BVR rechnet mit hohen Kreditausfällen
BVR rechnet mit hohen Kreditausfällen
Gewinn der genossenschaftlichen Finanzgruppe bricht wegen Risikovorsorge ein – Reform des Sicherungssystems bis 2026
Die genossenschaftliche Finanzgruppe kämpft mit allerlei Problemen: Eine unsichere Wirtschaftslage, in Schieflage geratene Mitgliedsinstitute und das Engagement beim strauchelnden Agrarkonzern Baywa verhageln die Bilanz 2024. Für 2025 ist kaum Besserung in Sicht. Die Reform der strapazierten Sicherungseinrichtung wird sich bis weit ins Jahr 2026 ziehen.
Von Daniel Schnettler, Frankfurt
Die genossenschaftliche Finanzgruppe bekommt die Folgen von schwieriger Wirtschaftslage und Missmanagement in den eigenen Reihen deutlich zu spüren. Die Risikovorsorge verdreifachte sich nahezu auf 4,9 Mrd. Euro, wie der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) am Mittwoch bei der Vorlage der Jahresbilanz 2024 mitteilte. In der Folge brach der konsolidierte Gewinn vor Steuern um ein Viertel auf 10,8 Mrd. Euro ein. Zwar ist das immer noch das zweitbeste Ergebnis der Geschichte, jedoch hatten hier 2023 noch 14,4 Mrd. Euro gestanden. Diese Höhen scheinen auf kurze Sicht unerreichbar.
Unsicherheiten 2025
„Das Geschäftsjahr 2025 steht weiterhin im Zeichen geopolitischer Spannungen und einer schwachen Binnenkonjunktur“, erklärte Vorstandsmitglied Tanja Müller-Ziegler in Frankfurt. Sie verwies auf ein erwartetes Nullwachstum in Deutschland sowie Unsicherheiten durch die US-Zollpolitik. Mit Wachstumsimpulsen durch anstehende Maßnahmen der Bundesregierung rechnet sie erst in der Zukunft. „Insgesamt erwarten wir in der jetzigen Gemengelage 2025 ein Ergebnis auf etwas geringerem Niveau als im vergangenen Geschäftsjahr.“
Der BVR vertritt die 672 Volksbanken und Raiffeisenbanken, die Sparda-Banken, die PSD Banken, die genossenschaftlichen Kirchenbanken sowie diverse Spezialinstitute. In die Berechnungen fließen auch die Zahlen der DZ Bank Gruppe ein als Zentralinstitut. Zusammen kommen die BVR-Mitglieder auf mehr als 30 Millionen Kunden und eine Bilanzsumme von gut 1,6 Bill. Euro. Nur die Sparkassen-Finanzgruppe ist hierzulande größer.
Wachstumstreiber im vergangenen Jahr waren das Kreditgeschäft, der Zahlungsverkehr und das Wertpapiergeschäft. Für das laufende Jahr verwies der BVR auf die steigende Zahl an Unternehmensinsolvenzen. „Das spüren insbesondere Regionalbanken, die kleinere Betriebe in Deutschland maßgeblich finanzieren“, sagte Vorstandsmitglied Daniel Quinten. „Im Ergebnis haben viele Volksbanken und Raiffeisenbanken ihre Risikovorsorge noch einmal deutlich erhöht.“ Für das Jahr 2025 dürfte die Risikovorsorge zwar wieder sinken. „Aber sie wird in der Finanzgruppe dauerhaft höher ausfallen als in den Jahren der Niedrigzinsphase.“
Baywa belastet
Neben der schwachen Inlandskonjunktur sind es vor allem Managementfehler in den eigenen Reihen, die der Bankengruppe das Ergebnis verhageln. Gleich mehrere Institute sind ein Fall für die Sicherungseinrichtung des Verbands, namentlich die Volksbank Düsseldorf Neuss, die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden, die Raiffeisenbank im Hochtaunus sowie die Volksbank Dortmund-Nordwest. Der Finanzbedarf dieser Stützungsfälle könnte sich nach bisherigem Stand auf rund 1,2 Mrd. Euro belaufen.
„Die Kosten der Sanierungsfälle beziffern wir nicht“, sagte Quinten. Dafür äußerte er sich zu einem weiteren Problemfall im genossenschaftlichen Orbit: dem in Schieflage geratenen Agrarkonzern Baywa, bei dem die Volks- und Raiffeisenbanken mit ihrer landwirtschaftlichen Historie stark engagiert sind. Rund 400 Mill. Euro stehen hier im Feuer als Teil der Gesamtrisikovorsorge.
Die schlagzeilenträchtigen Problemfälle unter den Volks- und Raiffeisenbanken haben am Image des solide wirtschaftenden Genossenschaftsbankers gekratzt. Deshalb ziehen der BVR und die DZ Bank als Zentralinstitut die Zügel künftig deutlich an. Die Mitgliedsbanken seien nicht bereit „für diejenigen mitzuzahlen, die unverhältnismäßige Risiken eingegangen sind“, sagte BVR-Präsidentin Marija Kolak. „Missmanagement, wie wir es gesehen haben, ist völlig inakzeptabel.“
Änderungen erst nächstes Jahr
Der BVR hatte bereits Vorschläge für eine Reform der Kontrollsysteme vorgelegt und diese nun konkretisiert. Kern der Reform sind klarere Zuständigkeiten und Abläufe zwischen der verbandseigenen Sicherungseinrichtung sowie der DZ Bank, über die die Refinanzierung der Einzelinstitute läuft. Im Bedarfsfall soll rascher und direkter eingegriffen werden können. Banken, die ihre Sorgfaltspflichten verletzen, drohen höhere Beiträge zur Sicherungseinrichtung.
„Unser Ziel ist es, finanzielle und nicht-finanzielle Risiken in der Gruppe frühzeitiger zu erkennen, gegenzusteuern und dort, wo es nötig ist, schneller einzugreifen und klarer zu kommunizieren“, erklärte die BVR-Präsidentin. Die nötigen tiefgreifenden Reformen bräuchten aber Zeit. „Hier werden Ende 2026 erste Beschlüsse gefasst.“
Geschäfte, die nicht zum Risikoprofil einer Bank passen, sollen damit künftig verhindert werden. Das soll aber nicht die Eigenständigkeit der Mitgliedsinstitute untergraben, wie Vorstandsmitglied Quinten betonte: „Die Verantwortung für die Geschäfte liegt am Ende immer beim Bankvorstand vor Ort.“