Quartalsberichterstattung

Britische Banken unter Druck

Die britischen Großbanken werden diese Woche zeigen, ob die jüngsten Kursverluste gerechtfertigt waren. Am Markt wird eine Zunahme fauler Kredite befürchtet. Analysten erwarten schrumpfende Gewinne.

Britische Banken unter Druck

Von Andreas Hippin, London

Die britischen Großbanken haben seit Jahresbeginn Kursverluste einstecken müssen. Mit einer Erholung des kurzen Booms, der Anfang 2021 auf die Pandemie folgte, ist nicht zu rechnen. Diese Woche gewähren sie Einblick in ihre Bücher. Den Anfang macht am Dienstag HSBC, gefolgt von Lloyds Banking Group am Mittwoch (27. April), Barclays und Standard Chartered am Donnerstag (28.April) und Natwest am Freitag (29. April). Analysten rechnen mit deutlich schrumpfenden Gewinnen.

Der rasante Anstieg der Energiepreise und der russische Angriff auf die Ukraine haben dafür gesorgt, dass sich die britischen Verbraucher nicht so bereitwillig von ihren Lockdown-Ersparnissen trennten wie weithin erwartet. Doch der wirtschaftlichen Erholung ging schon früher die Puste aus. Daten des Zahlungssystems Chaps und des Kreditkartenanbieters Barclaycard zeigen, dass sich das Wachstum der nicht notwendigen Ausgaben bereits im Januar verlangsamte.

Corona-Restriktionen belasten

An den bereits vorliegenden Geschäftszahlen der führenden US-Institute lässt sich ablesen, dass nicht die Auflösung von Rückstellungen für faule Kredite angesagt ist, sondern deren Aufstockung. Auch höhere Investitionen in die Digitalisierung sind zu erwarten. Die Frage ist, in welchem Ausmaß der wachsende Druck auf die Budgets der privaten Haushalte zu Zahlungsausfällen führen wird. Die Analysten der UBS rechnen mit Blick auf den Kreditmix, die rekordhohen Bewertungen der Sicherheiten und überschüssige Einlagen nicht damit, dass von den privaten Haushalten wesentliche Risiken für die Banken ausgehen.

Banken wie HSBC und Standard Chartered, die den Großteil ihres Ge­schäfts in Schwellenländern machen, dürften unter den in der Volksrepublik China ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung von Sars-CoV-2 gelitten haben. Zuletzt wurde der Lockdown in Schanghai verschärft und auch Teile der Hauptstadt Peking Ausgangsbeschränkungen un­terworfen. HSBC hatte bereits bei der Veröffentlichung der Geschäftszahlen des vergangenen Jahres vor einer schwächeren Entwicklung der Sparte Wealth in Asien gewarnt (vgl. BZ vom 22. Februar). Das Institut hatte in den vergangenen Jahren das Gewicht auf sein Standbein in Hongkong verlegt.

Moody’s Investor Service rechnet mittlerweile damit, dass sich das Wirtschaftswachstum der ehemaligen britischen Kronkolonie wegen der harschen Corona-Restriktionen im laufenden Jahr von 6,4 % auf 2,8 % abkühlen wird. Die mit dem starken China-Engagement der Bank verbundenen politischen Risiken haben zu kontroversen Debatten geführt. Das Management ist einiges gewöhnt: Die britische Bankenabgabe und der Brexit sorgten einst dafür, dass über eine Verlegung des Sitzes in die chinesische Sonderwirtschaftszone diskutiert wurde. Wie die „Sunday Times“ berichtet, fordert ein HSBC-Investor nun gar die Zerschlagung in zwei Gesellschaften: die in Hongkong notierte Asiengesellschaft und die in London gebündelten restlichen Geschäfte.

Für die großen Hypothekenanbieter Lloyds Banking und Natwest hängt viel davon ab, ob die Bank of England tatsächlich den Leitzins weiter erhöht. Ziehen sie die Kriterien für die Kreditvergabe mit Blick auf die steigenden Lebenshaltungskosten zu sehr an, entgehen ihnen Erträge. Barclays hatte bereits Ende März mitgeteilt, dass die Kernkapitalquote zwischen 13 % und 14 % liegen wird – bei der Bekanntgabe eines dramatischen Eigentors: In den USA wurden mehr strukturierte Produkte verkauft als von der Aufsicht zugelassen. Der Jefferies-Bankenanalyst Joseph Dickerson liest aus der Mitteilung heraus, dass die Deutsche-Bank-Rivalin bis dahin ein gutes Auftaktquartal hatte. Zudem dürfte der angekündigte 1 Mrd. Pfund schwere Aktienrückkauf nach Bekanntgabe der Quartalszahlen beginnen.

Vom Schaden durch die Panne bei den strukturierten Produkten abgesehen wird das Investment Banking keine große Unterstützung liefern, wie ein Blick über den großen Teich zeigt. Bei den fünf großen US-Instituten waren die Erträge Jefferies zufolge niedriger als erwartet. Sie gingen im Jahresvergleich um 13 % zurück. Für den weiteren Jahresverlauf rechneten die Banken zwar damit, den Großteil der Geschäfte in ihren Pipelines abzuarbeiten. Allerdings sei das Risiko von Verzögerungen und Absagen gestiegen.

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