Bankkunden schätzen die Filiale um die Ecke
Bankkunden schätzen Filiale um die Ecke
Verbraucher betrachten Niederlassungen als Stabilitätsanker und suchen sie für komplexe Aufgaben auf, zeigt eine Studie
Ungeachtet der fortschreitenden Digitalisierung des Bankgeschäfts sind Filialen beliebt, zeigt eine Studie. In aller Welt schätzen demnach Menschen Zweigstellen ihrer Bank in ihrer Nähe, betrachteten sie sie doch als Stabilitätsanker. Anders als digitale Kanäle stellen sie persönliche Nähe her.
fir Frankfurt
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Die Mehrheit der Bankkunden fühlt sich dem Filialgeschäft verbunden und wünscht sich eine Niederlassung ihrer Hausbank in ihrer Nähe, wie eine weltweite Umfrage der Beratungsgesellschaft Accenture zeigt. Zwei Drittel sehen demnach gerne Filialen in ihrer Nachbarschaft, da sie dies als Zeichen für die Stabilität und Verfügbarkeit ihrer Bank betrachten, heißt es in der Global Banking Consumer Study, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Insgesamt 49.000 Menschen in 33 Staaten in Europa, Asien sowie Nord- und Südamerika wurden im Juli und August 2022 befragt, 2.000 davon in Deutschland.
Überall das gleiche Bild
Bemerkenswert sei, heißt es, dass Menschen aller Altersgruppen und in 29 der 33 berücksichtigten Länder diese Meinung mehrheitlich teilten. Ungeachtet oder auch gerade wegen der zunehmenden Verbreitung digitaler Kanäle zur Erledigung von Bankgeschäften und der Stutzung der Filialnetze bestehe der Wunsch, mit Mitarbeitern der Bank ins Gespräch zu kommen. Hierzulande ist der allerdings etwas weniger ausgeprägt als im Gesamtschnitt: Sehen 67% aller Befragten gerne eine Bankfiliale in ihrer Nähe, so sagen dies 54% der Deutschen. Der Aussage “Ich sehe gerne Filialen in meiner Nachbarschaft, da dies für mich die Stabilität und Verfügbarkeit des Anbieters bestätigt” stimmen sogar 68% der weltweit teilnehmenden jungen Verbraucher im Alter zwischen 18 und 24 Jahren zu. Um komplexere Dienstleistungen abzurufen, Beratungsgespräche zu führen und Probleme zu lösen, gehen der Umfrage zufolge 63% aller befragten Verbraucher in die Filiale, wohingegen dies 56% der deutschen Konsumenten von sich behaupten.
Nähe zum Kunden herstellen
In den vergangenen zwölf Monaten haben Menschen Accenture zufolge Filialen mehr als jeden anderen Vertriebskanal der Banken genutzt, um Konten zu eröffnen, sich beraten zu lassen und neue Produkte zu erwerben. Es zeige sich, dass die meisten Verbraucher die digitalen Kanäle ihrer Bank nur für schnell zu erledigende funktionale Aufgaben nutzten wie die Abrufung des Kontostands. 63% nehmen dafür ihr Mobiltelefon in die Hand. Die Filialen bieten Banken mithin zu wenig genutzte Chancen, Nähe und persönliche Gespräche mit den Kunden zu beleben, um nachhaltige Beziehungen aufzubauen, die Loyalität und Vertrauen schaffen.
Andreas Staudinger, Managing Director für Financial Services bei Accenture in Deutschland, Österreich und der Schweiz, plädiert dafür, die Filialen als Beratungszentren neu zu positionieren. „Höhere Lebenshaltungskosten und steigende Zinssätze belasten Kunden aller Altersgruppen – und führen dazu, dass diese sich vermehrt mit ihren Banken in Verbindung setzen und das Gespräch suchen. Banken sollten darauf reagieren und die Konzepte ihrer verbliebenen Filialen neu denken. Der Einsatz von Technologien spielt hier eine entscheidende Rolle und hilft den Filialmitarbeitenden dabei, moderne Kundenbeziehungen aufzubauen und das Kundenerlebnis zu verbessern.“
Es zeigt sich laut Studie, dass die Digitalisierung die persönliche Interaktion zwischen Bank und Kunde verringert habe. 44% der Verbraucher weltweit zwischen 18 und 44 Jahren hatten demnach Schwierigkeiten, menschliche Unterstützung zu erhalten, wenn sie sie benötigen. Rund 30% der Befragten insgesamt wie in Deutschland bewerteten den Kundenservice ihrer Hausbank als exzellent. “Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die digitalen Kanäle zwar funktional korrekt sind, aber emotional entleert sind”, resümieren die Autoren der Studie. Sie trügen nicht dazu bei, tragfähige Bindungen zu schaffen, die über reine Transaktionen hinausgehen.
Lediglich 23% der Bankkunden weltweit (19% in Deutschland) stuften das Produkt- und Dienstleistungsangebot und ein gutes Fünftel die Kompetenz der Finanzberatung ihrer Hausbank als hoch ein. Und nur etwa jeder Vierte fühlt sich von seiner Bank “sehr gut” im Fall von wichtigen Änderungen der finanziellen Situation betreut. Kein Wunder also, befinden die Studienautoren, dass sich die Kundschaft neue Anbieter suche. So hätten 59% in der jüngeren Vergangenheit eine Finanzdienstleistung von einem anderen Anbieter als ihrer Hauptbank abgerufen, wobei 52% insgesamt und 40% in Deutschland dafür eine Digitalbank nutzten.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass mindestens 30% der Erträge des Bankensektors aus dem Zahlungsverkehr, von Krediten und Kreditkarten über Nicht-Finanzdienstleister erzielt worden seien. Tendenz steigend. Es zeigt sich aber auch, dass die meisten Verbraucher nur dann klassische Bankprodukte wie Kredite und Girokonten von bankfremden Dritten erwerben wollen, wenn traditionelle Banken zumindest beteiligt sind.
Klarheit vonnöten
“Unabhängig vom Alter ist die Wahrscheinlichkeit, dass Verbraucher Bankprodukte kaufen, die in Nichtbank-Kanäle eingebettet sind, etwa 2,5-mal höher, wenn das Produkt in Zusammenarbeit mit einer Bank verwaltet wird”, heißt es. Damit solche Angebote von Erfolg gekrönt seien, müsse Kunden absolute Klarheit über die Rollen der Bank und der Dritten gewährt werden. Auch müsse Gewissheit herrschen, dass sie sich bei Problemen an Ansprechpartner wenden können.