Feuertaufe für Frankreichs neue Regierung
Feuertaufe für Frankreichs neue Regierung
Feuertaufe für Frankreichs neue Regierung
Premier Lecornu präsentiert Sparhaushalt und schlägt Aussetzung der Rentenreform bis zu Präsidentschaftswahlen vor
wü Paris
Für Frankreichs neue Regierung geht es diese Woche um alles oder nichts. Die zweite Mannschaft von Premierminister Sébastien Lecornu versucht Abgeordnete der Nationalversammlung mit ihrem Haushaltsentwurf und Zugeständnissen bei der Rentenreform davon zu überzeugen, nicht für die Misstrauensanträge zu stimmen, die die links- und rechtsextremen Oppositionsparteien La France Insoumise (LFI) und Rassemblement National (RN) gestellt haben.
So schlug Lecornu in seiner Regierungserklärung vor, die 2023 auf den Weg gebrachte Rentenreform bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen 2027 auszusetzen. Eigentlich hätte das Renteneintrittsalter bis Anfang 2028 auf 64 Jahre steigen sollen. Mit diesem Vorschlag versucht Lecornu die inzwischen nach Parteiwechseln auf 69 Abgeordnete angestiegene Gruppe der Sozialisten zu umgarnen. Sie hatten die Aussetzung oder Abschaffung der Rentenreform zur Bedingung gemacht, nicht für den Misstrauensantrag zu stimmen.
Nobelpreisträger appelliert an Abgeordnete
Der französische Wirtschaftsnobelpreisträger Philippe Aghion hatte sich Montagabend in einem Fernsehinterview dafür ausgesprochen, die Rentenreform wie jetzt von Lecornu vorgeschlagen erstmal bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen auszusetzen und das seit Inkrafttreten der Reform auf 62 Jahre und 9 Monate gestiegene Renteneintrittsalter bis dahin beizubehalten, um die Gemüter in Frankreich zu besänftigen. Das bedeute nicht, dass die Rentenreform abgeschafft werde, erklärte er.
„Mittelfristig muss man in Frankreich mehr arbeiten“, sagte er während einer Pressekonferenz Dienstagvormittag. Es sei wichtig, dass das Land jetzt einen vernünftigen Haushalt auf den Weg bringe und eine Ernst zu nehmende Haushaltspolitik verfolge. „Wir müssen einen weiteren Misstrauensantrag vermeiden“, appellierte der Nobelpreisträger an die Abgeordneten. Sie sollen Donnerstagvormittag über die beiden Anträge von LFI und RN abstimmen.
31 Mrd. Euro Haushaltsanstrengungen
Präsident Emmanuel Macron hat nach Angaben von Regierungssprecherin Maud Bregeon während des Ministerrates Dienstagvormittag gewarnt, dass er die Nationalversammlung auflösen und neue Parlamentswahlen ansetzen werde, sollte Lecornu über die Misstrauensanträge stürzen. Während der Kabinettssitzung hat Wirtschaftsminister Roland Lescure auch den dringend erwarteten Haushaltsentwurf für 2026 vorgelegt. Ziel sei, das Haushaltsdefizit im kommenden Jahr von den für 2025 erwarteten 5,4% auf unter 5% zu senken, sagte Regierungssprecherin Bregeon.
Nach Angaben des Obersten Rates für öffentliche Finanzen (HCFP), einer unabhängigen Kontrollinstanz unter Vorsitz von Rechnungshofpräsident Pierre Moscovici, sieht der Haushaltsentwurf Maßnahmen vor, die zusätzliche Einnahmen von 14 Mrd. Euro sowie Einsparungen bei den Ausgaben in Höhe von 17 Mrd. Euro vor. Lecornus Amtsvorgänger François Bayrou war über einen Haushaltsentwurf mit geplanten Haushaltsanstrengungen in Höhe von 44 Mrd. Euro gestürzt.
Sondersteuer verlängert
Der jetzt von Lescure präsentierte Haushaltsplan, der auf einer nach Ansicht des HFCP zu rosigen Wachstumsprognose von 1% für 2026 basiert, sieht weniger Erleichterungen bei der Körperschaftsteuer und strengere Regeln für Sozialabgaben vor. Die eigentlich nur für dieses Jahr geplante Sondersteuer für große Konzerne soll für ein Jahr verlängert, aber die Steuersätze halbiert werden. Vorgesehen ist auch eine Steuer auf Finanzvermögen von Holdings, um Steueroptimierungen zu bekämpfen, sowie Steuern auf kleine Pakete.