Auslandsbanken

Bethmann Bank verschmilzt auf ABN Amro

ABN Amro folgt dem Beispiel von Auslandsbanken wie HSBC oder SEB und gliedert die deutsche Tochter in den Konzern ein. Country Executive Hans Hanegraaf erhofft sich neben Einsparungen vor allem eine Verzahnung von Private Banking und Kreditgeschäft.

Bethmann Bank verschmilzt auf ABN Amro

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Im September werden gut 300 Jahre Bankgeschichte recht profan enden: Die Bethmann Bank AG, deren Vorgängerinstitut Delbrück & Co 1712 gegründet wurde, wird von einer Tochter des ABN-Amro-Konzerns zu einem Teil von dessen Frankfurter Niederlassung und damit auch vom Radar der BaFin verschwinden und vielmehr ein Fall für die Aufsicht in den Niederlanden. Die Beschäftigten von Bethmann wurden am Dienstag über die Umstrukturierung informiert.

Weil es sich mit der Integration der deutschen Private-Banking-Tochter in die ABN Amro Bank N.V. Frankfurt Branch, eine Zweigniederlassung des niederländischen Konzerns nach §53b KWG, um einen grenzüberschreitenden Merger handelt, müssen zunächst die Aktionäre von ABN Amro auf einer außerordentlichen Hauptversammlung, die im September stattfinden soll, grünes Licht geben. Die europäische Bankenaufsicht muss der Umstrukturierung, deren Abschluss die Bank fürs Schlussquartal ins Auge fasst, noch zustimmen. „Ich kann nur Vorteile erkennen“, erklärt Hans Hanegraaf, Vorstandschef der Bethmann Bank, der Börsen-Zeitung: „Die Marke Bethmann Bank bleibt, wie sie ist. Das wird sich nicht ändern.“ Ein Stellenabbau im Zuge der Verschmelzung sei nicht geplant, betont er.

Schwer im Trend

Umwandlungen von Töchtern in Niederlassungen sind im unter Kostendruck stehenden Bankensektor schwer in Mode. Schwedens SEB sowie HSBC haben es mit der Integration ihrer Deutschland-Einheiten vorgemacht. Die Umwandlung der Bethmann Bank sei keine Restrukturierung, sagt Hanegraaf. Seinen Angaben zufolge wird ABN Amro künftig pro Jahr einen hohen einstelligen Millionenbetrag einsparen, wenn Bethmann keine separate Banklizenz mehr hat.

Von der Restrukturierung erhofft sich die Bank neben Kostensenkungen eine deutliche Reduktion der Komplexität. Im Zuge diverser Übernahmen in der Vergangenheit hat sich einiges an gewachsener Struktur entwickelt, das nun begradigt werden soll. 2004 hatte die HypoVereinsbank die Bethmann Bank an ABM Amro verkauft. Später war das Haus mit Delbrück zu Delbrück Bethmann Maffei fusioniert und hatte im Weiteren Aktivitäten der LGT sowie von Credit Suisse übernommen. Erste Schritte der Verschlankung sind getan. So schaffte ABN Amro im Juni vergangenen Jahres ihre ABN Amro Holding (Deutschland) GmbH ab.

Zunächst einmal hat das Vorhaben freilich gekostet. Geschlagene drei Jahre lang hat Bethmann jeweils mit Millionenaufwand am Umbau ge­werkelt. Unter anderem galt es zu verhindern, dass die Veränderung der rechtlichen Struktur etwa die Mitgliedschaft in der Einlagensicherung der privaten Banken zu gefährden droht. Diesem Risiko sah sich dem Vernehmen nach vorübergehend Merck Finck unversehens ausgesetzt, als sie unter das Dach des luxemburgischen Private-Banking-Konglomerats Quintet schlüpfte. So hat für Bethmann-Kunden die Sicherungsgrenze von jeweils 62 Mill. Euro pro Kunde weiter Bestand, wie auch Merck Finck unverändert Teil der Einlagensicherung ist.

Mit dem Umbau verbindet Bethmann die Hoffnung auf einen Schub im Kreditgeschäft mit deutschen Kunden: „Wir wollen lokales Kreditgeschäft generieren, um das Ergebnis stabiler zu machen und unsere Liquidität lokal zu nutzen, anstatt sie gegen eine Prämie an die Zentrale in Amsterdam abzugeben“, erklärt Hanegraaf. Angesichts eines im Zinstief unter Druck stehenden Zinsüberschusses hatte sich Bethmann vor Jahren auf die Fahnen geschrieben, das Kreditgeschäft zu forcieren, um die Erträge zu erhöhen. 2021 dann stellte die Bank ein Dutzend Betreuer ein, um ein Exposure gegenüber Unternehmenskunden aufzubauen und zugleich das Private Banking fortzuentwickeln. Nun sieht der Plan vor: Operieren Bethmann und die Frankfurter ABN-Niederlassung, die für den Konzern das Corporate Banking in Deutschland betreibt, nach Integration der Bethmann Bank unter einem Dach, können sich die in Diensten des Private-Banking-Anbieters stehenden Betreuer sowie die Corporate-Banker von ABN Amro besser koordinieren. Unternehmer etwa, die sich über ABN Amro finanzieren, sollen zugleich Bethmann ihr Vermögen zur Verwaltung anvertrauen. „Wir wollen mit dem Corporate Banking der ABN-Amro-Niederlassung Unternehmer betreuen und finanzieren, am liebsten aus einer Hand“, sagt Bethmann-Chef Hane-graaf, der als Country Executive zudem sämtliche Geschäftsaktivitäten der ABN Amro in Deutschland verantwortet. Schon jetzt seien beide über ihre Bilanzen stark miteinander verbunden.

Auch andere Häuser wie die Commerzbank haben sich in den vergangenen Jahren bemüht, auf diese Weise das Firmenkundengeschäft und das Private Banking zu verzahnen. Es gibt allerdings Unternehmer, die jeweils separate Bankbeziehungen vorziehen, um etwa zu vermeiden, dass eine Bank auf ihr persönliches Vermögen als Sicherheit für eine Unternehmensfinanzierung zurückgreifen will.

Dass Unternehmer deshalb als Kunden abspringen werden, glaubt Hanegraaf nicht. Sicherlich hätten Kunden unterschiedliche Präferenzen. Die vorab eingeholte Resonanz auf den Plan der Restrukturierung sei aber positiv ausgefallen: 60% der Befragten mochten demnach die Idee. Auch habe sich das Konzept in Frankreich bereits bewährt, in den Niederlanden führten die meisten Kunden ebenfalls parallele Konten. Man fokussiere sich auf Familienunternehmen, die man gemeinsam besser betreuen könne.

Das Rating verbessert sich

Zudem verspricht sich Bethmann infolge der Integration Vorteile bei Kapitalmarktgeschäften und Privatplatzierungen: Künftig könne man Private-Banking-Kunden bei von ABN begleiteten Börsengängen oder Kapitalerhöhungen als Investoren berücksichtigen, heißt es. Dies sei bisher nicht möglich gewesen. Auch profitiere Bethmann infolge der Integration des Single-A-Ratings des Konzerns, das höher als jenes der Tochter liegt. Generell wird die Bethmann Bank dann auch größere Kreditengagements eingehen können, welche ihre Bilanz derzeit überfordern würden. Noch muss in solchen Fällen die Frankfurter ABN-Amro-Niederlassung der laut Offenlegungsbericht 2019 mit rund 400 Mill. Eigenkapital ausgestatteten Tochter mit Bürgschaften aushelfen, wie der Manager berichtet. Für Bethmann ist es nicht der erste Integrationsschritt. Vor Jahren schon hatte die Bank mit anderen Wealth-Management-Einheiten des niederländischen Konzerns in Europa in eine gemeinsame Kerninfrastruktur investiert. Was die aufsichtliche Struktur angeht, herrscht bei den Private-Banking-Management-Aktivitäten in Europa allerdings noch Kraut und Rüben. So steuern in Belgien und in den Niederlanden die jeweiligen Niederlassungen das Wealth Management; in Frankreich obliegt dies wiederum einer unter der Marke Neuflize operierenden Tochter.

Angesichts einer in den vergangenen Monaten kräftig anziehenden Nachfrage nach Krediten durch Unternehmen scheint der Zeitpunkt der Bethmann-Integration und des Vorstoßes ins Kreditgeschäft günstig. Um sich im gleichwohl überlaufenen Markt des Firmenkundengeschäfts abzuheben, konzentriert sich ABN Amro auf die drei Sektoren Energie, Mobilität und Digitales.

Während sich die Corporate-Banker von ABN Amro dem Konzept zufolge weiter um Großkunden kümmern, sollen die in Frankfurt, Hamburg und München ansässigen Betreuer des neuen Teams Enterprise Entrepreneur (E&E) in erster Linie den klassischen deutschen Mittelständlern neben Wealth-Management- auch Corporate-Banking-Dienste anbieten. Die Privatkundenbetreuer und das E&E-Team seien beide Teil des Bethmann-Vertriebs und damit in einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung erfasst, antwortet die Bank auf die Frage, wie sie im Falle gemeinsam akquirierter Mandate die Erträge aufteilen will. Innerhalb der Bethmann Bank gebe es Team- bzw. Standortziele, so dass eine Aufteilung nicht notwendig sei.

Die Bethmann Bank beschäftigt derzeit 108 Kundenbetreuer und zwölf Leute in Leitungsfunktionen. Hinzu kommen zwölf Mitglieder der Initiative E&E; ihre Zahl soll in einem ersten Schritt auf 15 steigen. Bei ABN Amro Deutschland arbeiten im Corporate & Institutional Banking rund 100 Leute, darunter 30 Berater. Insgesamt zählt Bethmann etwas mehr als 500 Beschäftigte, die ABN-Amro-Niederlassung 268. Er sehe viele Synergien, sagt Hanegraaf.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.
Es wurden keine Inhalte gefunden, die den Filterkriterien entsprechen.