Bewertungsexplosion und Schmusekurs

Von Bernd Neubacher, Frankfurt Börsen-Zeitung, 18.2.2020 Für Aktionärsaktivisten gehört es zum Tagesgeschäft, den Wert von Sparten, deren Veräußerung sie fordern, hochzureden. Dies ist im Drehbuch schließlich die erste Eskalationsstufe der...

Bewertungsexplosion und Schmusekurs

Von Bernd Neubacher, FrankfurtFür Aktionärsaktivisten gehört es zum Tagesgeschäft, den Wert von Sparten, deren Veräußerung sie fordern, hochzureden. Dies ist im Drehbuch schließlich die erste Eskalationsstufe der Auseinandersetzung, bevor man den Vorstand des Unternehmens als unfähig hinstellt und eine außerordentliche Hauptversammlung oder Sonderprüfung fordert. Auch in der Auseinandersetzung um Aareon, die Software-Tochter der Aareal Bank, haben die Dinge zu Beginn den bekannten Verlauf genommen. So wurde aus dem Umfeld des Hedgefonds Teleios Capital Partners schon gestreut, man sei mit Blick auf die prozessuale Integrität der Entscheidungsfindung des Managements besorgt, nachdem man mit der Forderung, einen Verkauf Aareons zu prüfen, abgeblitzt war. Je länger die beiden Hedgefonds Teleios und Petrus Advisers ihre Beteiligungen von rund 5 % sowie über 3 % halten, umso stärker haussiert unterdessen der gefühlte Wert des Dienstleisters für die Immobilienbranche. Zunächst maß Teleios im September der Sparte, die in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres 13 % zum Ergebnis des Konzerns beitrug, einen Wert von 700 Mill. bis 1 Mrd. Euro zu, womit auf die Tochter immerhin 38 % bis 55 % des Börsenwerts des Aareal-Bank-Konzerns entfielen. So bescheiden gibt sich Petrus Advisers nicht. Wie Gründer Klaus Umek Bloomberg gesagt hat, wird der “Software-Bereich sehr wahrscheinlich bald mehr wert sein als die Bank” – nach Stand vom Montag waren dies knapp 1,9 Mrd. Euro und ein Wertzuwachs für Aareon um 90 % bis 170 % binnen fünf Monaten. Analysten hatten Aareon eher bei rund 450 Mill. Euro verortet. Wie auch immer.Interessanter ist Umeks Aussage, er fordere “keine sofortige Abspaltung von Aareon oder sage, dass die Aareal da komplett raus muss”. Man könnte aber einen Partner an Bord holen, “etwa aus dem Software-Bereich”, und er befinde sich im Gespräch mit dem Management, welches das Potenzial von Aareon erkannt habe. Ob die Aareal Bank, die im Mai 2019 eigens ein Investorenseminar zu Aareon veranstaltet hatte, Umek nötig hat, um den Wert Aareons zu erkennen, steht dahin. Relevant ist, dass sich zumindest die Positionen von Petrus und des Konzerns im Disput um die Zukunft der Tochter nunmehr decken: Schmuse- statt Konfrontationskurs ist angesagt.Denn der Immobilienfinanzierer hat sich bewegt. Hatte er zunächst betont, Aareon sei “integraler Bestandteil” der Gruppe, so hieß es Mitte Januar auch, zusätzliches Wachstum sei im Rahmen “gezielter M&A-Aktivitäten” vorgesehen, und das Programm “Aareal Next Level” solle der Gesellschaft “auch neue strategische Optionalitäten für die Gruppe” erschließen. Da hält sich eine Bank die Tür für Investments durch einen strategischen Partner offen, der, soll dessen Einstieg Sinn haben, wie von Umek skizziert “etwa aus dem Software-Bereich” kommen dürfte.—— Petrus Advisers und Aareal Bank bewegen sich aufeinander zu.——