Fondsabsatz in Deutschland

„2021 war ein Ausnahmejahr“

Zwar war ein Rekordergebnis im Fondsabsatz absehbar – doch mit 250 Mrd. Euro sticht das Ergebnis besonders hervor, nachdem im Schlussquartal besonders viele Anlegermittel hinzukamen, wie der Branchenverband BVI berichtet.

„2021 war ein Ausnahmejahr“

jsc Frankfurt

Die deutsche Fondsbranche hat im vergangenen Jahr den bisherigen Höchstwert im Neugeschäft deutlich übertroffen: Insgesamt flossen hierzulande netto rund 250 Mrd. Euro in Publikumsfonds, Spezialfonds und Mandate und damit ein Drittel mehr als im bisherigen Spitzenjahr 2015, wie der deutsche Fondsverband BVI berichtet. Das verwaltete Vermögen kletterte um annähernd 13% auf ebenfalls rekordhohe 4,33 Bill. Euro.

Der starke Zufluss zeigt sich über Segmente hinweg: Besonders rege entwickelten sich offene Publikumsfonds, die mit 118 Mrd. Euro alle bisher verzeichneten Jahre in den Schatten stellten. Damit ist auch das Jahr 2000, das von einer Börsen­euphorie geprägt war und mit rund 75 Mrd. Euro bislang als Rekord in der Statistik steht, weit übertroffen.

Das Zusammenspiel aus Inflation und Negativzinsen habe die Anleger im vergangenen Jahr in Fonds getrieben, erklärte BVI-Präsident Alexander Schindler am Donnerstag. In Deutschland gebe es jetzt mehr als 27 Millionen Wertpapierdepots bei Banken und Sparkassen, im vergangenen Jahr seien dabei bis Ende Oktober mehr als 2,1 Millionen hinzugekommen. Vor allem Aktienfonds mit einem Nettoabsatz von 50 Mrd. Euro sowie Mischfonds mit 42 Mrd. Euro waren gefragt. Zwar nutzen Anleger häufig ETFs, der Großteil der Zuflüsse entfiel aber auf klassische Fonds. Offene Immobilienfonds schnitten mit einem Absatz von netto 7 Mrd. Euro hingegen nur mäßig ab – „aufgrund der Schwierigkeit, geeignete Immobilien zu finden“, wie Verbandspräsident Schindler ausführte.

Société Générale steigt aus

Auch das Segment offener Spezialfonds erzielte mit 131 Mrd. Euro einen Rekordwert. Ähnlich wie in den Vorjahren entfiel der Großteil der Zuflüsse allerdings auf nur wenige Adressen: Helaba Invest, Universal-Investment und HSBC sammelten gemeinsam annähernd 110 Mrd. Euro ein, während viele andere Adressen nahe der Nulllinie rangierten (siehe Grafik). Die drei Anbieter treten dabei vielfach als Master-Kapitalverwaltungsgesellschaften (Master-KVGs) auf: Sie fassen die Mittel der Investoren dabei in einer Fondshülle zusammen und betreuen das Vermögen somit aus einer Hand, während die Verwaltung der einzelnen Anlagesegmente an weitere Assetmanager übertragen wird.

In dem umkämpften Segment steigt die französische Großbank Société Générale mit ihrer Tochter Securities Services künftig aus: Die Gesellschaft wolle sich stärker auf Kerngeschäftsfelder konzentrieren und sich bis Ende 2022 aus dem Geschäft als Master-KVG zurückziehen, teilte die Bank auf Nachfrage dazu mit. Im vergangenen Jahr flossen bereits annähernd 20 Mrd. Euro aus Spezialfonds der Bank ab. Ebenfalls fiel in der Statistik ins Gewicht, dass der Versicherer Provinzial nach seiner Fusion ein milliardenschweres Mandat von der DekaBank an die Helaba Invest übertrug. Während Spezialfonds insgesamt wie bereits in den Vorjahren viele Mittel einsammelten, floss aus Mandaten ohne Fondshülle erneut Geld ab, und zwar netto 7 Mrd. Euro.

Insgesamt fällt der Zuwachs im Fondsgeschäft nach der Methodik des BVI deutlich stärker aus als gemäß der Bundesbank-Statistik, die nur deutsche Fonds erfasst und ausländische Vehikel ausklammert. Demnach erzielten deutsche Fonds im vergangenen Jahr mit 158 Mrd. Euro zwar ebenfalls einen Rekordabsatz, der demnach aber nur geringfügig über dem bisherigen Spitzenjahr 2015 lag (vgl. BZ vom 8. Februar). Ähnlich wie nun der BVI berichtete auch die Bundesbank über einen starken Schlussspurt im vergangenen Jahr.

Schindler sprach am Donnerstag von einem „Ausnahmejahr“, zeigte sich aber auch für den laufenden Turnus optimistisch. Ein starker Jahresstart lasse bereits hoffen. Der Verband sei zuversichtlich, dass auch 2022 ein gutes Jahr für die Fondsbranche werde – „sofern es nicht zu einem längeren Einbruch an den Börsen kommt“. Eine Zielgröße für das laufende Jahr nannte er nicht.

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