Nachhaltigkeit

Banken wenden sich von Netto-Null ab

Auf der UN-Klimakonferenz im letzten Jahr traten Banken als Mitglieder eines eigens gegründeten Clubs für klimaneutrale Finanzaktivitäten auf. Die Zeiten haben sich geändert.

Banken wenden sich von Netto-Null ab

Bloomberg Frankfurt

Auf der UN-Klimakonferenz im letzten Jahr traten Banken wie die globalen Giganten J.P. Morgan, Bank of America und Morgan Stanley, aber auch Deutsche Bank und Commerzbank als Mitglieder eines eigens gegründeten Clubs für klimaneutrale Finanzaktivitäten auf. Als Mitglieder der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ), einer Gruppe von rund 500 Finanzunternehmen, verpflichten sie sich öffentlich dazu, bis Mitte des Jahrhunderts Netto-null-Emissionen zu erreichen. Doch schon im September waren die drei Wall-Street-Banken informierten Kreisen zufolge drauf und dran, der GFANZ-Initiative den Rücken zu kehren. J.P. Morgan, Bank of America und Morgan Stanley lehnten eine Stellungnahme ab.

Ein Jahr nach COP26 scheinen einige Großbanken zu befürchten, dass sie zu früh auf den Zug aufgesprungen sind, erleben Öl- und Gasunternehmen am Markt doch einen neuen Boom.

Harald Walkate, ehemaliger Leiter des Bereichs ESG-Investitionen bei Natixis und jetzt Berater für nachhaltige Finanzen, meint, dass einigen Banken die Hände gebunden seien, da sie aufgrund ihrer treuhänderischen Pflicht den finanziellen Wert für ihre Kunden maximieren müssen. „Aus ethischer oder ideologischer Sicht mögen viele Menschen die Idee, in fossile Brennstoffe zu investieren, zwar nicht gutheißen, aber es ist sicherlich nicht illegal”, sagt er.

Die GFANZ-Mitglieder haben sich freiwillig verpflichtet, Treibhausgasemissionen bis 2050 vollständig aus ihren Bilanzen zu tilgen. Es war aber immer klar, dass es für global tätige Banken nicht einfach werden würde, Emissionen aus ihrem Geschäft zu eliminieren. Der überwiegende Teil ihres CO2-Ausstoßes stammt von Unternehmen, denen sie Kredite gewähren, was bedeutet, dass sie nur begrenzten Einfluss auf deren Geschäfte haben. Die GFANZ-Mitglieder haben mit einer Bilanzsumme von 135 Bill. Dollar auch eine Menge Kapital, das sie irgendwo einsetzen müssen – und für das es derzeit nicht genügend nachhaltige Anlagemöglichkeiten gibt.

Einige Klimaaktivisten zeigen wenig Verständnis für die neue Skepsis der Banker. Allerdings hätte wohl auch niemand erwarten sollen, dass GFANZ über Nacht erfolgreich sein würde. „Es ist unheimlich für sie“, sagt Amanda Starbuck, Leiterin des Investorenprogramms des Sunrise Project, einer Gruppe für Klimagerechtigkeit. „Es ist eine völlig neue Welt, und sie müssen sich mit der Finanzierung einer echten Revolution für saubere Energie vertraut machen.“