Jutta Dönges von Aumovio

Die Finanzvorständin, die die Sprache der Ingenieure spricht

Aumovio-Finanzvorständin Jutta Dönges ist mit dem Autozulieferer in den MDax aufgestiegen. Sie ist die perfekte Besetzung für die Rolle, bringt sie doch Finanz- und Ingenieurswissen gleichzeitig mit.

Die Finanzvorständin, die die Sprache der Ingenieure spricht

Die Finanzvorständin, die die Sprache
der Ingenieure
spricht

Von Daniel Schnettler, Frankfurt

Den ersten großen Tag im noch jungen Börsenleben des Autozulieferers Aumovio hat Jutta Dönges knapp verpasst. Am 18. September startete der Handel mit der Aktie der Continental-Ausgründung an der Frankfurter Wertpapierbörse. Dönges fing kurz danach am 1. November bei Aumovio als Finanzchefin an. Den zweiten großen Tag – den Aufstieg in den MDax am 22. Dezember – konnte sie nun also mitfeiern.

Doch warum hat es die ehemalige Investmentbankerin, Staatsbedienstete und Energie-Managerin ausgerechnet zu einem Autozulieferer verschlagen? „Aumovio ist ein technologiegeprägtes, stark von der Ingenieursdenke bestimmtes Unternehmen. Das kommt mir sehr gelegen“, sagt Dönges. „Ich bin von Hause aus Ingenieurin; ich habe an der Technischen Universität in Darmstadt Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Maschinenbau studiert.“

Blick auf Bankenskyline und Werksgelände

Der Standort im Frankfurter Stadtteil Rödelheim steht wohl exemplarisch für die Welten, in denen sich Dönges in ihrem Berufsleben bewegt hat. Auf der einen Seite des Verwaltungsgebäudes ist die Bankenskyline von Mainhatten in der Ferne zu sehen. Auf der anderen Seite liegt das Werksgelände – sogar mit eigener Teststrecke samt Steilkurve. Dönges hat schon eine Runde gedreht, wie sie erzählt. Bei der Steilkurve habe sie aber Vorsicht walten lassen.

Wie ein Draufgängertyp wirkt Dönges in der Tat nicht. Eher umsichtig und bedacht. Dabei ist Aumovio durchaus eine Herausforderung – nicht ohne Grund hat Continental sein Zuliefergeschäft abgespalten. Die ganze Branche leidet unter einer Zurückhaltung der Endkunden, dem transatlantischen Handelskonflikt und starker Konkurrenz aus China. Aumovio hat zwar den Luxus, schuldenfrei zu sein, schreibt aber unter dem Strich Verluste.

Von der Investmentbank zum Staat

Was Dönges an dem Job gereizt hat? Es sei „die Möglichkeit, hier wirklich etwas gestalten zu können, gerade weil sich die Dinge so dynamisch verändern“. Veränderung zieht sich wie ein roter Faden durch ihren Lebenslauf. Ihre Sporen hat sie sich bei Goldman Sachs verdient, wo sie in der Advisory Group verschiedenste Branchen betreut hat. Nach einem Abstecher zur SEB wechselte sie in den Staatsdienst – zuerst zur Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, dann ab 2018 als Geschäftsführerin zur Finanzagentur des Bundes. Damit wurde Dönges die oberste Schuldenmanagerin der Bundesrepublik.

Kurz nach ihrem Amtsantritt lähmte die Corona-Pandemie die Welt. Der Bund musste die Lufthansa und Tui stützen – und Dönges war mit ihrer Finanzagentur als ausführendes Organ mittendrin. „Ich nehme gerne Herausforderungen an“, sagt sie selbst dazu und nennt es „eine passende Fügung, dass ich an dieser spannenden Schnittstelle zwischen Finanzsektor, Wirtschaft und Politik sitzen durfte.“

Der nächste Auftrag aus Berlin wartete da schon auf sie: Nach der Verstaatlichung des Energiekonzerns Uniper vertrat sie dort zunächst die Interessen des Bundes im Aufsichtsrat, ehe sie Anfang 2023 in den Vorstand wechselte und das Finanzressort übernahm. Das Unternehmen sei zu dem Zeitpunkt stabilisiert gewesen, sagt Dönges. „Es war aber völlig unklar, wie es weitergehen würde.“

Herber Verlust für Uniper

Umso heftiger muss zwei Jahre später für Uniper die Nachricht gewesen sein, dass Dönges geht – zur frisch gegründete Aumovio, wo nach dem kurzfristigen Ausfall von Karin Dohm eine Lücke im Finanzressort klaffte. „Ich habe immer gerne für Uniper gearbeitet“, sagt Dönges. „Als ich mich für den Wechsel entschieden hatte, habe ich gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden transparent kommuniziert, dass es mein Wunsch wäre, vorzeitig aus dem Vertrag zu kommen“, erzählt sie, „die Vorbereitungen für den Spin Off liefen ja schon auf Hochtouren.“

Es klappte. Statt erst im März konnte sie schon im November anfangen. Jetzt bildet sie die Brücke zwischen der Welt der Finanzen und der Welt der Ingenieure. „Das Springen von der einen Industrie zur nächsten hat mich im gesamten Berufsleben begleitet“, sagt Dönges selbst. „Im Investmentbanking bekommt man über die Jahre eine gewisse Stressresilienz und lernt, viele Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten und dabei den Blick für das Wesentliche nicht zu verlieren.“ Als Ingenieurin habe sie wiederum gelernt, „in relativ kurzer Zeit die Dinge zu durchdringen und dann für komplexe Fragestellungen Lösungen zu finden, die kreativ und innovativ sind.“

Hilft Ihr dieser Hintergrund bei Aumovio? „Ich kann sicherlich anders mit Ingenieuren und Technikern sprechen“, sagt die promovierte Wirtschaftsingenieurin. „Ich war letzte Woche im Werk und habe viele Begriffe gehört, mit denen ich zuletzt im Studium in Berührung gekommen bin. Da kam Vieles wieder in Erinnerung.“