Broker-Vergütungsmodell

BaFin ist gegen Gebühren­verbot

Die EU-Kommission dürfte kaum noch an ihrem geplanten Verbot von Payment for Order Flow festhalten können. Denn wie die BaFin in der eigenen Analyse von Retail-Transaktionen zeigt, ist die Qualität der Orderausführung insbesondere für kleine Losgrößen ganz ordentlich. Erstaunlich oft gibt es keinen Referenzmarkt.

BaFin ist gegen Gebühren­verbot

Die BaFin hat in einer aktuellen Studie die Qualität der Ausführung von Wertpapieraufträgen an deutschen Handelsplätzen untersucht, um sich ein Bild von Vor- und Nachteilen des Payment for Order Flow (PFOF) zu machen. Unter die Lupe genommen wurde dabei die Qualität der Auftragsausführung an „PFOF-Handelsplätzen“ im Vergleich zu den liquidesten europäischen Referenzmärkten.

Dabei ergeben sich zwei zentrale Erkenntnisse: Für Kundenaufträge mit kleineren Volumina sei die Ausführung über PFOF-gewährende Handelsplätze überwiegend vorteilhaft. „Denn sofern Transaktionskosten berücksichtigt wurden, waren die Ergebnisse für Kunden mehrheitlich besser als an den Referenzmärkten.“ Bei höheren Transaktionsvolumina und niedrigerer Liquidität an den Referenzmärkten zum Zeitpunkt der Auftragsausführung seien diese Vorteile jedoch verloren gegangen, heißt es in der Mitteilung vom Montag. Ob PFOF die Ursache der festgestellten Unterschiede war, lasse sich aus den Ergebnissen nicht ablesen, schränkt die BaFin ein.

Mit ihrer Studie geht die BaFin auf frühere Bedenken der ESMA ein, die sich aufgrund vermuteter Interessenkonflikte bei den Rückvergütungen gegen PFOF aussprach. Daraufhin ging die EU-Kommission mit Plänen für ein PFOF-Verbot an die Öffentlichkeit – ruderte aber zurück, nachdem sich breiter Widerstand gegen diese Pläne formierte. Denn frühere Untersuchungen von Trade Republic und kürzlich von Scalable Capital legten nahe, dass PFOF eine hohe Qualität bei „Best Execution“ hat und Retailanleger überwiegend gut mit PFOF fahren. Die Lobby war damit in Bewegung gesetzt, was dazu führte, dass eine eigentlich schon für den Januar geplante Aussprache im Europaparlament bis heute nicht stattgefunden hat.

Zudem hatte das Bundesfinanzministerium in Person von Jörg Kukies bei der Kommission hinterlegt, dass Deutschland ein PFOF-Verbot nicht mitträgt. Diese Position wurde auch so bekräftigt.

Differenziertes Bild

Die BaFin hatte sich daraufhin in die Datenanalyse begeben und präsentiert nun ein Ergebnis, das ein differenziertes Bild vermittelt: „Vor einem Verbot von Payment for Order Flow sollten wir Aufseher die Auswirkungen umfassend analysieren und über weniger restriktive regulatorische Maßnahmen nachdenken“, fordert Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht der BaFin. Die BaFin sehe die Risiken, die mit Payment for Order Flow einhergingen, sie sehe aber auch die Vorteile – zum Beispiel die Reduktion der Transaktionskosten. Der Worst Case, dass ein übereiltes Verbot nur den Handel für Privatkunden verteuere, ansonsten aber nichts bewirke, müsse schon aus Verbraucherschutzgründen ausgeschlossen werden, macht Pötzsch deutlich.

Die BaFin weist selbst darauf hin, dass die Studien anderer europäischer Aufsichtsbehörden zu ausländischen Aktien nahegelegt hätten, dass die Ausführung von Wertpapieraufträgen an Handelsplätzen, über die Marketmaker PFOF gewähren, für Privatkunden überwiegend nachteilig seien. Um bestmögliche Vergleichbarkeit zu erreichen, habe man (entsprechend dem Mifid-II-Maßstab des Gesamtentgeltes) handelsplatzbezogene Transaktionsentgelte berücksichtigt. Durch den Fokus auf deutsche Aktien decke die Studie der BaFin mit knapp 30 % der Transaktionen zudem einen größeren Teil des Aktienhandels an den betrachteten „PFOF-Handelsplätzen“ ab als die Studien anderer europäischer Aufsichtsbehörden, heißt es.

Die Praxis, dass Broker von Marketmakern Rückvergütungen für die Weiterleitung von Wertpapieraufträgen erhalten, ist in Deutschland schon lange üblich und wurde auch nach Einführung der Mifid II unter der Vorgabe erlaubt, dass der Broker den Vorteil des Retailkunden darlegen konnte. Die EU-Kommission hatte hier zumindest punktuell missbräuchliches Verhalten festgestellt.

Besser als Referenzmarkt

Untersucht hat die BaFin Aktienkäufe und -verkäufe an den PFOF-relevanten Handelsplattformen Tradegate Exchange, Lang Schwarz Ex­change, Gettex sowie Quotrix. Dabei wurden weitere Faktoren, die das Gesamtentgelt beeinflussen (Transaktionsgrößen, handelsplatzbezogene Transaktionskosten sowie Liquiditätsunterschiede bei den gehandelten Aktien) miteinbezogen, um validere Aussagen zur Qualität der Auftragsausführung an PFOF-relevanten Handelsplattformen treffen zu können als eine als Grundlage dienende AMF-Studienmethodik. Das Ergebnis: Die Orderausführung an PFOF-Märkten ist mehrheitlich bei kleineren Transaktionsvolumina vor­teil­haft. Insbesondere bei Transaktionsvolumina bis 2 000 EUR in Dax-Aktien und bis 500 EUR in Nicht-Dax-Aktien erzielten Privatkunden an PFOF-Märkten bessere Gesamter­gebnisse als an gegenübergestellten Referenzmärkten. Wesentlich für die Vorteilhaftigkeit kleinerer Transaktionsvolumina seien in erster Linie handelsplatzabhängige Transaktionsgebühren inklusive Mindestkosten für die Auftragsausführung an einigen Referenzmärkten. Allerdings zeige sich auch, dass an PFOF-Märkten schlechtere Ausführungspreise erzielt würden, wenn das ausgeführte Volumen an den PFOF-Märkten das gegenübergestellte Handelsvolumen an den Referenzmärkten zum Ausführungszeitpunkt übersteigt.

Für die Studie hatte die BaFin insgesamt rund 20 Millionen Retailgeschäfte in deutschen Aktien an den vier genannten Märkten im Rahmen der Analyse identifiziert. Dabei ergab sich, dass Tradegate Exchange und Lang Schwarz Exchange gemessen an der Gesamtzahl der ausgeführten Transaktionen mit einem Anteil von circa 90 % das PFOF-Marktgeschehen klar dominieren. Des Weiteren falle auf, dass sich zu lediglich 3,4 Millionen der Transaktionen und damit im Schnitt nur zu rund jeder fünften Ausführung an den PFOF-Märkten Transaktionen an den Referenzmärkten mit zeitgleichen Ausführungen finden ließen. Nur diese 3,4 Millionen Transaktionen wurden für die Auswertungen in der Studie berücksichtigt.

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