Nadia Humphreys

Bericht zur Taxonomie zeigt viele Baustellen auf

Die EU-Expertengruppe Platform on Sustainable Finance hat einen Zwischenbericht über die Fortschritte bei der Taxonomie vorgelegt. Nadia Humphreys über die wichtigsten Punkte.

Bericht zur Taxonomie zeigt viele Baustellen auf

wbr Frankfurt -– Die Platform on Sustainable Finance hat einen Zwischenbericht über die Taxonomie und die Verwendung von Daten und deren Nutzbarkeit im Rahmen der EU-Taxonomie vorgelegt. Die Taxonomie-Verordnung enthält die Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können.

Ziel der Taxonomie ist es, ein einheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit zu schaffen. Auf der Basis der Taxonomie werden in den kommenden Jahren eine Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen verabschiedet, die ebenfalls die Entwicklung zum nachhaltigen Wirtschaften forcieren.

Mehrere Taxonomien

In dem jetzt vorgelegten Bericht über die erste Phase der Umsetzung der EU-Taxonomie sind mehr als 200 Einzelempfehlungen enthalten, um den Nutzen der Taxonomie zu erhöhen und die Stimmigkeit des Rahmenwerks für Nachhaltigkeitsberichte zu verbessern. „Die Plattform gab Empfehlungen für die Entwicklung einer Äquivalenzregelung ab, um zu verhindern, dass Unternehmen nach mehreren Taxonomien berichten müssen, um Zugang zu internationalem Kapital zu erhalten“, sagt Nadia Humphreys, die bei Bloomberg im Bereich Nachhaltigkeit tätig ist und im Rahmen ihrer Arbeit für die EU-Ko-Berichterstatterin der Expertengruppe Platform of Sustainable Finance. Eine Äquivalenz würde es beispielsweise einem südafrikanischen Unternehmen ermöglichen, nach seiner nationalen Taxonomie zu berichten und von einem europäischen Investor als berichtspflichtig angesehen zu werden. Die Plattform empfiehlt, dass die Europäische Kommission ihre Rolle international stärker nutzt, um dies zu erreichen.

„In Bezug auf Schwellenländer wird empfohlen, die Anforderungen an die Taxonomie anzupassen. Die EU-Taxonomie stützt sich auf die EU-Gesetzgebung, die nicht an die Komplexität der Schwellenländer angepasst ist, und deshalb muss die Taxonomie verhältnismäßig sein“, so Humphreys. „Eines der größten Probleme der Taxonomie ist die mangelnde Kohärenz der Nachhaltigkeitsvorschriften. Nehmen wir das Thema ‚Do no significant harm‘ (DNSH), das in der Offenlegungsverordnung (SFDR) eine andere Bedeutung hat als in der Taxonomie. Dieser unterschiedliche Ansatz ist problematisch“, beschreibt Humphreys die Herausforderungen. Bei DNSH geht es darum, dass man mit einer Aktivität etwa beim Klimaschutz nicht in einem anderen nachhaltigen Bereich Schäden verursacht.

Die ESG-Expertin ist zudem sicher, dass die Transparenz bei Daten verbessert werden könne, ohne die Unternehmen hinsichtlich der ESG-Berichtsdaten zu überfordern. „In Anbetracht der gewaltigen Aufgabe der Umgestaltung müssen alle Interessengruppen mit ins Boot geholt werden.“ Wichtig aus Sicht der ESG-Expertin ist zudem, dass nicht alle Probleme durch Änderungen auf gesetzlicher Ebene, d. h. auf Stufe1, angegangen werden müssen. Zurückhaltend ist das Gremium auch beim Thema Prüfung. „Wir beobachten, dass es im politischen Prozess eine Präferenz gibt, zwei Prüfungsgesellschaften zu verlangen, eine für finanzielle und eine für nichtfinanzielle Daten. Dies muss nicht der Fall sein, denn die Aufgabe kann in verschiedenen Teams mit entsprechenden Qualifikationen in ein und derselben Prüfungsgesellschaft gelöst werden.“

Im Allgemeinen bestehe das Problem, dass einige ESG-Kriterien sehr schwierig zu prüfen sind. Dies gelte etwa für den Bereich der Scope-3-Emissionen, wo klare Leitlinien erforderlich seien, wie für die Verwendung von Schätzungen zum Verständnis der Emissionen in der Lieferkette, so Humphreys.

Derivate im Fokus

Mit Blick in die Zukunft rät die Platform on Sustainable Finance, dass die Berichterstattung im Rahmen der Taxonomie 2025 auf Derivate ausgeweitet werden könnte, vorbehaltlich einer Überprüfung bis 2024. Im Bericht wird diskutiert, Aktien- und Kreditderivate einzubeziehen, Zins- und Währungsderivate jedoch außen vor zu lassen, so Humphreys, die allerdings bei Derivaten noch viele offene Fragen sieht. „Der Bericht enthält jedoch keine konkreten Empfehlungen dazu, wie die Taxonomie-Anpassung von Derivaten gemeldet werden soll.“