"Blackrock-Ausnahme" im EU-Lieferkettengesetz wackelt
"Blackrock-Ausnahme" im EU-Lieferkettengesetz wackelt
„Blackrock-Ausnahme“ wackelt
Parlamentsmehrheit zum EU-Lieferkettengesetz ruft Fondsindustrie auf den Plan
rec Brüssel
Der Finanzsektor ist in die Pläne für ein EU-weites Lieferkettengesetz einbezogen. Während sich die EU-Staaten nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten, macht das Europaparlament Ernst. Auch Vermögensverwalter sind Teil der Überlegungen. Deswegen schaltet sich der Fondsverband BVI ein.
Im Ringen um ein EU-weites Lieferkettengesetz stehen Ausnahmen für Vermögensverwalter und Fondsanbieter auf der Kippe. Die EU-Staaten setzen sich dafür ein, das Europaparlament lehnt eine „Blackrock-Ausnahme“ in seiner gerade beschlossenen Verhandlungsposition ab. In der Fondsbranche sorgt die Entwicklung für Unruhe. Verbraucherschützer halten den vom Parlament gewählten Ansatz hingegen für ausgewogen.
Nach viel Hin und Her hat eine Mehrheit der Abgeordneten den Weg freigemacht für Verhandlungen mit den EU-Staaten. Die EU-Kommission hatte vor einem Jahr einen Vorschlag für Sorgfaltspflichten in globalen Lieferketten vorgelegt, der seitdem kontrovers diskutiert wird. Der Finanzsektor ist in die Pläne ausdrücklich einbezogen, anders als dies beim deutschen Lieferkettengesetz der Fall ist.
Mit dem Lieferkettengesetz will die EU-Kommission Unternehmen in die Pflicht nehmen, auf den Schutz von Menschenrechten und Umwelt in ihren internationalen Geschäftsbeziehungen zu achten. Umstritten ist, inwieweit das auch für Banken und andere Finanzdienstleister gelten soll. Für EU-Justizkommissar Didier Reynders ist klar: „Wegen der engen Verbindung zu seinen Kunden ist der Finanzsektor für das Vorhaben von überragender Bedeutung.“
„Schlüsselrolle“ für Finanzsektor
Die EU-Staaten konnten sich nicht auf eine gemeinsame Linie einigen, zu weit gehen ihre Vorstellungen auseinander. Für den SPD-Europaabgeordneten René Repasi kommt der Finanzbranche eine Schlüsselrolle zu: „Eine Ausnahme des Finanzsektors, wie sie im Rat durchgesetzt wurde, haben wir gegen den Widerstand von Konservativen und Rechtsextremen verhindert und damit dem massiven Lobbying der Banken und Investoren einen Strich durch die Rechnung gemacht.“
Auch die berüchtigte „Blackrock-Ausnahme“ ist nun Gegenstand weiterführender Verhandlungen. Sie ist im Europaparlament durchgefallen. Der weltgrößte Vermögensverwalter hat Vorbehalte gegen das Gesetz, nun protestiert auch der Fondsverband BVI: „Die Ausweitung der Sorgfaltspflichten im Rahmen der EU-Lieferkettenrichtlinie ignoriert den Unterschied von Assetmanagern als Unternehmen und als Investoren“, sagt ein BVI-Sprecher. „Im Gegensatz zu ihrem Vertragsverhältnis gegenüber einem Dienstleister haben Assetmanager als Investoren nur eingeschränkte Einflussmöglichkeiten und Mitspracherechte.“
Der für den Finanzsektor zuständige Berichterstatter Repasi lässt den Einwand nicht gelten. Ihm zufolge sind die Sorgfaltspflichten abgestuft: Blackrock und Co. sollten auf Entscheidungen von Unternehmen, in die sie investiert haben, Einfluss nehmen – etwa indem sie auf deren Hauptversammlung das Wort ergreifen. „Die Möglichkeiten, auf eine andere Partei Einfluss zu nehmen, beschränken sich nicht auf Vertragsverhältnisse.“
Auch Vincent Vandeloise von der branchenkritischen Organisation Finance Watch findet, das Parlament trage den Besonderheiten im Investmentgeschäft Rechnung. Sorgfaltspflichten würden hier „gesondert berücksichtigt“. Banken will das Parlament verpflichten, Kreditnehmer im Einzelfall auf Verstöße gegen Menschenrechte oder Umweltstandards zu prüfen.
„Widersprüchliche Vorschriften“
Der BVI stößt sich außerdem an „doppelten, im Detail widersprüchlichen Vorschriften“. Die EU-Offenlegungsverordnung sehe bereits Sorgfaltspflichten für Assetmanager bei Investitionsentscheidungen vor. Sie sei besser auf die Besonderheiten der Fondsbranche zugeschnitten. Vandeloise von Finance Watch wendet ein, beide Regelwerke ergänzten einander. Die Lieferkettenrichtlinie decke hauptsächlich Verstöße gegen Menschenrechte und internationale Umweltstandards ab. Im anderen Fall gehe es darum, getätigte Investitionen auf Aspekte der Nachhaltigkeit hin zu erfassen.
