Im InterviewLars Machenil, BNP Paribas

„BNP Paribas hat für Deutschland große Ambitionen“

Frankreichs größte Bank setzt auf den deutschen Markt. Mit gezielten Akquisitionen wie zuletzt von Axa Investment Managers will BNP Paribas bestehende Aktivitäten ausbauen. Mit einer grenzüberschreitenden Konsolidierung des europäischen Bankensektors rechnet Finanzchef Lars Machenil jedoch nicht so schnell.

„BNP Paribas hat für Deutschland große Ambitionen“

„BNP Paribas hat für Deutschland große Ambitionen“

Finanzchef sieht Chancen etwa in Commercial Banking und Vermögensverwaltung – Baldige grenzüberschreitende Konsolidierung hält er für unwahrscheinlich

Frankreichs größte Bank setzt auf den deutschen Markt. Mit gezielten Akquisitionen wie zuletzt von Axa Investment Managers will BNP Paribas bestehende Aktivitäten ausbauen. Mit einer grenzüberschreitenden Konsolidierung des Bankensektors rechnet Finanzchef Lars Machenil jedoch nicht so schnell.

Herr Machenil, das wirtschaftliche und politische Umfeld ist immer mehr von Unsicherheiten geprägt. Was bedeutet das für den Ausblick von BNP Paribas?

Wir sind eine paneuropäische Bank, und 70% unserer Bilanz ist in Europa. Wir erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt in Europa im Schnitt um 1% wachsen wird, aber wir denken, dass negative Auswirkungen durch die Investitionen, die Europa vornehmen will, mehr als wettgemacht werden. Der Kontinent bestätigt, dass er mehr in Infrastruktur, Digitales, Verteidigung und Energieumwandlung investieren will, wie zu sehen ist am deutschen Investitionsplan. Damit und mit unserer starken europäischen Kundenbasis im Hinterkopf, sehen wir keine wesentlichen Auswirkungen des unsicheren Umfeldes auf unseren Ausblick.

Was für ein Wachstum peilen Sie an?

Wir sind eine Bank, die in der Lage ist, Cross-Selling zu betreiben, und wir sind in Europa mit der gesamten Palette an Dienstleistungen für Privat-, Firmen- und institutionelle Kunden einzigartig positioniert. Deshalb können wir stärker als das europäische BIP wachsen. Wir erwarten, dass unsere Einnahmen um 4% wachsen. Dank unseres rigorosen Kostenmanagements behalten wir eine positive Kosten-Preis-Schere bei, sodass wir unter dem Strich mit einem Wachstum von 7% rechnen. Das Ergebnis je Aktie wird dank unseres Rückkaufprogramms um 8% wachsen. Das ist unser Horizont für dieses und nächstes Jahr.

Wie wirkt sich die Handelspolitik der neuen US-Regierung aus?

Die Strafzölle könnten einige Geschäfte etwas verlangsamen. Einige Unternehmen nehmen sich mehr Zeit für ihre Entscheidungen. Es ist nicht so, dass sie nicht mehr investieren wollen, aber sie stellen sich die Frage, wo. Das führt in einigen Bereichen zu Verzögerungen, aber auch für Aufschwung in anderen. Wir glauben, dass sich das insgesamt ausgleicht. In Europa beobachten wir, dass die Investitionen weitergehen, aber es gibt Unterschiede in den einzelnen Ländern.

Wie wichtig ist der US-Markt für BNP Paribas nach dem Verkauf von Bank of the West?

BNP Paribas profitiert von einer langen Präsenz in den USA und einem starken Corporate & Institutional Banking-Bereich, den wir weiter stärken. Unser integriertes und diversifiziertes Geschäftsmodell ermöglicht es uns, eine Vielfalt an Produkten zu verkaufen und den verschiedenen Bedürfnissen von Kunden zu entsprechen. In den USA hatten wir mit Bank of the West eine Bank, aber nicht die gesamte Palette an Produkten, sodass wir unser Modell nicht nutzen konnten und kein Cross-Selling betreiben konnten. Deshalb haben wir uns mit dem Verkauf in den USA aus dem Retailgeschäft zurückgezogen.

Und in den anderen Bereichen?

Was das Corporate & Investment Banking angeht, haben wir die Produkte, sind also aktiv in den USA. Die Märkte – Fixed Income, Aktien – sind in den USA sehr viel mehr entwickelt als in Europa. Die europäischen Kapitalmärkte sind nicht tief genug, um große europäische Konzerne zu finanzieren. Außerdem bleiben die USA ein Kernmarkt für unsere Kunden, deshalb müssen wir dort sein. Auf der anderen Seite unterstützen wir auch US-Kunden, die ihre Aktivitäten in Europa entwickeln wollen.

Hat Trumps Politik Auswirkungen für den europäischen Bankensektor?

Eine der größten Herausforderungen, vor der der europäische Bankensektor momentan steht, sind Regulierungen, vor allem regulatorische Angleichungen. Es gibt positive Zeichen, dass wir vielleicht eine gemeinsame Basis für Regulierungen finden. Zum Beispiel hat Europa entschieden, die Anwendung des FRTB, der grundlegenden Überarbeitung des Handelsbuches, zu verschieben. Das bedeutet, dass wir gleiche Wettbewerbsbedingungen mit den US-Banken behalten, die die Inkraftsetzung ebenfalls ausgesetzt haben.

Die EZB drängt beim digitalen Euro, doch Banken in Frankreich und Deutschland sind kritisch.

Zahlungen sind tatsächlich ein strategisches Thema für Europa, in das wir weiterhin investieren. Was den digitalen Euro angeht, sind die Anwendungsfälle des Projekts noch nicht klar. Außerdem sind die Kosten des Projekts sehr hoch. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem Europa massiv in vielen Bereichen investieren muss. Außerdem könnte der digitale Euro Mittel für die Finanzierung der Wirtschaft entziehen, indem er Einlagen auf den Konten der Zentralbank immobilisiert. Was uns angeht, fokussieren wir uns auf die Bereitstellung von Wero. Das haben wir seit der Gründung unterstützt. In weniger als einem Jahr haben sich schon mehr als 40 Millionen Europäer dafür registriert.

Gibt es jetzt mit der neuen US-Regierung auch neuen Schwung, um die Kapitalmarktunion voranzutreiben?

Um eine komplette Kapitalmarktunion zu bekommen, muss es eine starke Angleichung zwischen den Ländern geben, zum Beispiel beim Insolvenzrecht. Dennoch ist die Savings and Investment Union ein guter erster Schritt.

Wo sehen Sie noch Bewegung?

Europa arbeitet jetzt an mehreren Sachen, darunter mehr Kapital für Aktien anzulocken und Solvency II so anzupassen, dass Aktien und Fixed Income für Versicherungen kohärenter behandelt werden. Es wäre sehr gut, wenn das gelingen würde, weil dann mehr Kapital und mehr Instrumente für Investitionen in europäische Unternehmen zur Verfügung stünden.

Lassen Sie uns über die Konsolidierung des europäischen Bankensektors sprechen. Die EZB zumindest würde das befürworten.

Aus unserer Sicht ist eine grenzüberschreitende Konsolidierung in der momentanen Situation eher unwahrscheinlich, da viele Regulierungen in Europa noch regional sind. Ich glaube nicht, dass sich da schnell etwas ändern wird. Bei landesinternen Konsolidierungen sieht das anders aus. Es gibt rund 6.600 Banken in Europa. Deshalb wäre eine Konsolidierung in Ländern, in denen sie bisher noch nicht abgeschlossen ist, sinnvoll.

Neben Italien wäre Deutschland ein Beispiel dafür. Sie haben dort gerade das Private Banking und das Custody-Geschäft von HSBC gekauft. Planen Sie weitere Zukäufe?

Wir sind sehr glücklich, dass wir mit diesen Akquisitionen unsere Stellung in Deutschland stärken können. Wir haben auch gerade die Übernahme von Axa Investment Managers abgeschlossen. Unser Ansatz war es immer, unsere bestehenden Aktivitäten in Schlüsselmärkten unserer Gruppe durch gezielte Akquisitionen zu stärken.

Welches sind ihre Schlüsselmärkte?

Deutschland ist ein Schlüsselmarkt, für den BNP Paribas große Ambitionen hat. Wir wollen auf unseren existierenden Positionen aufbauen, zum Beispiel im Commercial Banking, bei Versicherungen, im CIB und bei der Vermögensverwaltung. Die wirtschaftliche Struktur in Deutschland ist solide, und wir glauben, dass wir weiter Marktanteile dazu gewinnen und unseren institutionellen, Firmen- und wohlhabenden Kunden dienen können.

Was sind jetzt bei der Integration von Axa IM die nächsten Etappen?

Diese Akquisition war für die gesamte Gruppe ein strategischer Schritt. Sie macht BNP Paribas zu einem der europäischen Marktführer im Asset Management – auch im langfristigen Asset Management für Versicherungs- und Pensionsfonds. Die Transaktion ist jetzt abgeschlossen und sollte bis Ende des Jahres in einer rechtlichen Fusion der beiden Einheiten führen. Es wurden bereits gemeinsame Arbeitsgruppen eingerichtet, um einen Fahrplan zu erarbeiten, der den zuständigen Arbeitnehmervertreterorganisationen vorgelegt werden wird.

Die europäischen Nato-Länder wollen mehr für Rüstung ausgeben. Erhöht BNP Paribas jetzt das Engagement in diesem Bereich?

BNP Paribas hat in Europa schon 24 Mrd. Euro in der Verteidigungsbranche in Europa eingesetzt und ist weiterhin bereit, die künftigen Bedürfnisse unserer Kunden zu unterstützen.

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz für BNP Paribas?

Technologie ist ein Schlüsselelement unserer Strategie. Wir haben in der Gruppe mehr als 800 KI-Anwendungsfälle in Produktion, um unseren Kunden neue Dienste zu bieten, die Sicherheit zu stärken und die Betriebsleistung zu verbessern. Unser Ziel ist, 2026 durch neue Einnahmen, Effizienzsteigerungen und ein verbessertes Risikomanagement 750 Mill. Euro an Wert zu schaffen. Natürlich werden alle Technologien inklusive KI in einem sicheren Umfeld mit strengen Kontrollen in jeder Phase eingesetzt.

Im Interview: Lars Machenil

Das Interview führte Gesche Wüpper.


Zur Person

Dass er einmal Finanzchef einer der größten Banken Europas werden würde, hätte sich Lars Machenil früher sicher nicht träumen lassen. Denn eigentlich hat der 56-jährige Elektrotechnik-Ingenieur nach seinem Studium in Atomwissenschaften promoviert. Seine erste Erfahrung in der Bankenwelt machte der Belgier dann im Alter von 25 Jahren während eines Praktikums bei J.P. Morgan.

Die Bank hatte ihn damals quasi am Ausgang des Forschungszentrums rekrutiert, in dem Machenil damals in den USA tätig war. J.P. Morgan habe damals regelmäßig junge Mitarbeiter von Forschungszentren angeworben, berichtete er einmal. Durch das Interesse der US-Bank wurde Machenil damals klar, dass ihm als Atomwissenschaftler nicht nur die Türen in Forschung und Industrie offen standen.

Seine berufliche Karriere begann er dann bei Procter & Gamble. Nach zwei Jahren wechselte er zu McKinsey. Die Unternehmensberatung schickte ihn als Berater zur Fortis Bank, die ihn im Jahr 2000 abwarb. Für die Finanzabteilung der 2009 von BNP Paribas übernommenen belgischen Bank war der begeisterte Skifahrer in verschiedenen Funktionen in den Benelux-Ländern, Polen und der Türkei tätig, bevor er 2009 zum Finanzchef aufstieg. 2012 dann wurde er von BNP Paribas zum Finanzchef der gesamten Gruppe ernannt.


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