Allianz bewältigt Pandemie-Folgen

Auswirkungen verringern sich im dritten Quartal stark - Versicherer hat Respekt vor Volatilität der Märkte

Allianz bewältigt Pandemie-Folgen

Die Allianz ist nahezu unbeschadet von der Pandemie durch das dritte Quartal gekommen. Eine Prognose 2020 traut sie sich trotzdem nicht zu. Finanzvorstand Giulio Terzariol begründete dies mit drohender Volatilität an den Finanzmärkten. Das Aktienexposure wurde stark reduziert. mic München – Die Allianz hat die Auswirkungen der ersten Pandemie-Welle im dritten Quartal weitgehend hinter sich gelassen. Das operative Ergebnis sank um nur 3 % auf 2,9 Mrd. Euro bei einem Umsatzrückgang von 6 %. Dank hoher Realisierungsgewinne stieg der Quartalsüberschuss sogar um 6 % auf 2,1 Mrd. Euro. Man sehe, sagte Finanzvorstand Giulio Terzariol bei der telefonischen Präsentation der Quartalszahlen: “Wenn sich die Situation stabilisiert, ist das Betriebsergebnis auch auf einem normalen Niveau.”Das Resultat des Quartals stufte Terzariol als sehr gut ein, das Ergebnis nach neun Monaten bezeichnete er als robust. Der operative Gewinn sank um 1,3 Mrd. Euro auf 7,8 Mrd. Euro (siehe Tabelle). Ohne Einfluss der Covid-19-Pandemie hätte sich diese wichtige Ergebnisgröße der Allianz im Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2019 nicht verändert. Faktor Betriebsunterbrechung Dabei schwindet der Einfluss der Pandemie auf die Profitabilität im Jahresverlauf. Von der Belastung auf Ebene des operativen Ergebnisses in Höhe von 1,3 Mrd. Euro fiel mehr als die Hälfte im ersten Quartal an, im letzten Quartal waren es noch 0,1 Mrd. Euro (siehe Grafik). Der Finanzvorstand detaillierte, die Einbußen in der Schaden- und Unfallversicherung resultierten aus Zahlungen an die Kunden, während in der Lebensversicherung hauptsächlich Marktverwerfungen für die Belastung sorgten. Im vierten Quartal könnten in der Sachsparte weitere 100 bis 200 Mill. Euro etwa für Rückstellungen in der Managerhaftpflicht anfallen, sagte Terzariol im Gespräch mit Analysten.In der zweiten Welle der Lockdowns erwartet Terzariol zusätzliche Schadenzahlungen in der Betriebsschließungsversicherung. Die Überweisungen würden aber nicht so hoch wie im Frühjahr ausfallen, weil es sich um ein nur teilweises Herunterfahren des öffentlichen Lebens handle und weil die Allianz mittlerweile eine geringere Exponierung habe – die Verträge mit Kunden wurden entsprechend geändert. Den Allianz-Präsentationen zufolge wurde bis Ende September mehr als eine halbe Milliarde Euro benötigt. Der größte Teil entfalle auf Deutschland, sagte Terzariol. Dort seien 130 Klagen gegen die Allianz eingegangen. Verzicht auf PrognoseTrotz der Stabilisierung schreckte die Allianz vor einer Prognose 2020 zurück. Ursprünglich wollte der Versicherer einen operativen Gewinn von 11,5 bis 12,5 Mrd. Euro erreichen. Dieses Ziel wurde Ende April gestrichen. Per Ende September sind erst zwei Drittel des unteren Endes der früheren Prognose erreicht. Das Meiden einer neuen Prognose, obwohl nur zwei Monate bis Jahresende zu bewältigen sind, begründete der Finanzvorstand mit möglicher Volatilität an den Finanzmärkten. “Es sind keine normalen Zeiten.”Im März hätten zwei Wochen heftiger Kursrückgänge gereicht, um den Gewinn der Lebensversicherung um 300 Mill. Euro zu schmälern. Terzariol betonte, dass der Verzicht auf eine Prognose kein Hinweis auf sonstige Risiken sei. “Es gibt nichts Besonderes, wir sind zuversichtlich.” Die Dividende bleibe voraussichtlich stabil bei 9,60 Euro je Aktie.Die vorsichtige Markteinschätzung nahm die Allianz auch als Richtschnur für die eigenen Investments. “Wir haben Aktien verkauft”, sagte Terzariol. Das Exposure sei im Juli reduziert worden, dies führte zu einem Saldo realisierter Gewinne und Verluste von 436 Mill. Euro.Seit Anfang des Jahres ist Unternehmensangaben zufolge das Aktien-Exposure um fast 11 Mrd. Euro gesunken: 7 Mrd. in der Sparte Leben- und Krankenversicherung und rund 4 Mrd. Euro in der Schaden- und Unfallversicherung. Davon resultierten zwei Drittel aus dem aktiven Abbau von Positionen, der Rest sei Kursveränderungen geschuldet, hieß es. Zu Jahresbeginn hatte die Allianz 78 Mrd. Euro in Aktien investiert, davon lagen 10 Mrd. Euro bei der Schaden- und Unfallversicherung. Die Aktienquote betrug 10 %. Vorerst behält die Allianz ihren Ansatz bei. “Wir bleiben sicherlich bei einer vorsichtigen Haltung”, sagte Terzariol. Er begründete dies mit dem hohen Stand des Volatilitätsindexes Vix.Das ausgesetzte Aktienrückkaufprogramm werde eingestellt, kündigte Terzariol an. Es stand ein Rückkauf im Wert von 750 Mill. Euro aus. Die Kapitalausstattung der Allianz erlaube einen Aktienrückkauf, sagte Terzariol. “Unsere Solvenzquote bleibt auf einem sehr guten Niveau.” Sie stieg ohne Übergangsregelungen von 187 % auf 192 %. Aber man wolle Sensibilität bei diesem Thema zeigen, sagte der Finanzvorstand. Die Regulatoren hätten keine so große Sympathie für Rückkäufe.Einen gruppenweiten Bonus für ihre Beschäftigten, um den Einsatz während der Pandemie zu würdigen, plant die Allianz nicht. Der Versicherer verwies auf seinen Einsatz zum Gesundheitsschutz der Mitarbeiter und auf Modelle zur Arbeitszeitflexibilisierung. Assetmanagement glänztIn der Spartenbetrachtung fällt auf, dass die Vermögensverwaltung in der Coronakrise sehr widerstandsfähig ist. Das operative Ergebnis sank im dritten Quartal dank eines Gewinnanstiegs bei Pimco nur leicht, so dass im Gesamtjahr ein Plus von 2 % zu Buche steht. Die Investoren lenken ihr Geld zu Pimco und AGI. Die Nettomittelzuflüsse im dritten Quartal betrugen 25,6 Mrd. Euro.Die Lebens- und Krankenversicherung zeigte im dritten Quartal ein Doppelgesicht. Einerseits ging der Umsatz um 9 % auf 16,8 Mrd. Euro zurück – der entscheidende Treiber für den Erlösrückgang der gesamten Allianz. Andererseits stieg das operative Ergebnis um 3 % auf 1,1 Mrd. Euro. Zwar lag dies an einer verbesserten Marge aus Kapitalanlagen. Terzariol bezeichnete es aber auch als sehr erfreulich, dass die Neugeschäftsmarge um nur 0,2 Prozentpunkte auf 2,9 % sank. Dies sei angesichts negativer Renditen von Bundesanleihen eine tolle Leistung. Entscheidender Faktor ist der Abbau von Garantien, der mit dem Abrücken von der vollen Beitragsgarantie in Deutschland von Januar Schwung erhält (vgl. BZ vom 7. Oktober). AGCS erhöht die PreiseDie Sachversicherung meldete nach den hohen Wachstumsraten vergangener Jahre erstmals wieder einen Umsatzrückgang. Die Erlöse sanken bereinigt um Währungs- und Konsolidierungseffekte um 4,1 % auf 12,9 Mrd. Euro, obwohl die Preise um 5,6 % anzogen. Bereinigt um die von der Pandemie besonders betroffene Einheit Allianz Partners (- 34 %) und den Kreditversicherer Euler Hermes (- 8 %) wäre der Umsatz unverändert geblieben, sagte Terzariol.Der Industrieversicherer AGCS, der in einer Sanierungsphase steckt, senkte den Umsatz um 6 % und erhöhte die Preise um 25 %. Dieses starke Plus resultiere großteils aus einer Reduzierung der Risikoexponierung, sagte Terzariol. Die Combined Ratio von 103 % hätte normalisiert etwas mehr als 100 % betragen. Erst wenn sie unter 100 % sinke, könne sich AGCS mit dem Thema Wachstum beschäftigen. Die Restrukturierungskosten des Konzerns sprangen von 67 Mill. Euro auf 193 Mill. Euro. Im dritten Quartal 2020 wurde dies hauptsächlich für AGCS, aber auch für AGI ausgegeben.Die Combined Ratio der Sparte veränderte sich mit einem Plus von 0,2 Prozentpunkten auf 94,5 % kaum. Dahinter verbergen sich jedoch ein stark gesunkenes Abwicklungsergebnis und gegenläufig nochmals niedrigere Belastungen aus Naturkatastrophen. – Wertberichtigt Seite 6