Alessandro Profumo 60
tkb – Alessandro Profumo wird am 17. Februar 60 Jahre alt. Vor zehn Jahren, als der damalige Unicredit-Chef Profumo auf dem Höhepunkt seiner Karriere war, erklärte er, mit 60 Jahren möchte er sich vom Bankgewerbe zurückziehen. Das hat er getan. Er ist allerdings nicht in den Ruhestand getreten, sondern hat die relative Mehrheit des Mailänder Finanzbrokers Equita Sim erworben und wurde zu dessen Präsident ernannt. Erst vor wenigen Tagen hat die Fachzeitschrift Institutional Investor Equita zum besten Broker für Aktien-Research ernannt. Profumo hat seinen Traumjob gefunden: “Erstens bin ich selbst am Unternehmen beteiligt und zweitens zählt der Finanzsektor seit je zu meinen Favoriten”, erklärte er kürzlich im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Klassische KarriereProfumo ist jüngster von fünf Söhnen einer Unternehmerfamilie aus Genua. Seine Kindheit verbrachte er in Sizilien. 1970 zog er mit seinen Eltern nach Mailand. Hier schlug er die klassische Karriere der Mailänder Elite ein: Er studierte an der Bocconi-Universität Betriebswirtschaft, wechselte dann zum Unternehmensberater McKinsey, kurze Zeit später zur Bostoner Unternehmensberatung Bain & Company, bis er zum General Manager der zweitgrößten italienischen Versicherung, RAS (Allianz), avancierte. Als RAS 1994 rund 5 % an der privatisierten Bank Credito Italiano erwarb, wurde Profumo kurzerhand abgeworben. Drei Jahre später wurde er zum CEO der Bank, der späteren Unicredit, ernannt. Mit 40 Jahren war Profumo der jüngste italienische Bankenchef.Während seiner Führung avancierte Unicredit zur einzigen internationalen Großbank Italiens und zu einem der wichtigsten Player in Europa. “Manch ein Freund hielt mich damals für verrückt”, gibt der Profumo heute zu. Aber er ging damals mit dem Zeitgeist und war als überzeugter Europäer davon angetan, eine europäische Bankengruppe mit Sitz in Mailand aufzubauen. 2005 erwarb er als Unicredit-Chef die HypoVereinsbank mit Bank Austria und zahlreichen Beteiligungen in Osteuropa. Manche Akquisitionen, etwa die polnische Bank Pekao, erwiesen sich als Gewinn-, andere, die Beteiligung in Kasachstan oder in der Ukraine, als Verlustträger.In Mailand hat er nach wie vor den Beinamen “Banker mit Visionen”, auch wenn er seit 2010 nicht mehr Banker ist. Damals hatte ihn der Board vonUnicredit zum Rücktritt gezwungen. Als offizieller Grund wurde die Beteiligung libyscher Großaktionäre bei Unicredit angegeben. Noch heute kann Profumo den Befürchtungen mancher Unicredit-Großaktionäre, allen voran den Bankstiftungen, nicht folgen. Diese bangten um ihren politischen Einfluss, als der Banker begann, ausländischen Aktionären (Libyen) den Weg zu Unicredit zu öffnen. Profumo musste gehen. Als Abfindung kassierte er 38 Mill. Euro, zwei davon stellte er guten Zwecken zur Verfügung. Zudem investierte er auch in ein inzwischen von seinem Sohn bewirtschaftetes Weingut in Mittelitalien (Piacenza).Zwischendurch – von 2012 bis 2015 – war Profumo auch Präsident der Krisenbank Monte dei Paschi di Siena (MPS). Er trat 2015 zurück, er wolle sich anderen Aufgaben widmen, erklärte er damals. Doch der Visionär erkannte rechtzeitig, dass nicht nur die Vergangenheit von MPS, sondern auch deren Zukunft äußerst nebulös ist. Draufgänger-NaturProfumo hat eine Draufgänger-Natur: Beim Skisport in Davos berichten Teilnehmer des Weltforums, dass er “mit einer Geschwindigkeit von über 100 km/h” über die Piste jage. Angeblich befindet sich Profumo zu seinem 60. Geburtstag im Ausland. Wahrscheinlicher ist aber, dass er den Tag mit seinen zwei kleinen Enkelkindern feiert. Denen hat er bereits Schwimmen, Tauchen und Skifahren beigebracht.