IM GESPRÄCH: GIOVANNI BOSSI

Banca Ifis nimmt faule Kredite auch als Chance wahr

Vorstandschef ist an NPL der Sparkasse von Genua interessiert - Befürworter von Filialschließungen

Banca Ifis nimmt faule Kredite auch als Chance wahr

Von Thesy Kness-Bastaroli, zzt. VenedigDer 67-jährige Finanzwissenschaftler Giovanni Bossi hat in das Metier des Bankers frischen Wind gebracht. Er bezeichnet seinen Führungsstil im Gespräch mit der Börsen-Zeitung als “wenig konventionell”. Transparenz sei obligatorisch. Bereits 2007 hat er mit Online-Banking begonnen – Jahre, bevor es in Italien zum Standard bei den Banken wurde. Vorreiter im FactoringAls CEO der Banca Ifis aus Venedig hat Bossi als einer der Ersten begonnen, mittels Factoring Unternehmen zu finanzieren. Und vor acht Jahren begann der Bankenchef, notleidende Kredite (NPL) zu akquirieren. “Ich habe damals erkannt, dass die Non-Performing Loans ein Riesenproblem für Italiens Banken zu werden drohen, dass es aber auch Marktchancen gibt”, sagt Bossi. Damals habe Banca Ifis auch ein kleines, auf den Kauf von NPL spezialisiertes Unternehmen erworben. Derzeit weist Banca Ifis einen NPL-Bestand von 11 Mrd. Euro auf. “Wir haben uns großteils auf unbesicherte Kredite an Privatverbraucher spezialisiert.” Banca Ifis werde auch weiterhin NPL akquirieren.Auf die Frage, ob die Bank auch an den zum Verkauf stehenden NPL der Sparkasse von Genua (Carige) interessiert sei, antwortet Bossi: “Wir haben Interesse, aber es gibt inzwischen eine Vielzahl von Kandidaten.” Im laufenden Jahr schätzt der Banker den Markt von veräußerten Problemkrediten auf einen Rekordwert von 104 Mrd. Euro.Bossi zufolge besteht ein Teufelskreis zwischen NPL und Wirtschaftswachstum. Zwar sei das Problem der NPL für Italiens Banken durch den in Schwung geratenen Markt für notleidende Kredite abgeschwächt worden. Aber damit sei die schwierige Situation der Banken in Italien noch keineswegs überwunden. “Nicht nur in Italien, sondern in ganz Europa leiden die Banken an einer schwachen Profitabilität. Ohne entsprechende Gewinne können die Banken ihrer Funktion, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, nicht nachkommen.” Das entspricht der These des IWF, dass bei einem kräftigen Wirtschaftswachstum die Kreditqualität in einer Volkswirtschaft steigt.Um zukunftsfähig zu sein, sollten die Finanzinstitute ihm zufolge Standorte aufgeben: “Die Banken müssen vor allem in neue Technologien investieren, die Digitalisierung vorantreiben und ihr Filialnetz rationalisieren. Falls sie nicht Filialen schließen, müssen die Banken schließen.” Bankenrettung verteidigtDer Steuerberater und promovierte Finanzwissenschaftler hat jahrelang in Rom Finanzwissenschaften und Steuerrecht gelehrt. Heikle Bankenrettungen wie etwa die Intervention des Staates bei MPS verteidigt Bossi. “Es war die einzige Lösung. Besser wäre es gewesen, wenn die Verstaatlichung schon früher erfolgt wäre.”Seit 22 Jahren steht Bossi der 1983 von Egon von Fürstenberg gegründeten Banca Ifis vor. “Wir wollen im laufenden Jahr den Gewinn verdoppeln”, erklärt der Bankenchef. Im ersten Halbjahr 2017 stieg der Nettogewinn um 165 % auf 103,7 Mill. Euro. “Dies ist auch auf die Akquisition der im Corporate Banking tätigen Interbanca zurückzuführen”, so Bossi.