BaFin misst Flussrichtung der Geldschwemme

Röseler: Aufsicht beäugt Anlagepolitik der Banken - Hochkomplexer EZB-Aufsichtsmechanismus

BaFin misst Flussrichtung der Geldschwemme

mic München – Nach der Ankündigung des Staatsanleihen-Kaufprogramms durch die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit zusätzlichen Aufgaben für Bankenkontrolleure. “Die Entscheidung macht die Arbeit der Regulierer nicht einfacher”, sagte Raimund Röseler, BaFin-Exekutivdirektor Bankenaufsicht, vor dem Wirtschaftsbeirat Bayern in München.Röseler verwies auf das Aufkaufvolumen von 60 Mrd. Euro monatlich. “Als Regulierer fragt man sich: Wo landet die Liquidität letztlich?” Er erinnerte an den Kauf der US-Hypothekenpapiere durch Kreditinstitute vor dem Jahr 2008, der in der Subprime-Krise mündete. Bisher sei nicht erkennbar, welchen Weg die Banken aktuell bei der Anlage der zusätzlichen Mittel wählten. Röseler kündigte an: “Da werden wir versuchen, ein enges Auge darauf zu richten.” Risikofaktor StaatsanleihenDer BaFin-Direktor bekräftigte, die generelle Festlegung im Kreditrisiko-Standardansatz von Basel III, dass Banken ihre Staatsanleihen nicht mit Kapital unterlegen müssten, müsse geändert werden. Diese Ansicht werde jedoch nicht von allen Beteiligten im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht geteilt: “Ich habe nicht die Hoffnung, dass wir bald zu Ergebnissen kommen.”Kritisch äußerte Röseler sich zu dem Phänomen, dass die bankinternen Modelle der Banken zur Berechnung des Eigenkapitalbedarfs bei gleichen Kreditnehmern manchmal zu unterschiedlichen Risikoeinschätzungen kommen: “Teils wird doppelt so viel Kapital vorgehalten.” Nicht in allen Fällen seien derartige Unterschiede erklärbar. So werde beispielsweise die Ausfallwahrscheinlichkeit für EU-Länder unterschiedlich bewertet, obwohl alle Marktakteure über die gleichen Informationen verfügten. Röseler zeigte Sympathie für den Vorschlag, dass die Aufsicht die Kapitalunterlegung festlegen könnte: “Aber die Diskussion ist hier sicherlich noch nicht beendet.”Ein Anliegen des Baseler Ausschusses sei es, die Regulierung einfacher und vergleichbarer zu machen, sagte Röseler. Im Zentrum stehe eine Einschränkung der Modelle unter dem Gesichtspunkt, welche Analysen überhaupt benötigt würden.Der einheitliche Aufsichtsmechanismus (SSM) für den Euroraum, den die EZB orchestriert, sei hochkomplex, erklärte Röseler. Im laufenden Jahr rechnet er damit, dass das Aufsichtsgremium 2 000 Entscheidungen fällen muss – bei einem zweiwöchentlichen Sitzungsturnus wären dies 80 pro Treffen. Röseler erinnerte zudem daran, dass während der Finanzkrise 2008 schnelle Entscheidungen am Wochenende erforderlich gewesen seien: “Wie das in einem solchen Mechanismus funktionieren soll, ist mir noch nicht klar.” Daten-EntwicklungslandIm einheitlichen Aufsichtsmechanismus spiele die Frage der Rechnungslegung eine enorme Rolle, sagte Röseler. Vertreter des Europäische Parlaments hätten kürzlich klargemacht, dass die nationalen Rechnungslegungen – in Deutschland ist es das HGB – nicht angetastet werden dürften: “Das ist die rote Linie.” Es sei nicht einfach, die jeweiligen Zahlen IFRS-kompatibel zu machen.Im SSM-Regelwerk gebe es einen enormen Datenhunger, sagte Röseler. Deutschland sei hier auch mit Blick auf die IT nicht auf der Höhe der Zeit. Er sei persönlich überrascht gewesen, welche Daten manche Länder liefern könnten. So seien beispielsweise für Immobilienkredite auch Bonitätsdaten von Mietern vorhanden. Mittlerweile sei es auch erforderlich, dass die BaFin unterjährig die Geschäftsentwicklung etwa einer Sparkasse kenne.In der Diskussion wies Silke Wolf, Geschäftsführerin des Bankenverbands München, auf die Gefahr hin, dass die Nachrang-Kapitalpuffer TLAC verpflichtend werden könnten auch für andere Institute als die 30 weltweit größten Banken. Röseler sieht aber kein Risiko für kleine Institute, da dort das Insolvenzrecht gelte. Es werde jedoch für alle systemrelevanten Institute ein Thema. “Verbände gefordert”Roland Schmautz, Vizepräsident des Sparkassenverbandes Bayern, wies auf die Komplexität der Regulierung hin, die zu enormen Kosten führe. Röseler sprach sich dagegen aus, kleinere Banken von der Regulierung auszunehmen. Zugleich räumte der Bankenaufseher ein, dass viele Genossenschaftsbanken und Sparkassen allein keine Chance hätten, mit dem Regulierungswerk umzugehen. Sie müssten Unterstützung erhalten: “Jetzt sind die Verbände gefordert.”Unter Hinweis auf die Vielzahl globaler Aufsichtsgremien merkte Röseler an, den vollständigen Überblick habe keiner mehr. Derartige Gremien würden nur selten abgeschafft, wenn ihre Arbeit erledigt sei.