Aufsicht

BaFin drängt Versicherer zu Klima-Stresstests

Ein Viertel der Versicherer und Pensionsfonds analysiert Klimarisiken bereits per Stresstest – der Anteil sei zu gering, urteilt die deutsche Finanzaufsicht. Die Branche müsse sich nun rasch bewegen.

BaFin drängt Versicherer zu Klima-Stresstests

jsc Frankfurt

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin ruft Versicherer und Pensionseinrichtungen zum Einsatz von Klima-Stresstests auf: Bisher habe lediglich ein Viertel (24%) der Unternehmen bereits die Folgen des Klimawandels per Stresstest oder Szenarioanalyse kalkuliert, obwohl ein Großteil der Gesellschaften klimabezogene Nachhaltigkeitsrisiken als wesentlich eingestuft habe, kritisiert die BaFin in einem aktuellen Bericht. Auch bereiteten lediglich 44% einen Stresstest vor. „Wir erwarten von den beaufsichtigten Versicherungsunternehmen, dass sie Rückstände zügig aufholen“, erklärt Exekutivdirektor Frank Grund. Die BaFin sieht eine „erstaunliche“ Diskrepanz zwischen dem Bewusstsein für Klimarisiken und der Zahl der Stresstests. Die Branche habe einen „dringenden Nachholbedarf“.

Insgesamt wertete die Aufsicht die Antworten von 260 Versicherern und Pensionsfonds aus. Bereits im vergangenen Jahr hatte die BaFin die gesamte Finanzbranche einschließlich Banken und Fondshäusern zur Nachhaltigkeit befragt und die Ergebnisse im Oktober publiziert – und dabei insbesondere kleineren Kreditinstituten einen mangelnden Fortschritt attestiert. Die Assekuranz erhielt in der Studie zusätzliche Fragebögen, auf denen der jetzt veröffentlichte Bericht basiert.

Die BaFin erinnert die Versicherer daran, dass Klimarisiken im Rahmen der unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (Own Risk and Solvency Assessment, Orsa) bereits in diesem Jahr adressiert werden müssen. Erachtet ein Versicherer Klimarisiken für das eigene Geschäft nicht als wesentlich, muss er erklären, wie er zu dieser Einschätzung gelangt ist. Stuft er die globale Erwärmung hingegen als wesentliches Risiko ein, muss er mögliche Folgen für das Geschäft „in angemessenen Szenarien“ analysieren. Der Orsa-Bericht muss dann mindestens zwei langfristige Szenarien zur Erderwärmung enthalten. Detailvorgaben macht die BaFin dabei nicht.

„Wesentlich“ sind Nachhaltigkeitsfaktoren nach Auffassung der Befragten vor allem für die Reputation des Unternehmens (51%) sowie für Marktrisiken (45%) und nicht näher definierte „strategische“ Risiken (40%). Erhebliche Folgen für Kreditrisiko und versicherungstechnisches Risiko sieht jeweils ein Drittel (31%) der Befragten. Eine Mehrheit hat Nachhaltigkeitskriterien bereits eingeführt, vor allem in der Kapitalanlage (77%) und im Risikomanagement (63%). Die BaFin müht sich um anerkennende und zugleich mahnende Worte. „Der Versicherungssektor ist in Fragen der Nachhaltigkeit auf einem guten Weg. Aber der ist noch lang.“