IM INTERVIEW: CHARLEY COOPER

"Commerzbank ist ein echter Verbündeter"

Der Managing Director von R3 erwartet, dass Banken schon bald Blockchain-Lösungen einsetzen können

"Commerzbank ist ein echter Verbündeter"

– Herr Cooper, es ist geschafft, der erste Teil der Finanzierung des Blockchain-Konsortiums R3 steht. Warum wird die Serie-A-Finanzierung gestückelt?Es sind insgesamt drei Tranchen, denn wir haben eine vertragliche Verpflichtung, dass zuerst unsere rund 40 Gründungsmitglieder von 2015 zum Zuge kommen. Dann kommen die Neumitglieder von 2016, um schließlich eine dritte Tranche zusätzlichen strategischen Investoren zu offerieren. Die ersten beiden Tranchen haben nun ein Volumen von 107 Mill. Dollar eingebracht.- Wie viele Mitglieder gehören zu R3?Das sind derzeit 85, nachdem Ende vergangener Woche der Regulator von Abu Dhabi hinzugestoßen ist. Die meisten Mitglieder sind Finanzinstitute, aber auch acht Regulatoren/Zentralbanken gehören dazu. Es hat sich gut die Hälfte der Mitglieder aus dem Bankenbereich für ein Equity Investment entschieden. Mit dem Singapurer Staatsfonds Temasek und Intel sind auch jetzt schon zwei Investoren dabei, die noch nicht Mitglied bei R3 sind.- Wofür sollen die frischen Mittel verwendet werden?Wir wollen damit insbesondere die Entwicklung der Technologie beschleunigen. Im November hatten wir unsere Corda-Plattform in Open-Source-Entwicklung gegeben. Und den Ausbau dieser Plattform setzen wir fort, zunächst mal den Base Layer, also die grundlegende Referenz-Architektur, und dann die Middleware für integrierte Anwendungen sowie das Netzwerk, das die Teilnehmer auf der Plattform miteinander verbindet. Hinzu kommt dann die Arbeit mit Software-Partnern wie Calypso, die auf Risikomanagement-Systeme spezialisiert sind für Top-Stack-Anwendungen. Das ist dann Unternehmenssoftware, die direkt beim Nutzer eingesetzt werden kann.- Wann sind diese Anwendungen fertig entwickelt?Diese Enterprise-Version soll schon später im Jahr einsatzbereit sein. Und da sich unsere Bankenpartner an der Corda-Entwicklung beteiligen, geht es sehr schnell voran. Die Commerzbank hat ein eigenes Entwicklerteam für einige Wochen zu uns nach London geschickt, die sind ein echter Verbündeter von R3.- Inwiefern ist “Enterprise Ethereum” ein konkurrierendes Konsortium?Enterprise Ethereum hat noch nichts entwickelt und die wollen, soweit ich das verstehe, mit der öffentlichen Blockchain arbeiten und als Standardsetzer für Kollaborationen fungieren – wobei sie im Gegensatz zu R3 dabei nicht auf die Finanzindustrie fokussiert sind. Es geht wohl eher um die Entwicklung von Best Practices bei Anwendungen auf Ethereum-Basis und nicht um die Softwareentwicklung für Unternehmen.- Den Banken geht es wohl in erster Linie darum, mit Hilfe von Blockchain-Lösungen Einsparungen zu realisieren. Was können Sie da versprechen?Je nachdem welche Beraterfirma man fragt, belaufen sich die Aufwendungen für Legacy-Systeme in der Bankenindustrie auf 50 bis 200 Mrd. Dollar pro Jahr. Mit veränderter IT-Landschaft sollten also massive Einsparungen möglich sein. Ich sage nicht, dass das schon innerhalb von zwölf Monaten geschieht, aber innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre sind industrieweit milliardenschwere Einsparungen in der IT-Landschaft möglich. Außerdem glauben unsere Mitglieder daran, dass sie mit Hilfe von Corda kommerzielle Produkte entwickeln können, die zusätzliche Einnahmen bringen werden.- Die Blockchain-Adaption läuft in Märkten mit weniger komplexer Infrastruktur schneller. Ist Singapur da führend?Singapur und ihre Finanzmarktaufsicht sind ein exzellenter Partner für uns. Wir haben dort unser asiatisches Drehkreuz angesiedelt. Aber jeder Regulator hat seine ganz eigene Sichtweise auf die Blockchain und was mit ihren Anwendungen erlaubt ist, und von daher wird die Adaption in den einzelnen Ländern unterschiedlich schnell gestaltet. Singapur verdient jedenfalls Anerkennung, wie sehr sie Innovation rund um die Distributed Ledger Technology (DLT) gefördert haben.- Und was braucht es für eine Implementierung in Europa?Vergleichbares zu Singapur lässt sich in Europa zum Beispiel auch bei der Bank of England und der FCA mit ihrem regulatorischen Sandkasten beobachten. Ich habe kürzlich mit einem Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) auf einer Konferenz, an der 40 Zentralbanken teilnahmen, gesprochen und auch dort ein großes Interesse verspürt. Aber auch ein Software-Konzern wie SAP geht das Thema sehr energisch an. Ich habe noch nie bei der Entwicklung einer Technologie erlebt, dass so viele Marktteilnehmer gleichzeitig so viele Ressourcen einsetzen. Und auch in Europa, das über eine sehr gute Finanzmarkt-Infrastruktur verfügt, wollen alle teilhaben an der Innovation.—-Das Interview führte Björn Godenrath.