Börse nimmt Emittenten in die Pflicht

Strengere Regeln für Freiverkehr vorgestellt - Neue Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen

Börse nimmt Emittenten in die Pflicht

Die Deutsche Börse nimmt die Emittenten im Freiverkehr künftig stärker an die Kandare. Sie reagiert auf die Kursmanipulationen, die es in diesem Segment gegeben hat, mit deutlichen Regelverschärfungen. Im Rahmen der Reform des Freiverkehrs wird auch das Einstiegssegment First Quotation Board abgeschafft.ku Frankfurt – Die Deutsche Börse wird das Regelwerk für Unternehmen, deren Aktien im Freiverkehrssegment Entry Standard gelistet sind, deutlich verschärfen. Dies kündigte Alexander Höptner, der bei der Deutschen Börse für den Bereich Market Services verantwortlich ist, am Mittwoch in Frankfurt an. “Wir nehmen die Emittenten in die Pflicht”, betonte er bei der Vorstellung der Pläne.Bereits im Februar hatte die Deutsche Börse mitgeteilt, dass sie das bisherige Einstiegssegment im Freiverkehr, das sogenannte First Quotation Board (FQB), schließen wird. Nun wurde dafür konkret der 15. Dezember 2012 als Datum genannt. In dem Segment hatte es eine ganze Reihe von Kursmanipulationen und anderen Betrügereien gegeben. Bereits am 20. Dezember des vergangenen Jahres hatte die Deutsche Börse daher die Notbremse gezogen und das FQB für weitere Listings gesperrt. Im FQB sind derzeit 389 Aktien notiert.Wenn die Unternehmen nicht den Aufstieg in den Entry Standard beantragen, werden ihre Notierungen mit der Schließung des Boards entfallen. 13 Unternehmen sind bereits seit Dezember in den Entry Standard gewechselt. Mittelständische Unternehmen, die ihren Börsengang im Freiverkehr der Deutschen Börse durchführen wollen, werden künftig auf den Entry Standard verwiesen, für den ab dem 1. Juli deutlich schärfere Regeln gelten. So sind die Unternehmen künftig verpflichtet, ein öffentliches Angebot für ihre Aktien zu unterbreiten. Dadurch sind sie angehalten, einen Prospekt zu erstellen, der die wesentlichen Angaben zum Unternehmen, zur Aktie und zu den Anlagerisiken enthält. Unternehmen, die bereits im Entry Standard gelistet sind oder in diesen aus dem Regulierten Markt absteigen, müssen keinen Prospekt erstellen.Zudem geht die Deutsche Börse nun selbst vertragliche Beziehungen mit den Emittenten ein, was ihr die Möglichkeit gibt, empfindliche Vertragsstrafen bei Regelverstößen zu verhängen. Bislang konnte sie lediglich Mahnungen aussprechen, die für die Unternehmen ohne Folgen blieben. Die Höhe der Strafen soll sich an den Beträgen orientieren, die die Börsenaufsicht im Regulierten Markt verhängen kann. Dort beträgt die Höchststrafe 250 000 Euro.Als Ultima Ratio gibt es bei Verstößen auch noch die Möglichkeit einer Kündigung der Börsennotiz. Da es künftig aber kein untergeordnetes Handelssegment wie das First Quotation Board mehr geben wird, bedeutet das für die betroffenen Unternehmen, dass ihre Börsennotierung eingestellt wird. Es handele sich dabei also um ein scharfes Schwert, über das die Deutsche Börse verfüge, betonte Höptner. Darüber hinaus müssen die Unternehmen, die einen Börsengang im Entry Standard anstreben, mindestens zwei Jahre lang existieren und über ein Grundkapital von 750 000 Euro verfügen; bislang waren es lediglich 250 000 Euro. Noch nicht geklärt sei, ob es sich dabei um eine Einstiegsvoraussetzung oder um eine ständige Verpflichtung handele, sagte Höptner. Zu diesem Thema führe man noch Gespräche mit Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Ferner muss der Streubesitz der im Entry Standard gelisteten Gesellschaften mindestens 10 % betragen. Zwischenbericht gefordertVerschärft werden auch die Berichtspflichten der im Entry Standard notierten Unternehmen. Neben dem Jahresbericht soll die Veröffentlichung eines Halbjahresberichts vorgeschrieben werden. Dieser muss aus verkürzter Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang und Lagebericht bestehen.Bestehen bleiben soll das sogenannte Second Quotation Board. Neben Bonds werden dort Aktien gehandelt, die an einer anderen Börse in einem regulierten Marktsegment gelistet sind, vor allem also Auslandsaktien. Dazu werde die Deutsche Börse eine Liste von Marktbetreibern und Segmenten führen, die man als transparent und qualitativ hochwertig akzeptiere. Dabei handele es sich vor allem um regulierte Märkte. Nur wenige Freiverkehrssegmente wie M:access der Börse München würden ebenfalls anerkannt. Dadurch soll vermieden werden, dass Emittenten durch ein Erstlisting im Freiverkehr einer anderen Börse die Qualitätsanforderungen der Deutschen Börse unterlaufen.