privatkonsum seien weiter robust, der Arbeitsmarkt stabil. Für das kommende Jahr rechnet das IW mit einem Wachstum von 0,9 %, bereinigt um die Zahl der Arbeitstage von 0,7 %.