Trump bringt ein kulturelles Denkmal ins Wanken
Notiert in Washington
Trump bringt ein Denkmal ins Wanken
Von Peter De Thier
Kunst- und Kulturfreunde in Washington munkeln schon seit Monaten, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis der amtierende US-Präsident versucht, eines der Wahrzeichen der amerikanischen Hauptstadt mit dem Etikett „Trump“ zu versehen. Nun ist es aber soweit. Schon in wenigen Wochen könnte das traditionsreiche „Kennedy Center für die darstellenden Künste“ in das Donald J. Trump Center umbenannt werden. In diesem Sinne engagieren sich aus Wunsch des Präsidenten republikanische Kongressabgeordnete. Mitglieder des legendären Kennedy-Clans gehen auf die Barrikaden und bezeichnen das Ansinnen als dreisten Gesetzesverstoß. Ein verbissenes politisches und rechtliches Tauziehen um den Namen ist jedenfalls vorgezeichnet.
Beim Überqueren des Roosevelt Brücke auf dem Weg von Virginia nach Washington ist der imposante, weiße Marmorbau am Ufer des Potomac-Flusses die erste Sehenswürdigkeit, die Besuchern ins Auge sticht. Gebaut wurde das 7.000 Quadratmeter umfassende Kulturzentrum mit seiner Konzerthalle, dem Opernhaus und drei Theatern vor 54 Jahren. Die rechtliche Grundlage dafür hatte der National Cultural Center Act aus dem Jahr 1958 geschaffen. Der Demokrat Kennedy hatte sich während seiner kurzen Amtszeit für die aktive Förderung der darstellenden Künste eingesetzt. Ihm wollten die Gründer des Zentrums, das über eine staatlich-private Partnerschaft betrieben und finanziert wird, ein Denkmal setzen.
Kennedy Name unantastbar
Dass ein Nachfolger von JFK jemals versuchen würde, diese traditionelle, kulturelle Hochburg umzubenennen, wäre keinem Politiker und wohl keinem US-Wähler jemals in den Sinn kommen. Doch die Unantastbarkeit des Namens gehört der Vergangenheit an, seitdem der Präsident Donald Trump heißt. Die Entwicklung warf vor einem halben Jahr ihre Schatten vorausals Trump den gesamten Vorstand des Kennedy Center auswechselte und mit Loyalisten besetzte.
Präsident des Zentrums wurde Richard Grenell, früherer Geheimdienstchef und Botschafter in Deutschland. Als „Chairman“ berief der Präsident sich selbst. Aus Protest sagten die Veranstalter prominenter Shows wie Les Miserables und Hamilton Aufführungen in Washington ab. Auch kam es zu einem personellen Aderlass. Zahlreiche Künstler, Produzenten und Regisseure, die lange Zeit beim Kennedy Center gearbeitet hatten, wollten von dem Putsch nichts wissen und nahmen den Hut.
Neue Gesetzesentwürfe
Die Neubesetzung des Vorstands und die Kampfansage an Aufführungen, die angeblich linksliberale Werte der „Woke“ Bewegung widerspiegeln, ging Republikanern aber nicht weit genug. Sie haben im Repräsentantenhaus zwei Gesetzevorlagen eingebracht. Der Republikaner Mike Simpson hat ein Ausgabengesetz mit einem Passus versehen, der das Opernhaus nach First Lady Melania benennen würde. Dann reichte ein anderer Republikaner einen Gesetzesentwurf ein, wonach das gesamte Kulturzentrum den Namen Trump führen würde.
Unterdessen trauen die Kennedys ihren Augen nicht. „Das ist absolut verückt und bringt mein Blut zum Kochen!“, schimpft JFKs Nichte Maria Shriver. Kennedys Enkel Jack Schlossberg hält den Vorstoß für rechtswidrig. Juristen geben ihm Recht und meinen, dass das Kuratorium des Kennedy Center nicht befugt ist, Namensänderungen vorzunehmen, doch aber der Kongress. Dabei haben beide Entwürfe angesichts der republikanischen Mehrheiten gute Chancen, Rechtskraft zu erlangen. „So etwas passiert in Nordkorea oder Russland, nicht aber hier“, sagt die demokratische Parlamentarierin Chellie Pingree. „Trotzdem traue ich den Republikanern absolut zu, dass sie das durchziehen.“