BBVA drängt mit Macht in den deutschen Retailmarkt
BBVA drängt mit Macht
in deutschen Retailmarkt
Kostenvorteile ermöglichen spanischer Bank Kampfkonditionen zum Start
fir/fed Frankfurt
Nebenstehender Kommentar
Artikel Seite 5
Die spanische BBVA fordert die hiesigen Retailinstitute heraus. Anlässlich des Markteintritts der digitalen Bank für Privatkunden in Deutschland bieten die Spanier Kampfkonditionen an wie etwa ein dauerhaft kostenloses Girokonto plus Girokarte. Das Guthaben wird für zwölf Monate zu 3% verzinst, ein Angebot, mit dem sie sich hierzulande von anderen Instituten abhebt.
Alle Retailanbieter als Konkurrenten
BBVA gehört zu den kosteneffizientesten Banken Europas, die Cost-Income-Ratio liegt unter 40%. Das erlaubt es ihr, deutschen Retailinstituten den Kampf anzusagen, allen voran Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sie beherrschten nach wie vor große Teile des Marktes, führte Vorstandschef Onur Genç in Frankfurt aus. Auch den etablierten Großbanken wolle man Marktanteile abjagen, womit beispielsweise Deutsche Bank, Commerzbank, HVB und ING gemeint sind. Schließlich erwähnte Genç neuere digitale Banken, mit denen er Akteure wie N26 und Revolut im Blick haben dürfte. „Für jede dieser Gruppen sind wir Konkurrenten“, sagte der CEO der spanischen Großbank, die in gut 25 Staaten aktiv ist und fast 80 Millionen Kunden hat. Auftrumpfen wollen die Spanier mit besseren Preisen, einem besserem Kundenerlebnis und einem größeren Produktangebot als Wettbewerber.
Ertragspotenzial im Privatkundengeschäft von 76 Mrd. Euro
Der deutsche Markt ist wegen seiner Größe hart umkämpft und zieht eine Vielzahl von ausländischen Größen an. So steht auch der baldige Marktantritt der Retail-Digitalbank Chase von J.P. Morgan an. Das Ertragspotenzial im hiesigen Privatkundengeschäft gibt die Beratungsgesellschaft ZEB für 2024 mit 76 Mrd. Euro an.
Am gesamten Kreditgeschäft in Deutschland halten Sparkassen und Landesbanken laut PwC zusammen einen Marktanteil von einem Drittel, die Kreditgenossen von 18%. Ein weiteres Drittel kommt von den Privatbanken. Die sind im Einlagengeschäft mit einem Marktanteil von 42% stärker, wobei es die öffentlich-rechtlichen Institute auf 31% bringen und die Genossenschaftsbanken auf knapp ein Fünftel.
Nach sechs bis acht Jahren Profitabilität angestrebt
BBVA-Chef Genç beteuerte, den Schritt nach Deutschland als Langristprojekt anzugehen. „Das ist für uns keine Sache von einem oder zwei Jahren.“ Profitabilität werde in einem Zeitraum von sechs bis acht Jahren angestrebt. Sein Haus werde künftig das komplette Retail-Angebotsspektrum anbieten. „Im ersten Jahr mag das ein Verlustgeschäft sein, aber mit der Zeit, wenn wir alle anderen Produkte anbieten, werden wir Geld verdienen.“ Da die App für den deutschen Markt im Grunde der in Spanien oder Italien verwendeten gleiche, seien die Fixkosten vernachlässigbar. Die hohen variablen Kosten in Form des dreiprozentigen Zinssatzes rechtfertigt Genç mit der Erwartung, Kunden für andere Produkte zu gewinnen.
Von den etablierten Wettbewerbern hat in der Vergangenheit vor allem die ING mit Zinsaktionen von sich Reden gemacht und eine Vorreiterrolle im Markt eingenommen. Die Zahl der Privatkunden hat sie so auf mittlerweile 10 Millionen gesteigert, allein im vergangenen Jahr kamen netto gut 570.000 neue Kunden hinzu.
Zeitgleich zum Markteintritt der Spanier in Deutschland gab es regulatorische Fortschritte auf dem Weg zu einer europäischen Bankenunion. Rat und EU-Parlament einigten sich auf eine Reform des EU-Abwicklungsregimes für angeschlagene Institute. Künftig können darunter auch mittelgroße Banken fallen.