Transformation

Man darf nicht aufhören, Dinge auszuprobieren

Sich den neuen Herausforderungen immer wieder zu stellen – diese Haltung macht Banken und Unternehmen langfristig erfolgreich.

Man darf nicht aufhören, Dinge auszuprobieren

„Man darf nicht aufhören, Dinge auszuprobieren“, sagt Irene Dische in einem Interview. Der Satz ist wenige Jahre jung, die deutsch-amerikanische Schriftstellerin dagegen schon 70 Jahre alt. Jahrgang 1952. Ein guter Jahrgang in vielerlei Hinsicht.

1952 ist auch das Geburtsjahr von zwei deutschen Medieninstanzen, die gegensätzlicher kaum sein könnten: die Bild und die Börsen-Zeitung. Während die eine Zeitung marktschreierisch den Boulevard bedient, observiert die andere mit spitzer Feder das Parkett der Finanzwelt. Gestartet ist sie als bescheidene Printausgabe mit zwei Seiten redaktioneller Beiträge plus vielen Seiten mit aktuellen Kurslisten. Heute ist sie ein abwechslungsreiches Multichannel-Produkt: Webseite, E-Paper, Newsletter, Podcasts, Social-Media-Kanäle und Live-Events. Und ganz sicher ein Unternehmen, das nicht aufhört, Dinge auszuprobieren.

Größter Einzelabonnent

Der Börsen-Zeitung zum 70. Geburtstag zu gratulieren ist für uns als größter Einzelabonnent der Anfangszeit (damals noch als Bayerische Hypotheken- und Wechselbank) Selbstverständlichkeit, Ehre und Freude, aber auch Herausforderung. Mit großer Neugier und Spannung sind meine Kollegen und Kolleginnen ins Archiv geklettert. Sie mussten nicht in den allertiefsten Keller. Die Wurzeln unserer Bank reichen bis ins Jahr 1780 zurück. Das Jahr 1952 liegt also vergleichsweise nahe. Umso erstaunlicher war, was sich zu diesem Abschnitt unserer Geschichte im Archiv fand. Nämlich erst einmal nichts.

Für das Jahr 1952 gibt es keinen Geschäftsbericht, weder für die Hypotheken- und Wechselbank noch für die Bayerische Vereinsbank, die beide ja bekanntlich erst viele Jahre später zur HypoVereinsbank fusionierten. Bis zurück ins Jahr 1947 gab es keine Berichte. Der Geschäftsbericht über das Jahr 1947 zeigte einen stark pessimistischen Grundton. Die Zeiten waren hart. Die Reichsmark war praktisch außer Funktion; seit Kriegsende war der Bezugsschein das primäre „Geld“. Das wirtschaftliche Leben vollzog sich auf dem Wege des Tausches. Banken waren dafür nicht erforderlich.

Für die Bankwirtschaft ging der Zweite Weltkrieg erst am 20. Juni 1948, dem Tag der Währungsreform, zu Ende. So formulierte es der damalige Hypotheken-und-Wechselbank-Vorstand im Geschäftsbericht von 1953, der endlich die mehrjährige Berichtslücke wieder schloss. Die Kollegen und Kolleginnen der Vereinsbank, die im selben Jahr die pausierte Berichterstattung wiederaufnahmen, resümierten trocken: „Das Kreditgewerbe ist mit dem Schicksal der Währung wohl noch enger verbunden als alle anderen Wirtschaftszweige.“

Nach der bitteren Erfahrung des Totalverlusts durch den Krieg habe die Bankwirtschaft vor der harten Notwendigkeit gestanden, „unter schwierigsten Startbedingungen buchstäblich wieder von vorne an­fangen zu müssen“. Bittere Realität: Der Staat hatte 90% der verbliebenen Vermögenssubstanz von Hypothekenbanken und Pfandbriefgläubigern als Treuhandvermögen an sich gezogen.

Mutig und entschlossen

Das Kreditbedürfnis der Wirtschaft war groß; Einlagenvolumen und Kapitalausstattung der Banken da­gegen klein. Als Kreditgeber mussten sie also in der frühen Aufbau-Ära der westdeutschen Wirtschaft erheblich in Vorleistung und ins Risiko gehen. Die mutige und entschlossene Wiederaufbauarbeit gelang: 1952 war die Talsohle bereits durchschritten.

Um die Investitionskredite der Banken ablösen und konsolidieren zu können, bedurfte es jedoch der Möglichkeit zur Emission von Schuldverschreibungen und besonders von Aktien – sprich: eines lebendigen Börsenhandels. Unter nationalsozialistischer Herrschaft waren die einst 21 Börsen aufgelöst und zwangsfusioniert worden. Die acht verbliebenen Börsen dienten dem NS-Regime lediglich als staatlich kontrollierte Kapitalbeschaffungsanstalten für die stetig wachsenden Rüstungs- und Staatsausgaben.

Doch nach dem Krieg gab es auch im Börsengeschäft eine Art Frühlingserwachen: Die Bayerische Börse in München hatte als erste schon direkt nach dem Krieg den Handel wieder aufgenommen. In Frankfurt wurde der amtliche Börsenhandel 1949 wiedereröffnet. Stuttgart startete 1950. Und im März 1952 begann der Freihandel auch wieder in Hamburg und in West-Berlin.

Im selben Jahr wurde Deutschland Mitglied des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Montanunion und Einrichtung der Europäischen Zahlungsunion legten die Grundlage der späteren Europäischen Gemeinschaft. Die Zinssätze sanken, die Beschäftigungszahlen stabilisierten sich, die Absatzflaute endete.

Mit der zunehmenden Normalisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse entstand ein Klima, in dem die Wirtschaft und mit ihr die Bankenlandschaft einen kräftigen Aufstieg beginnen konnte. Man spürt förmlich den schweren Seufzer im Geschäftsbericht unserer Vorgängerbank: „Er (der Aufstieg) musste hart erarbeitet werden, bedurfte der Anspannung aller Kräfte und war deshalb auch kein ‚Wunder‘, was zu erwähnen auch hier am Platze erscheint.“ Heute wissen wir: Diese harte Arbeit war die Saat eines später viel größeren Wirtschaftswunders.

Denn die aus Kriegstrümmern auferstandene Welt hörte nicht auf, Dinge auszuprobieren. 1952 kamen Erfindungen wie Luftkissenboot, Deoroller und Airbag auf den Markt. In Deutschland gab es soziale Innovationen wie das Mutterschutzgesetz und die neunjährige Schulpflicht. Das deutsche Wohnungsbauprämiengesetz begründete die Bausparförderung, und in Nürnberg wurde die „Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ eröffnet. Der Nordwestdeutsche Rundfunk und das Fernsehen der DDR sendeten Ost wie West erstmals täglich ein zweistündiges Fernsehprogramm, wenn auch nur für 1000 registrierte Anschlüsse.

Und der (nach der „Zuse Z4“) erst zweite kommerziell gebaute Computer überhaupt wurde der Welt präsentiert. Sein Name „Univac“ ist heute fast vergessen. Das aber, wofür er jahrelang synonym stand, für Computer und Digitalisierung nämlich, be­stimmt unser Denken mehr denn je.

Denn wieder stehen wir vor einem gewaltigen Umbruch. Technische Quantensprünge zusammen mit geopolitischen Spannungen sowie der wachsenden Klimakrise stellen uns alle – Politik, Wirtschaft, Finanzen, Medien – vor gewaltige Herausforderungen. Was bedeutet das?

Die HypoVereinsbank feierte vor fast drei Jahren ihren 150. Geburtstag. Sie agierte über eine sehr lange Zeit, aber auch über viele Krisen und Erschütterungen hinweg erfolgreich am Markt. Offensichtlich haben wir dabei vieles richtig gemacht. Mit der gewachsenen Tradition im deutschen Markt begleitet unser Haus seine Kunden und Kundinnen vertrauensvoll und langfristig auf ihrem Weg – häufig über viele Jahrzehnte und zum Teil über mehrere Generationen hinweg. Doch bei aller Beständigkeit gilt auch für uns der Satz: „Wir dürfen nicht aufhören, Dinge auszuprobieren.“

Die Erwartungshaltung der Kunden und Kundinnen an ihre Bank verändert sich stetig – das war vor 150 Jahren nicht anders als heute. Entscheidend ist, diese Veränderungen aufzugreifen und die Ansprüche bestmöglich zu erfüllen. Wir haben deswegen kürzlich das innovativste Servicemodell am deutschen Retailmarkt etabliert: Per „Smart Banking“ ermöglichen wir unseren Privatkunden und -kundinnen zeit- und ortsunabhängig Beratung und Service ganz nach Bedarf und Wunsch. Egal ob in einer Bankfiliale, online, per App oder per Voicebot – wer eine Frage hat oder ein Finanzgeschäft abwickeln will, kann das jederzeit und von überall tun.

Bei den Pionieren

Unser Haus gehört bei vielen digitalen Innovationen zu den Vorreitern im deutschen Markt: So waren wir die erste Bank in Deutschland, die Instant-Payment-Zahlungen, also Echtzeitüberweisungen, eingeführt hat. Beim Start von Apple Pay im Jahr 2018 waren unsere Kunden und Kundinnen von Anfang an dabei. Und auch beim Einsatz der Blockchain-Technologie zur Abwicklung von Handelstransaktionen inklusive Finanzierungen gehören wir mit der Plattform we.trade hierzulande zu den Pionieren.

Sich den neuen Herausforderungen immer wieder neu zu stellen, diese Haltung verbindet uns, die UniCredit Gruppe und die Börsen-Zeitung. Das macht uns so beständig im Erfolg. Alles Gute für die nächsten 70 Jahre, geschätzte Börsen-Zeitung!

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