Retailbanken-Tag

Buch warnt vor Unterschätzung von Risiken

Das Finanzsystem ist verwundbarer geworden und es besteht die Gefahr, dass künftige Risiken unterschätzt werden. Das sagte Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, am Montag auf dem Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung.

Buch warnt vor Unterschätzung von Risiken

Buch warnt vor Unterschätzung von Risiken

Das Finanzsystem ist verwundbarer geworden und es besteht die Gefahr, dass Risiken unterschätzt werden. Das sagte Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, auf dem Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung. Für eine Bilanz der jüngsten Bankenkrise mit Schieflagen und Interventionen sei es jedoch noch zu früh.

Bundesbank-Vizepräsidentin betont Verwundbarkeit des Finanzsystems – Zentrale Rolle der Retail-Banken für Leistungsfähigkeit der Wirtschaft

wbr Frankfurt

Das Finanzsystem ist verwundbarer geworden, und es besteht die Gefahr, dass künftige Risiken unterschätzt werden. Das sagte Professor Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, auf dem mittlerweile 21. Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung in Frankfurt. Schieflagen von Kreditinstituten und staatliche Interventionen seien in diesem Frühjahr wie ein Herbststurm über die Branche hinweggefegt.

Bundesbank-Vize Buch betonte in der Eröffnungsrede der Veranstaltung, dass die Retail-Banken eine zentrale Rolle für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes haben. Gleichzeitig sagte sie, dass die Schocks der zurückliegenden Wochen bislang sehr gut verkraftet worden seien. Allerdings müsste man natürlich aus den Krisen in den Vereinigten Staaten und in der Schweiz Lehren ziehen. Für eine abschließende Analyse sei es aber noch zu früh.

„Kundennähe kann ein stabilisierender Faktor sein“, sagte Buch. Sie ist seit Anfang April im Vorstand der Bundesbank auch für die Bankenaufsicht zuständig. Zentral für die Kreditversorgung in der Zukunft sei ein starkes Retail-Banking, lautete eine ihrer Thesen bei der Veranstaltung in Frankfurt.

An zweiter Stelle nannte sie das Risikomanagement, weil die Risiken angesichts der jüngsten Entwicklungen steigen können. Die Banken müssten Kredit- und Zinsänderungsrisiken nach den vergangenen Monaten noch genauer steuern. Die Bundesbankerin sieht nicht, dass das Zinsänderungsrisiko geringer geworden ist, und berichtet, dass immerhin zwei Drittel der von der Bundesbank beaufsichtigten Institute angesichts der Zinslandschaft zusätzliche Kapitalanforderungen einzuhalten haben. Schließlich müssten Aufsicht und Regulierung sich an die neuen Verhältnisse anpassen und eventuelle Lücken schließen.

Milliarden konserviert

Eine der Maßnahmen, die aus Sicht von Buch präventiv und sinnvoll eingesetzt wurde, war die Einführung des antizyklischen Kapitalpuffers Anfang 2022. Mit diesem Instrument habe man im Bankensystem 23 Mrd. Euro überschüssiges Kapital konserviert. Die Aufsicht habe zudem bei Einführung des Kapitalpuffers Augenmaß gehabt, und man könne nicht beobachten, dass wegen der Maßnahme das Kreditgeschäft zurückgegangen sei.

Durch die jüngste Krise in der Schweizer Bankenlandschaft mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS hat auch die Diskussion um die Größe der Banken und die Frage des „Too big to fail“ neue Nahrung bekommen. Rückblickend stellt die Vizepräsidentin der Bundesbank fest, dass sich seit der Bankenkrise vor 15 Jahren ein klarer, institutioneller Rahmen gebildet habe, es mehr Mittel im System gebe und Risiken besser eingepreist seien.

Allerdings könnte die Evaluierung der kritischen Größe von Banken auch zum Ergebnis kommen, dass es vereinzelte Lücken geben könnte. Als Beispiel nennt sie implizite Subventionen, die entstehen, weil der Markt die Rettung einer Großbank durch den Staat einpreist. Damit würde die Risikoprämie der entsprechenden Institute tendenziell zu niedrig ausfallen, was zu negativen Anreizen und zu einem zu hohen Risiko führe. Aus Sicht von Buch muss möglicherweise auch bei der Frage des „Too big to fail“ nachgesteuert werden. Die aktuellen Herausforderungen beschreibt Buch als eine Übergangsphase, in der die Weichen zum Teil neu gestellt werden müssen. Generell sei noch nicht klar, wie der Strukturwandel in der Wirtschaft vonstattengehen würde. Sicher ist aber, dass der Spielraum für die Geld- und Fiskalpolitik geringer sei als vor Jahren. Auch bei der Bundesbank stelle man sich dabei die Frage, inwieweit und an welchen Kriterien sich der Strukturwandel festmachen lasse, der unter anderem durch höhere Preise gekennzeichnet ist.

Eine Frage, die sich Buch dabei stellt, ist, ob Anpassungen im Bereich der Arbeitskräfte schon messbar sind, beispielsweise Bewegungen von energieintensiven Branchen in weniger energieintensive Branchen. Bislang ist das aus den der Bundesbank vorliegenden Zahlen jedoch nicht abzuleiten.

Kryptoassets kein Wettbewerb

Zurückhaltend äußert sie sich zur Rolle von Kryptoassets. Buch ist der Meinung, es sei nicht immer sinnvoll, auf die neuesten technischen Trends aufzuspringen. Sie stellt zudem als Problem heraus, dass Kryptowährungen und Stablecoins keine originären Währungen seien und entsprechend anders behandelt werden müssten. Der Name Stablecoin suggeriere eine stabile Ersatzwährung, die jedoch nicht stabil sei, führt Buch aus. Aus ihrer Sicht sind Kryptowährungen keine relevanten Wettbewerber für das Geschäftsmodell der Notenbank.

Aktuell ist nicht die Zeit für eine Deregulierungsdebatte.

Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch beim Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.