Verhandlungen zwischen ExxonMobil und Rosneft

Big Oil streckt Fühler nach Russland aus

Während Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine laufen, wittert die US-Wirtschaft neue Chancen in Russland. ExxonMobil will wohl zu einem Ölförderprojekt mit Rosneft zurückkehren, das Milliardenerlöse verspricht.

Big Oil streckt Fühler nach Russland aus

Big Oil streckt Fühler nach Russland aus

ExxonMobil führt angeblich Geheimgespräche über Rückkehr zu gemeinsamem Sachalin-Förderprojekt mit Rosneft

Während Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine laufen, wittert die US-Wirtschaft schon neue geschäftliche Chancen in Russland. Der Energieriese ExxonMobil trachtet angeblich danach, zu einem gemeinsamen Ölförderprojekt mit Rosneft zurückzukehren, das Aussichten auf Milliardenerlöse bietet.

xaw New York

Die umstrittene Annäherung zwischen Donald Trump und Wladimir Putin öffnet für die amerikanische Wirtschaft offenbar neue Türen nach Russland. Im Rahmen des jüngsten Gipfeltreffens der Präsidenten in Alaska ließ Putin bereits anklingen, die beiden Staaten könnten künftig wieder miteinander ins Geschäft kommen. „Wir freuen uns auf Verhandlungen“, gab Trump zurück.

Zwischen den zwei führenden Energieunternehmen beider Staaten liefen da angeblich schon konkrete Gespräche im Hintergrund: ExxonMobil und Rosneft haben im laufenden Jahr nach Informationen des „Wall Street Journal“ über eine Rückkehr zur gemeinsamen Öl- und Gasförderung im Osten Russlands diskutiert.

Milliardenerlöse in der Schwebe

Das Projekt Sachalin-I am Ochotskischen Meer zählte nach einer Produktionsvereinbarung aus dem Jahr 1996 zu den größten Investments des US-Energieriesen. Über seine Gesellschaft Exxon Neftegas war er Hauptbetreiber und hielt 30% der Anteile, Rosneft kam über zwei Töchter auf kombinierte 20% – der Rest entfiel auf indische und japanische Unternehmen, die auch heute noch beteiligt sind. Schätzungen über die in den drei bisher zur Entwicklung vorgesehenen Feldern vorhandenen Reserven belaufen sich auf 2,3 Milliarden Barrel Öl und 485 Milliarden Kubikmeter Erdgas, das Projekt liefert seit 2005 Output. Zu Spitzenzeiten förderten die Partner 232.000 Barrel pro Tag (bpd), vor dem Rückzug stammten rund 3% der Ölproduktion von ExxonMobil aus Sachalin. Zu aktuellen Preisen könnten die Betreiber über das Projekt allein durch den Öloutput Erlöse von rund 5 Mrd. Dollar pro Jahr generieren.

Börsen-Zeitung, sw/iGrafik.de

Doch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und westlichen Sanktionen gegen Moskau berief sich ExxonMobil 2022 auf höhere Gewalt und stoppte die Förderung, die im Gesamtjahr lediglich 10.000 bpd erreichte. Der Konzern nahm eine Wertminderung von 4,6 Mrd. Dollar auf das Projekt vor, Russland blockierte einen geplanten Verkauf der Beteiligung und übernahm vor drei Jahren per Anordnung Putins die Kontrolle über das Projekt. Was mit dem Exxon-Anteil passiert, ist seither unklar. Nach Befehl Moskaus sollte eigentlich bis Ende 2024 ein Käufer feststehen, das Regime musste den Zeitraum aber bis 2026 verlängern.

Eine mögliche Rückkehr von ExxonMobil gilt als Coup für den Kreml, der die heimische Wirtschaft über ausländische Investitionen zu stabilisieren sucht. Der russische Öloutput ist trotz Sanktionen hoch geblieben, zuletzt haben ukrainische Drohnenangriffe auf Raffinerien und Pipelines aber die inländische Treibstoffversorgung geschwächt. Analysten prognostizieren zudem, dass die Produktionskapazität ohne westliche Partner mittelfristig zurückgehen werde, weil es russischen Förderern an technologischem Know-how und Investitionsmitteln mangele.

Lukrative Bodenschätze

Voraussetzung für die Rückkehr von US-Konzernen wäre grünes Licht aus Washington im Zuge der Verhandlungen um einen Ukraine-Frieden. Führungskräfte von ExxonMobil sollen die US-Regierung um Unterstützung bei einer Rückkehr nach Russland gebeten haben. CEO Darren Woods hat die Angelegenheit in den vergangenen Wochen angeblich mehrfach mit Trump besprochen. Bisher besitzen ExxonMobil und Konsorten lediglich die offizielle Erlaubnis und Lizenzen des Finanzministeriums, um mit ihren russischen Pendants über eine Verwertung gestrandeter Vermögenswerte zu verhandeln. Doch rund um den Amtsantritt Trumps im Januar sollen die Gespräche über eine Wiederaufnahme der Sachalin-Partnerschaft mit Rosneft angelaufen sein.

Im Februar trafen amerikanische und russische Regierungsvertreter in Saudi-Arabien zu Ukraine-Gesprächen. Laut der „New York Times“ stellte die Kreml-Delegation den US-Vertretern damals Milliardenerlöse aus gemeinsamen Geschäften in Aussicht und hob insbesondere Energieprojekte in der Arktis als Investitionschancen hervor. Dort lagern wichtige Bodenschätze wie angereichertes Uran für den Betrieb von Atomkraftwerken – Nuklearenergie erlebt in den USA aufgrund des massiven Energiebedarfs von Anwendungen künstlicher Intelligenz und Rechenzentren gerade eine Renaissance. Kirill Dmitrejew, Leiter des russischen Staatsfonds, äußerte damals zudem die Meinung, dass amerikanische Ölunternehmen schon im laufenden Jahr nach Russland zurückkehren könnten.

Putin baut Hindernis ab

Während die offiziellen Gespräche in Saudi-Arabien liefen, trafen laut dem „Wall Street Journal“ in Katars Hauptstadt Doha zwei hochrangige Manager im Geheimen zusammen: Neil Chapman, Senior Vice President von ExxonMobil, und der mit US-Sanktionen belegte Rosneft-CEO Igor Setschin. Eine Rückkehr zur Produktionsaufteilung aus den 1990er Jahren gilt nun als wahrscheinlicher, hängt aber von den Konditionen ab, die Russland anbietet. Putin hat am Tag des Alaska-Gipfels mit Trump ein Hindernis für eine Rückkehr von ExxonMobil nach Ostrussland abgebaut: Er unterzeichnete ein Dekret, gemäß dem ausländische Firmen unter bestimmten Bedingungen Anteile an der heutigen Sachalin-Betreibergesellschaft halten dürfen. Zu den Auflagen gehören die Bereitstellung von Ausrüstung aus Übersee und Ersatzteilen sowie Lobbyarbeit für den Abbau westlicher Sanktionen.