Coinshares sieht Bitcoin als Profiteur der Bankenkrise
Im GesprÀch: James Butterfill
Bitcoin als Krisenprofiteur
Chefanalyst erwartet Anstieg fauler Kredite bei US-GeldhĂ€usern â DigitalwĂ€hrung als âsicherer Hafenâ
James Butterfill beobachtet im Zuge der aktuellen US-Bankturbulenzen massive Belastungen fĂŒr das Vertrauen ins traditionelle Finanzsystem. Laut dem Research-Chef des Kryptovermögensverwalters Coinshares wird Bitcoin zum langfristigen Profiteur dieser Entwicklung.
Von Alex Wehnert, New York
Research-Chef James Butterfill vom Vermögensverwalter Coinshares sieht Bitcoin als langfristigen Profiteur der aktuellen Krise im Bankensektor. Da die fĂŒhrende DigitalwĂ€hrung sowohl hinsichtlich ihrer Gesamtmenge als auch der Transaktionen auf der zugehörigen Blockchain âunverĂ€nderlich ist und keiner staatlichen Kontrolle unterliegt, beginnen Investoren, sie als eine Art sicheren Hafen zu betrachtenâ, sagt Butterfill im GesprĂ€ch mit der Börsen-Zeitung.
In den vier Wochen bis zum 18. April verzeichneten Anlageprodukte auf digitale Vermögenswerte laut Coinshares-Daten per saldo GesamtzuflĂŒsse von 345 Mill. Dollar, womit sie eine vorangegangene sechswöchige Serie an AbflĂŒssen fast vollstĂ€ndig wettgemacht hĂ€tten. In den vergangenen beiden Wochen zogen Anleger dann in geringerem Umfang Mittel ab, was der Vermögensverwalter auf Gewinnmitnahmen nach der zwischenzeitlichen Bitcoin-Rally auf ĂŒber 30.000 Dollar zurĂŒckfĂŒhrte. Zudem habe die Erwartung einer erneuten Zinserhöhung durch die Federal Reserve, die sich bei der Sitzung des Offenmarktausschusses in der laufenden Woche dann auch erfĂŒllte, und einer damit einhergehenden weiteren LiquiditĂ€tsverknappung an den FinanzmĂ€rkten die Risikofreude der Anleger gedĂ€mpft.
Dollar-Rally als Belastung
Auch eine zwischenzeitliche Erleichterungsrally beim Dollar in Reaktion auf die Ăbernahme der First Republic Bank durch J.P. Morgan habe Bitcoin belastet. SchlieĂlich lauten die Spot-Notierungen der fĂŒhrenden DigitalwĂ€hrung auf den Greenback. Doch der Zwischenspurt des Dollar stehe ânicht mit den grundlegenden Bankenproblemen in Verbindungâ, betont Butterfill. So befĂŒrchteten Marktteilnehmer vermehrte Defaults innerhalb der Kreditportfolios der Finanzinstitute. Die ZahlungsausfĂ€lle begĂ€nnen ĂŒblicherweise an diesem Punkt des Wirtschaftszyklus anzuziehen. âDurch den starken Sprung der Hypothekenzinsen in den Vereinigten Staaten infolge der aggressiven Fed-Geldpolitik dĂŒrfte ein Anstieg der notleidenden Kredite nur eine Frage der Zeit seinâ, urteilt der Coinshares-Chefanalyst.
Die Zahl der faulen Kredite stelle ĂŒblicherweise einen nachlaufenden Indikator dar. Zugleich seien die US-Bankeinlagen im ersten Quartal gegenĂŒber dem Vorjahr so stark zurĂŒckgegangen wie seit 1981 nicht. Die Credit Default Swaps legten dabei zu. âDies deutet darauf hin, dass der Markt nicht an eine Lösung des Problems bezĂŒglich des Risikos eines schnellen Mittelschwunds glaubtâ, kommentiert Butterfill die Entwicklung.
Insbesondere Banken, die das im MĂ€rz eingefĂŒhrte Bank Term Funding Program der Federal Reserve in Anspruch genommen hĂ€tten, seien durch einen unmittelbaren Anstieg ihrer Credit Default Swaps bestraft worden. Im Rahmen des neuen Notfallkreditprogramms können Finanzinstitute, die US-Staatsanleihen, hypothekenbesicherte Wertpapiere oder andere Sicherheiten hinterlegen, darĂŒber Kredite erhalten. Die Sicherheiten gehen dabei zu 100 Cent auf den Dollar ein, auch wenn sie weit unter diesem Niveau gehandelt werden.
In der abgelaufenen Woche liehen sich Banken pro Tag durchschnittlich 78,3 Mrd. Dollar aus dem Bank Term Funding Program, Ende MĂ€rz waren es zeitweise fast 180 Mrd. Dollar tĂ€glich. Butterfill verweist allerdings darauf, dass schon das Anzapfen der traditionellen Notfallkredite der Federal Reserve am sogenannten âdiscount windowâ das Stigma finanzieller InstabilitĂ€t mit sich bringe â fĂŒr das neue, in Krisenzeiten geschaffene Programm gelte dies umso mehr. âDas Bank Term Funding Program untergrĂ€bt das Vertrauen, das fĂŒr jede Bank entscheidend istâ, sagt der ehemalige Leiter der Aktienstrategie von HSBC.
In der Folge sei zu erwarten, dass sich der Strom der Einlagen weg von kleinen und mittelgroĂen Finanzinstituten und hin zu den fĂŒhrenden GeldhĂ€usern noch verstĂ€rke. Ein Ă€hnliches Problem sei wĂ€hrend der Savings-and-Loan-Krise in den spĂ€ten 1980er Jahren zu beobachten gewesen. Die LiquiditĂ€tsbeschaffung fĂŒr regionale Kreditinstitute werde nun also noch schwieriger. âDies könnte zu mehr ZusammenbrĂŒchen kleinerer Banken fĂŒhrenâ, warnt Butterfill.
Insbesondere die ZusammenbrĂŒche der kalifornischen Silicon Valley Bank und der New Yorker Signature Bank hĂ€tten indes negative Effekte auf den Digital-Assets-Sektor. âBeide Banken waren fĂŒr die Kryptoindustrie wichtige Partner, da ein GroĂteil der Kryptounternehmen seine BankgeschĂ€fte ĂŒber sie abgewickelt hatâ, betont Butterfill. Wenngleich viele Firmen aus dem Digital-Assets-Sektor bereits neue Partnerbanken gefunden hĂ€tten, könne die jĂŒngsten Verwerfungen unter amerikanischen Finanzinstituten also dazu fĂŒhren, dass weniger Investitionen in den Sektor flieĂen.
Institutionelles Interesse wÀchst
Zudem sei es möglich, dass der im Zuge der Krise steigende Regulierungsdruck das Engagement traditioneller US-Finanzinstitute auf vergleichsweise neuen GeschĂ€ftsfeldern wie dem Kryptomarkt dĂ€mpfe. Auch die Verwerfungen um die Digital-Assets-Börse FTX, die im November Insolvenz anmeldete und deren GrĂŒnder Sam Bankman-Fried des Betrugs angeklagt ist, hingen dem Segment nach. âAllerdings hat die jĂŒngste Bankenkrise auch erhebliche Probleme im traditionellen Finanzwesen aufgezeigtâ, sagt Butterfill. In der Folge erhole sich die Stimmung im dezentralen Finanzwesen weitaus schneller als erwartet. âDie institutionelle Adoption erfolgtâ, unterstreicht der Coinshares-Chefanalyst.