Bieterstreit wird zum Politikum

Offerte der chinesischen Ant Financial für Moneygram schürt Sorgen vor ausländischer Kontrolle

Bieterstreit wird zum Politikum

Von Stefan Paravicini, New YorkDie Offerte der chinesischen Ant Financial für den US-Zahlungstransferdienst Moneygram schürt Sorgen vor ausländischer Kontrolle über kritische Infrastruktur. Die Einkaufstour chinesischer Unternehmen in den USA wird künftig noch öfter auf politische Hindernisse stoßen. Brief an FinanzministerWenige Tage vor dem Besuch des chinesischen Staatschefs Xi Jinping bei US-Präsident Donald Trump in Florida wird die knapp 900 Mill. Dollar schwere Übernahmeofferte des chinesischen ZahlungsdienstleistersAnt Financial für den US-Zahlungstransferdienst Moneygram zum Politikum. Zwei Abgeordnete des Repräsentantenhauses fordern in einem offenen Brief an Finanzminister Steven Mnuchin, dass die Regierung die Offerte einer “vollständigen und gründlichen” Prüfung unterziehen solle. “Die Offerte rechtfertigt eine umsichtige Evaluierung, da eine Übernahme China Zugang zur Finanzinfrastruktur der USA verschaffen würde”, schreiben der Kongressabgeordnete Kevin Yoder, ein Republikaner aus dem Bundesstaat Kansas, und die Kollegin Eddie Bernice, die für die Demokratische Partei den Bundesstaat Texas repräsentiert. Das würde “erhebliche nationale Sicherheitsrisiken” mit sich bringen, erklären die Abgeordneten. Das Stichwort nationale Sicherheit ist mit Bedacht gewählt, kümmert sich um solche Fragen im Zusammenhang mit ausländischen Investitionen doch der ressortübergreifende Regierungsausschuss CFIUS (Committee on Foreign Investment in the United States). Nachdem chinesische Investoren im vergangenen Jahr Deals mit einem Rekordvolumen von knapp 250 Mrd. Dollar im Ausland abgeschlossen haben, ist der Ruf nach einer härteren Gangart mit Blick auf Übernahmen aus China auch in den USA spürbar lauter geworden. Zwar machten die Übernahmen unter chinesischer Beteiligung in den Jahren 2012 bis 2014 bereits gut ein Fünftel aller Fälle aus, die das CFIUS überprüft hat. Während sich die Zahl der abgeschlossenen Übernahmen chinesischer Investoren in den USA in dieser Zeit allerdings von 35 auf 100 fast verdreifacht hat, unterzog das Gremium 2014 nur 24 dieser Transaktionen einer genaueren Überprüfung – 2012 waren es 23. Strengere KriterienBereits im Herbst hatte sich ein gutes Dutzend Kongressabgeordneter der Republikanischen Partei in einem Schreiben an den überparteilichen Rechnungshof des Kongresses GAO (Government Accountability Office) dafür ausgesprochen, dass das CFIUS strengere Kriterien bei der Bewertung von Übernahmegesuchen aus China anlegen müsse. Auf Betreiben von 20 Abgeordneten des Repräsentantenhauses, darunter auch zwei Demokraten, wird aktuell die Arbeit des CFIUS überprüft. Der Bericht dazu wird bis zur Jahresmitte erwartet und dürfte als Grundlage dafür dienen, das Mandat des Gremiums über die Belange der nationalen Sicherheit hinaus zu erweitern. Dass auch die nationale Sicherheit im Zweifel ein weites Gebiet abdeckt, weiß freilich nicht nur der Schweizer Agrarchemiekonzern Syngenta, dessen Übernahme durch Chemchina wegen der betroffenen US-Aktivitäten vom CFIUS überprüft wurde, sondern auch der niederländische Technologiekonzern Philips, der 2015 seine Autoscheinwerfer der Marke Lumileds bereits nach China verkauft hatte, wegen der betroffenen Patente aus den USA aber noch am Einspruch des CFIUS scheiterte.Die US-Regierung wird künftig noch häufiger das Zünglein an der Waage spielen, wenn es um Übernahmen aus dem Ausland und insbesondere auch China geht. Dabei ist es gar nicht unbedingt erforderlich, dass das CFIUS eine Untersuchung einleitet. Im Bietergefecht unterlegenZuletzt waren Investoren aus China in einzelnen Fällen im Bietergefecht um US-Unternehmen auch mit den höheren Angeboten gescheitert, weil die Zielgesellschaften das Risiko einer Untersuchung der Behörde und damit verbunden ein mögliches Scheitern mit ins Kalkül zog. Euronet Worldwide aus Kansas, die im März ein Konkurrenzangebot für Moneygram abgegeben hat, weist in ihrer Offerte denn auch auf ihre im Vergleich mit Ant Financial besseren Chancen für einen Abschluss der Transaktion hin. Von Jack Ma kontrolliertDie ehemalige Zahlungstochter des chinesischen Internetkonzerns Alibaba wird mehrheitlich von Alibaba-Gründer Jack Ma kontrolliert, Peking hält indirekt knapp 15 %, übt in den Gremien des Unternehmens laut Medienberichten aber keinen unmittelbaren Einfluss aus. Der Zahlungsdienstleister wurde 2011 auch deshalb von der Muttergesellschaft abgetrennt, um den 2014 erfolgten Börsengang von Alibaba in New York nicht zu gefährden. Die chinesische Regierung hatte Bedenken angemeldet, dass der größte chinesische Online-Zahlungsabwickler als in den USA notiertes Unternehmen zu tiefe Einblicke in die Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft gewähren würde, wie es in Berichten rund um das IPO hieß. Ant Financial, deren Wert von Marktbeobachtern auf bis zu 75 Mrd. Dollar veranschlagt wird, gilt mittlerweile selbst als Kandidat für ein IPO, das noch 2017 in Hongkong über die Bühne gehen könnte.