Finanzplatz Hannover

Einen zukunftsfähigen Zahlungsverkehr sichern

Neue Technologien und neue Akteure beschleunigen den Wandel am Finanzplatz Hannover. amit ändern sich Prozesse und Geschäftsmodelle sowie Chancen und Risiken.

Einen zukunftsfähigen Zahlungsverkehr sichern

Wie andere Finanzplätze ist auch der Finanzplatz Hannover von den hier ansässigen Akteuren geprägt. Dazu zählt neben Banken und Finanzdienstleistern auch die Zentralbank, direkt vor Ort vertreten durch die für Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zuständige Hauptverwaltung der Bundesbank und die Filiale Hannover. Dabei spiegeln sich in den regionalen Strukturen und Entwicklungen auch immer die übergeordneten Tendenzen wider, die den deutschen Finanzplatz als Ganzes prägen.

Effiziente Bezahlsysteme

Eine wichtige Infrastrukturleistung des Finanzsektors, der als „Leitungsnetz“ der Volkswirtschaft für Finanzgüter fungiert, ist der Zahlungsverkehr. Ein Kernanliegen ist es, Zahlungen effizient, sicher und störungsfrei abzuwickeln. Das gilt sowohl für die Abwicklung barer als auch unbarer Zahlungen. Die Bundesbank leistet mit ihrem Angebot im Zahlungsverkehr hierzu einen wichtigen Beitrag.

Aus Zentralbanksicht gehört zu einem leistungsfähigen Zahlungsverkehr, jederzeit ausreichend Bargeld in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen. Unter den vielfältigen verfügbaren Zahlungsmöglichkeiten ist Bargeld hierzulande vor allem bei niedrigeren Beträgen das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel für alltägliche Ausgaben. Einer im Jahr 2020 veröffentlichten Erhebung der Bundesbank zufolge zahlten die Kunden in rund 60% der Fälle ihre alltäglichen Einkäufe bar.

Die Bargeldversorgung von Handel, Banken und Bevölkerung sichern die Filialen der Hauptverwaltung: Hannover, Göttingen, Ol­denburg und Osnabrück in Niedersachsen sowie Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Sie sind die regionalen Knotenpunkte eines reibungslosen Bargeldkreislaufs, der gemeinsam mit den Banken und dem Handel die Ver- und Entsorgung von Banknoten und Münzen ermöglicht. Zurücklaufendes Geld wird in den Filialen der Bundesbank hochmodern bearbeitet: Verschmutztes und beschädigtes Geld wird aussortiert, vernichtet und durch neues ersetzt; falsche Münzen und Banknoten werden eingezogen. Vor der Corona-Pandemie bearbeiteten die niedersächsischen Filialen fast zwei Milliarden Banknoten und beinahe zweihundert Tonnen Münzen im Jahr. Auch während der Pandemie funktionierte der bare Zahlungsverkehr weiterhin reibungslos, was gerade in Zeiten gesamtwirtschaftlicher Unsicherheit wichtig ist.

Der einfache Zugang zu Münzen und Banknoten und die allgemeine Akzeptanz des Bargelds stellen die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger im Zahlungsverkehr sicher. Damit jederzeit Euro-Bargeld in ausreichender Qualität bereitgestellt werden kann, ist die Kosteneffizienz für alle Bargeldakteure von hoher Bedeutung. Alle Bargeldakteure sind daher gefordert, laufend ihre jeweiligen Prozesse zu optimieren. In diesem Zusammenhang modernisiert sich auch die Bundesbank laufend technisch und organisatorisch, beispielsweise durch die Installation einer neuen Generation von Geldbearbeitungsmaschinen in ihren Filialen in den vergangenen Jahren.

Ungeachtet des nach wie vor großen Stellenwerts von Barzahlungen liegt mit zunehmender Digitalisierung bargeldloses Bezahlen im Trend. Vor allem kontaktlose Kartenzahlungen haben in den vergangenen Jahren – jüngst noch einmal beschleunigt durch die Pandemie – an Bedeutung gewonnen.

Auch der unbare Zahlungsverkehr, wertmäßig heute der größte Teil aller Zahlungen (selbst an der Ladenkasse wurden 2020 wertmäßig knapp zwei Drittel unbar bezahlt), zählt zu den Kernaufgaben der Bundesbank. Ihr Angebot von Abwicklungs- und Verrechnungsdienstleistungen im Individual- und im Massenzahlungsverkehr dient dem Ziel, dass der Zahlungsverkehr im Inland und mit dem Ausland reibungslos funktioniert. Die Bundesbank leistet so einen wichtigen Beitrag zur Wahrung und Stärkung der Stabilität des Finanzsystems.

In den jeweiligen Regionen der Hauptverwaltungen der Bundesbank ist jeweils eine Fi­liale für die Kunden­betreuung im unbaren Zahlungsverkehr zu­ständig. In Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt führt die Filiale Hannover die Konten für die regionalen öffentlichen Kassen (mit Hausbankfunktion für das Land Bremen) sowie die Geschäftsbanken. Über diese Konten haben die Kreditinstitute Zugang zu den Zahlungsverkehrssystemen der Bundesbank wie Target2 oder dem Elektro­nischen Massenzahlungsverkehr (EMZ); auch die geldpolitischen Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems, die die Banken mit Zentralbankliquidität versorgen, werden über sie abgewickelt. Im Massenzahlungsverkehr etwa läuft die Verrechnung maßgeblich über den Euro-Zahlungsverkehrsraum Sepa. Mit arbeitstäglich rund eineinviertel Millionen Transaktionen im Wert von gut eineinviertel Mrd. Euro entfiel zuletzt die Mehrzahl an Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen auf dieses Zahlungsverkehrssystem.

Das Aufkommen neuer Techno­logien und das Eintreten neuer Akteure in den Markt haben den Wandel der Zahlungsverkehrslandschaft in jüngster Zeit beschleunigt, die Produkte ebenso wie die Anbieter selbst haben sich verändert. Längst bieten nicht mehr nur die Banken Zahlungsdienste an. Damit ändern sich für alle Beteiligten die Prozesse und Geschäftsmodelle sowie die Chancen und Risiken, natürlich auch am Finanzplatz Hannover.

Nutzen-/Risikoabwägung

Das betrifft auch die Zentralbank, die als Anbieter eines gesetzlichen Zahlungsmittels eine Ankerfunktion für den Finanzsektor generell und auch für den Zahlungsverkehr hat. Aktuell stellt sich hier die Frage, ob die digitale Ökonomie auch digitales Zentralbankgeld erfordert. Ein digitaler Euro wäre neben Bargeld und Kontoguthaben von Banken bei der Zentralbank eine dritte Form des Zentralbankgeldes.

Im Oktober 2021 hat das Eurosystem eine zweijährige Untersuchungsphase zum digitalen Euro gestartet. Erst nach deren Abschluss wird entschieden, ob ein digitaler Euro auch tatsächlich eingeführt wird. In der Untersuchungsphase geht es vor allem darum, verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten eines digitalen Euro zu untersuchen. Hierbei müssen neben dem potenziellen Nutzen auch mögliche Risiken einer Einführung bedacht werden, etwa mit Blick auf die bisherige Rollenverteilung im Zahlungssystem, die letztlich auch die Akteure des Finanzplatzes Hannover beträfen.

Bei solchen komplexen Fragen ist die Einbeziehung aller Beteiligten hilfreich. Generell unterhalten die Hauptverwaltung und ihre Filialen zu ihren Geschäftspartnern am Standort Hannover sowie im gesamten Geschäftsbereich – Banken, Unternehmen, Politik und Verwaltung sowie Wissenschaft – vielfältige Beziehungen. Ein aktives Netzwerk fördert einen breiten und schnellen Informationsaustausch. Mit der von ihr vorgehaltenen Zentralbankinfrastruktur und ihrer Kommunikation vor Ort trägt die Hauptverwaltung wesentlich zu einem leistungsfähigen und zukunftsfähigen Finanzplatz Hannover bei.

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