A380: Sturzflug oder temporäres Luftloch?

Fluglinien-Pleite rückt Flugzeugfonds in den Fokus

A380: Sturzflug oder temporäres Luftloch?

Jörg NeidhartGeschäftsführer Secundus Advisory GmbHIn den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl geschlossener Beteiligungen verkauft, die dem (Klein-)Investor ein Investment in den “König der Lüfte” schmackhaft gemacht hat. Den Airbus A380.Die Argumente in der Emissionsphase waren einprägsam: Langfristige Chartereinnahmen mit renommierten Partnern (Singapore Airlines, Air France oder Emirates), hohe laufende Auszahlungen von bis zu 8 % pro Jahr und obendrein eine steuerliche Optimierung. Anlegerherz, was willst du mehr? Neben den harten Fakten tat das imposante Aussehen des neuen Vogels sein Übriges: Der A380 war ein Renner im Vertrieb. Doch wie sieht es jetzt nach bis zu zehn Jahren aus? Jüngst machten Schlagzeilen die Runde, nach denen bei Dr. Peters- und Doric-Fonds der Leasingnehmer nach zehn Betriebsjahren die gebrauchten A380 wieder in den Hangar stellt. Was sind die Folgen für die deutschen Anleger?Einführend muss bei einer tiefergehenden Analyse die Funktionsweise eines “geschlossenen Fonds” (seit 2013: regulierte Alternative Investment Funds /AIF) erläutert werden. Wie der Name schon andeutet, können Anteile an diesen Fonds nur von einem begrenzten Investorenkreis gezeichnet werden. Nach Schließung und Einwerbung des Eigenkapitals ist es ein “Closed Shop” – im Gegensatz zu offenen Investmentfonds können Anteile nicht täglich gehandelt werden und das Kapital der Gesellschaft bleibt konstant. Neben dem Eigenkapital wird Fremdkapital aufgenommen, welches im positiven Verlauf den Vorteil hat, die Rendite auf das Eigenkapital zu hebeln. Zudem muss weniger Eigenkapital für das Flugzeug eingeworben werden – der Rest des Kaufpreises wird durch das Fremdkapital aufgefüllt. Die Risiken dieses Vorgehens liegen auf der Hand: Bei einem nicht planmäßigen Verlauf wirkt das Fremdkapital als Bremsklotz. Die Bank hat das Sagen und kann gegebenenfalls trotz ausbleibender Anschlussbeschäftigung auf die Bedienung des Kapitaldienstes bestehen. Spätestens dann wird es gefährlich.Was bedeutet dies nun für einen Airbus A380? Ein einfaches Beispiel soll dies erläutern: Bei einem unterstellten Kaufpreis von 200 Mill. Dollar werden 100 Mill. Dollar Fremdkapital und 100 Mill. Dollar Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Während der Laufzeit über 15 Jahre gibt es eine Auszahlung von 7 % p. a. auf das Eigenkapital. Während der Laufzeit wird das Fremdkapital komplett getilgt. Selbst wenn in diesem Szenario der Wert des Flugzeugs von 200 Mill. Dollar um 50 % auf 100 Mill. Dollar fiele, würde der Investor genau sein Eigenkapital wiederbekommen. Inklusive einer Zahlung von 7 % p. a. in den letzten 15 Jahren. Und selbst im Fall einer (eher unwahrscheinlichen) vollkommenen Wertlosigkeit des Assets würden dem Anleger zumindest noch seine Auszahlungen und somit in Summe etwa 100 % seines Eigenkapitals bleiben. So weit die Theorie.Aber was sollte die Anleger derzeit beschäftigen? Zunächst einmal die Bonität des Leasingnehmers: Wenn dieser ausfällt oder Zahlungen kürzt, kann die Bedienung des Fremdkapitals unter Umständen schwierig werden. Bis zu diesem Jahr wurde dieser Aspekt allerdings kaum thematisiert, da die Bonität der Leasingnehmer bis dahin außer Frage stand. Des Weiteren spielt natürlich der Markt eine wesentliche Rolle. Was den A380 derzeit so speziell macht: Es wurden kaum Flugzeuge dieses Typs verkauft oder in einen neuen Leasingvertrag gebracht. Beim Wechsel eines Leasingnehmers muss das Interieur auf das Design des neuen Partners umgestellt werden. Im Zweifel übernimmt der Eigentümer diese Kosten, die unter Umständen im achtstelligen Bereich liegen können. Und auch bei einem Verkauf gibt es durch die fehlende Transaktionshistorie keine Vergleichswerte. Die Gutachten aus den Prospekten der Vergangenheit helfen in jetzigen Verhandlungen so gut wie nicht. Einige Marktteilnehmer taxieren einen zehnjährigen Flieger bei 100 Mill. Dollar, andere sprechen davon, dass selbst ein Verkaufspreis von 50 Mill. Dollar ein gutes Geschäft für den Verkäufer sei. Und die Pessimisten halten einen Verkauf gar für unmöglich. Der A380 sei zu groß, habe vier Triebwerke (modernere Flieger schaffen längere Strecken auch mit zwei Triebwerken), könne nur ausgewählte Destinationen anfliegen und werde nur von wenigen potenziellen Leasingnehmern genutzt. Auch eine Zerlegung des Flugzeugs in Einzelteile wird diskutiert. Die Parameter lassen sich aber ebenfalls sehr schwer definieren: Zwischen 35 und 90 Mill. Dollar schätzen Marktteilnehmer den Wert einer “ausgeschlachteten” A380-Maschine.Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Leasinglaufzeit. Hier unterscheiden sich die geschlossenen Fonds teils erheblich. Vom “reinen” 10-Jahres-Leasingvertrag über eine zwölfjährige Laufzeit bis zu diversen Verlängerungsoptionen gibt es alles am Markt. Hierbei ist zu beachten, dass viele “Verlängerungsoptionen” aus konzeptioneller oder marketingtechnischer Sicht gewählt wurden. Denn bei einigen Verträgen, die nach zehn Jahren enden, ist eine Nichtausübung des zweijährigen Anschlusscharters nur gegen eine Abstandszahlung möglich, die wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Somit handelt es sich auch hier letztlich um eine zwölfjährige Leasinglaufzeit. Diese Variablen gibt es in den unterschiedlichsten Ausgestaltungen.Für die Betrachtung der Werthaltigkeit ist auch die Währung des Eigenkapitals wichtig. Einige Anbieter haben den Eigenkapitalanteil beim Kauf der Maschine direkt in Euro konvertiert. Teilweise erfolgte dies bei Euro/Dollar-Kursen um 1,40. Dies führt dazu, dass einige A380-Flieger (unter anderem von Hansa Treuhand) lediglich ein Eigenkapital von unter 70 Mill. Euro aufweisen. Beim derzeit stärkeren Dollar ist dies ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Natürlich können diese Währungseffekte im Einzelfall auch anders aussehen. Viel spannender ist die Frage, wo die Unterschiede in der Finanzierungsstruktur liegen. Denn bei Weitem nicht alle Beteiligungen wurden nach dem oben beschriebenen Muster aufgelegt. Die ältesten Dr.-Peters-Fonds (u. a. der 129) stehen vor der Herausforderung, dass lediglich eine zehnjährige Leasingperiode gewählt wurde. Mit der Folge, dass die Maschine zwar fünf Jahre jünger als im Musterbeispiel ist – die Anleger aber weder ihr gesamtes eingesetztes Kapital an Auszahlungen erhalten haben noch – und das wiegt um einiges schwerer – das Fremdkapital komplett zurückgeführt wurde. Im konkreten Fall beträgt dieses noch etwa 30 Mill. Dollar. Dem gegenüber steht eine solide Cash-Position. Aber sei es, wie es sei: Das Flugzeug ist nicht entschuldet und die Bank wird ggf. ein gehöriges Wörtchen mitreden, wenn es um den Verkauf oder einen neuen Leasingvertrag geht. Bei einem Verkauf am unteren Ende der genannten Range zu etwa 30 Mill. Dollar würde beim genannten Flugzeug demnach kaum eine Zahlung an Anleger möglich sein. Richtig böse kann es enden, wenn der Wert aus dem Verkauf inkl. Cash unter dem Restwert der Darlehen liegt. In diesem Fall müssen eventuell sogar erhaltene Auszahlungen zurückgegeben werden. Bei einem bereits komplett entschuldeten Flugzeug würde indes selbst ein Erlös von 25 Mill. Dollar ausreichen, um noch eine zufriedenstellende Auszahlung zu generieren. Hier wird ganz klar deutlich: Wer lastenfrei aus dem Erstlease kommt, hat die deutlich besseren Karten.Der Markt für gebrauchte A380 ist noch zu jung, um verlässliche Zweitmarktreferenzen aufzuzeigen. Ob ein zehn Jahre altes Flugzeug 100, 50 oder 10 Mill. Dollar wert ist, weiß noch niemand. Investoren, deren Beteiligungsgesellschaft in der Lage war, das Fremdkapital im Erstlease komplett zu tilgen, stehen hier aber in der Regel deutlich besser da. Für die ersten Fonds könnte es eng werden, wenn ein zeitnaher Verkauf oder Anschlusslease nicht gelingt. Aber Anleger insbesondere der Fonds, die 12 bis 15 Jahre im Erstlease sind und das Fremdkapital komplett tilgen, können trotz der derzeitigen Probleme wohl noch relativ gelassen bleiben. Wenn der Leasingnehmer durchhält, werden allein durch den Erstlease schon nahezu 100 % des eingesetzten Eigenkapitals zurückgebracht. Der Verkaufs- oder Part-out-Erlös kommt hier noch on top.Auch Investoren, die nicht bis 2025 warten können oder wollen, haben Optionen: Auf dem Zweitmarkt für Beteiligungen werden zwar für werthaltige Investments nur 60 bis 70 % des Nominalwertes gezahlt – zusammen mit den bisherigen Auszahlungen sollte der Verkäufer allerdings auch hier keinen Verlust erleiden und weitere Risiken nahezu ausschließen können. Und für den Käufer bieten sich hervorragende Chance-Risiko-Bedingungen mit der Aussicht auf zweistellige Renditen. Aber in diesem Markt sollte man in jedem Fall einen Experten zu Rate ziehen. Denn wie zuvor beschrieben sind die Angebote auf dem Markt zu heterogen und Pauschalaussagen nicht möglich.