Wirtschaftliche Vernunft siegt
Wirtschaftliche Vernunft siegt
Atomkraft in Japan
Wirtschaftliche Vernunft siegt
Von Martin Fritz
Der japanische Stromversorger Tokyo Electric Power Company, bekannt unter dem Kürzel Tepco, darf knapp 15 Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima erstmals wieder ein Atomkraftwerk betreiben. Nach der Genehmigung des regionalen Parlaments will Tepco den Block 6 im weltgrößten AKW-Komplex Kashiwazaki-Kariwa an Japans Westküste schon Ende Januar hochfahren, Block 7 soll 2029 folgen. Es handelt sich um die beiden jüngsten der insgesamt sieben Reaktoren in dem AKW-Komplex. Drei der übrigen fünf Meiler wird Tepco wohl stilllegen.
Als AKW-Standort ungeeignet
Dass ausgerechnet der frühere Fukushima-Betreiber zur Atomkraft zurückkehren darf, wird eingefleischte Atomkraftgegner empören. Zumal Japan wegen seiner geografischen Lage auf dem asiatischen Feuerring mit häufigen Erdbeben, Tsunami und Taifunen als AKW-Standort denkbar ungeeignet ist. Doch so wie das ressourcenarme Japan aus wirtschaftlicher Vernunft in den 1960er Jahren die ersten Reaktoren baute, so wollten Beamte und Politiker aus dem gleichen Grund nach Fukushima nicht einfach aus der Atomkraft aussteigen. Die meisten Kraftwerke waren abgeschrieben und konnten Strom produzieren. Sie einfach abzuschalten, erschien ökonomisch verantwortungslos.
Sicherheitsauflagen verschärft
Stattdessen schraubte Japan die Sicherheitsanforderungen drastisch nach oben. Für viele der 54 Meiler rechnete sich der Kostenaufwand in Milliardenhöhe nicht. Aber immerhin 14 von 33 übriggebliebenen Reaktoren gingen bisher zurück ans Stromnetz. Die Atomaufsichtsbehörde hatte die Reaktoren 6 und 7 in Kashiwazaki-Kariwa schon 2017 für sicher erklärt. Aber es dauerte noch acht Jahre, bis Tepco das Misstrauen der Anwohner überwinden konnte. Der Konzern besänftigte sie schließlich mit einer Finanzzusage von 550 Mill. Euro über zehn Jahre zur „Revitalisierung“ der regionalen Wirtschaft. Die Investition rechnet sich: Nach eigenen Angaben erhöht der Neustart den Jahresgewinn um 550 Mill. Euro, weil Tepco weniger teures Flüssiggas importieren muss. Dadurch kann, welche Ironie, der defacto verstaatlichte Konzern die Kosten der Atomkatastrophe leichter schultern.
