Fluggesellschaften bekommen mehr Gegenwind zu spüren
Mehr Gegenwind für Fluggesellschaften
Zunehmende Unsicherheiten dämpfen Prognosen für das laufende Jahr – Niedriger Ölpreis treibt Wachstum
Der Branchenverband Iata hat seine Prognosen für die Airline-Industrie gesenkt. Obwohl das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen in Nordamerika sinkt, rüsten dort vor allem Lowcost-Carrier ihre Kabinen nach. Auch Fluggesellschaften aus anderen Regionen investieren in Retrofit-Programme und neue Jets.
wü Neu-Delhi
Von Gesche Wüpper, Neu-Delhi
Steigende Unsicherheit, zunehmende Handelskonflikte und anhaltende Probleme der Zulieferkette bremsen die weltweite Airline-Industrie. Der Branchenverband Iata (International Air Transport Association) hat deshalb jetzt die Prognosen für das laufende Jahr gesenkt. Trotz des stärkeren Gegenwinds geht er jedoch davon aus, dass es für Fluggesellschaften rund um den Globus insgesamt besser als 2024 laufen dürfte. Passagieraufkommen und Ergebnisse dürften weiter steigen.
„Die Ölpreise helfen“, sagt Iata-Chefökonomin Marie Owens Thomsen. Mit 979 Mrd. Dollar dürften Airlines deshalb in diesem Jahr einen Rekordumsatz einfliegen. Allerdings war die Iata im Dezember noch von 1 Bill. Dollar ausgegangen. Sie hat jetzt auch die Prognosen für die Ergebnisse gesenkt: Statt 67,5 Mrd. Dollar erwartet der Branchenverband nun ein operatives Ergebnis von 66 Mrd. Dollar. Mit einem Nettoergebnis von 36 Mrd. Dollar dürften Fluggesellschaften ebenfalls etwas weniger als die bisher in Aussicht gestellten 36,6 Mrd. Dollar verdienen – aber deutlich mehr als 2024, als unter dem Strich 32,4 Mrd. Dollar standen.
Positiver Wachstumsfaktor
„Der größte positive Wachstumstreiber ist der Kerosinpreis, der im Vergleich zu 2024 um 13% gefallen ist und nun 1% unter unserer vorherigen Prognose liegt“, erklärt Iata-Chef Willie Walsh. Der Branchenverband geht jetzt für 2025 von einem Ölpreis von 69 Dollar je Barrel und von einem Kerosinpreis von im Schnitt 86 Dollar aus. Deshalb dürften sich die Treibstoffausgaben – der größte Einzelkostenfaktor von Fluggesellschaften – um 9,5% auf 236 Mrd. Dollar verringern.
Mit 4,99 Milliarden Fluggästen dürfte das Passagieraufkommen ebenfalls einen Rekordwert erreichen, aber etwas niedriger als zuvor erwartet ausfallen. Im April ist die globale Nachfrage im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8% gestiegen. Doch Iata-Chef Walsh warnte vor einer anhaltenden Schwäche des Binnenmarktes und einem starken Einbruch des Premium-Class-Reisemarktes in den USA. Dort haben Fluggesellschaften zuletzt ihre Prognosen einkassiert. Einige europäische Airlines berichten zudem von einer sinkenden Nachfrage für Reisen in die USA.
Investitionen in Retrofit-Programme
„Strafzölle untergraben das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen, was Konsum und Investitionen künftig dämpfen dürfte“, urteilt die Iata in ihrem anlässlich der Hauptversammlung in Neu-Delhi veröffentlichten Branchenreport. Trotz allem würden aber vor allem Lowcost-Carrier in Nordamerika die Kabinen ihrer Flugzeugflotte nachrüsten und mit Premiumsitzen ausstatten.
Fluggesellschaften aus dem Nahen Osten investieren laut dem Branchenreport ebenfalls in umfangreiche Retrofit-Programme. Grund sind die Verzögerungen, zu denen es bei der Auslieferung von Langstreckenjets kommt. Diese bekommen die vor allem auf Langstreckenverbindungen spezialisierten Airlines der Region zu spüren, die 2025 den höchsten Pro-Kopf-Gewinn einfliegen dürften. Nachdem Qatar Airways gerade bei Boeing 160 Dreamliner und 777-Jets bestellt hat, könnten andere Golf Carrier wie Riyadh Air und Etihad auf der Luftfahrtmesse in Le Bourget Mitte des Monats dem Vernehmen nach Langstreckenjets bei Airbus bestellen.
Indigo bestellt bei Airbus
Indigo hat das bereits getan und bei dem europäischen Flugzeugbauer am Rande der Iata-HV zusätzlich 30 A350-Langstreckenjets geordert. Der indische Lowcost-Carrier will international stärker expandieren. Er hat deshalb 2024 entschieden, Langstreckenjets in die Flotte zu integrieren. Airlines aus der Asien-Pazifik-Region wachsen 2025 am stärksten, haben aber die niedrigsten Margen.