Viel Lärm um viel Geld
Von Peter Olsen, FrankfurtDer plötzliche Abgang von Christine Hohmann-Dennhardt als Vorstand Integrität und Recht bei Volkswagen nach nur gut einem Jahr im Amt sorgt weiter für viel öffentliche Erregung. Vor allem die mit ihrem Ausscheiden nach 13 Monaten verbundene hohe Abfindung erzürnt. Dabei überbieten sich die Medien hinsichtlich der genauen Höhe der Zahlung. Von 12, 13, ja sogar von 15 Mill. Euro ist die Rede. Der “Süddeutschen Zeitung”, der sich die 66-Jährige anvertraut hat, sagte sie, “dass ein Vertrag erfüllt wird, ist ein ganz normaler Vorgang”. Und das dürfte Wolfsburg etwa 11,5 Mill. Euro teuer kommen. Halbe-halbeWie sich diese Summe im Detail zusammensetzt, wird man wohl erst dem Geschäftsbericht 2017 entnehmen können. Über den Daumen gepeilt sollte die Hälfte auf die ihr zustehenden Vorstandsentgelte aus dem noch knapp zwei Jahre laufenden Vertrag entfallen, die andere Hälfte auf die von VW übernommenen Versorgungsansprüche, die die frühere Verfassungsrichterin aus ihre Zeit bei Daimler erworben hat. Ende 2015 war Hohmann-Dennhardt in höchster Not kurzfristig in Stuttgart aus ihrem Vertrag herausgekauft worden. Die Ansprüche sind also eine Art Ablösesumme. Damit steht Hohmann-Dennhardt bei VW nicht allein. Der frühere BMW-Manager und jetzige VW-Spartenchef Herbert Diess wurde in Abgeltung seiner BMW-Ansprüche mit 5 Mill. Euro, der neue VW-Lkw-Chef Andreas Renschler, zuvor bei Daimler, sogar mit 11,5 Mill. Euro begrüßt.Hohe Abfindungen haben im Übrigen bei Volkswagen eine lange und schlechte Tradition. Gerade unter der Führung von Ferdinand Piëch als Vorstandschef und später als Vorsitzender des Aufsichtsrats ging es in der Führungsetage mitunter zu wie im Taubenschlag. Wenn jemand nicht so lieferte, wie er es wollte, war er schnell weg, in der Regel aber mit hoher Abfindung auch zum Schweigen gebracht.In den 2000er Jahren gehörte die einstige Vorstandsspitze aus Bernd Pischetsrieder als Vorsitzendem und Wolfgang Bernhard als Vorsitzendem der seinerzeitigen Markengruppe Volkswagen zu besonders gut abgefundenen Managern. Bei dem von Martin Winterkorn abgelösten Pischetsrieder sollen die Bezüge des gerade erst erneuerten 5-Jahres-Vertrags weitergelaufen sein, ohne dass der frühere BMW-Manager dafür eine entsprechende Leistung erbracht haben soll. Laut “Bild am Sonntag” sollen insgesamt 50 Mill. Euro geflossen sein. Bernhard wiederum bekam einen goldenen Handschlag von 6 Mill. Euro.Ein Studium des Geschäftsberichts 2015 hätte den jetzt wegen der an Hohmann-Dennhardt fließenden Millionen so entsetzten Kritikern schon vor Monaten den Kamm schwellen lassen können. Die Ausgaben “aus Anlass der Beendigung von Vertragsverhältnissen”, so ist auf Seite 298 nachzulesen, schnellten von 12,4 auf 39,4 Mill. Euro in die Höhe. Seinerzeit ging es um das Ausscheiden des einstigen Lkw-Vorstands Leif Östling, den zurückgetretenen Vorstandschef Martin Winterkorn, den ausgeschiedenen Vertriebsvorstand Christian Klingler und um Hans Dieter Pötsch, der wegen des Wechsels auf den deutlich schlechter dotierten Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden aus seinem Vorstandsvertrag noch insgesamt 15,3 Mill. Euro unter Anrechnung der bis Ende 2017 erhaltenen Aufsichtsratsvergütungen erhielt.Insgesamt leistet sich der Wolfsburger Konzern einen Vorstand, der mit Gesamtbezügen von 63 Mill. Euro im Jahr zu Buche schlägt. Ausgeschiedene Mitglieder und ihre Hinterbliebenen kosteten zusätzlich 51,3 (i.V. 22,8) Mill. Euro. Nach IAS 19 bestanden für diesen Personenkreis zudem Pensionsverpflichtungen von 243 (166) Mill. Euro, wofür auch der gesunkene Rechnungszins verantwortlich sein dürfte.Immerhin: Anders als zu Pischetsrieders Zeiten gibt es bei vorzeitigem Ausscheiden maximal noch für zwei Jahre Kohle. Derzeit wird wegen der heftigen Kritik, auch an den Boni trotz Dieselskandals, an einem neuen Vergütungsmodell gearbeitet. ——–Die hohe Abfindung für Christine Hohmann-Dennhardt ist für VW nicht ungewöhnlich.——-