Restrukturierung

Commerzbank schließt zur Halbzeit auf

Der radikale Sparkurs zahlt sich aus, die Zinswende hilft. Zwei Jahre nach Beginn der Restrukturierung scheint eine eigenständige Zukunft der Commerzbank wieder wahrscheinlicher.

Commerzbank schließt zur Halbzeit auf

Allmählich wird es fast ein bisschen langweilig: Auch im vierten Quartal hat die Commerzbank­ die Erwartungen des Marktes übertroffen. Statt der im Durchschnitt erwarteten 392 Mill. Euro erwirtschaftete das Institut im Schlussquartal ein Ergebnis vor Steuern von 488 Mill. Euro. Zur Halbzeit des vor zwei Jahren vorgestellten Restrukturierungsprogramms hat das Institut seine Versprechen gehalten – und nicht bloß dank steigender Zinsen immer wieder leicht übertroffen.

Das kommt der seit der Teilverstaatlichung während der Finanzkrise niedergeprügelten Börsenbewertung zugute. Zwar befindet sich der Aktienkurs der zweitgrößten privaten Bank wegen des bevorstehenden Aufstiegs in den Dax 40 und der bereits am Tag vor der Bilanzvorlage angekündigten Ausschüttungspläne ohnehin im Aufwind. Die über den Erwartungen liegenden Zahlen bescherten dem Titel am Donnerstag einen weiteren Kurssprung. Zur Halbzeit des 2020 gestarteten Restrukturierungsprogramms scheint sich der Aktienkurs dauerhaft im zweistelligen Bereich zu behaupten.

Der Überraschungseffekt ist nicht dem Zufall geschuldet. Finanzvorständin Bettina Or­lopp beherrscht die Kunst der Tiefstapelei virtuos. Hatten sich die Anleger in der Vergangenheit schon daran gewöhnt, dass das Institut lieber nachträglich die Ziele nach unten korrigiert, als das eigene Scheitern einzugestehen, sollten sie jetzt davon ausgehen, dass das Institut stets einen Abschlag einkalkuliert.

Das ist strategisch geschickt. Nicht nur, weil Orlopp das Institut damit gegen die potenziellen Rückschläge wappnet, die sich aus dem unsicheren Konjunkturumfeld ergeben. Sondern eben auch, um die guten Nachrichten nicht einfach am Markt verpuffen zu lassen.

Im Vergleich zu 2018, dem Jahr, als die Commerzbank aus dem Dax geflogen ist, sind die Erträge um beinahe 1 Mrd. Euro gestiegen. Ein Großteil davon ist der lang ersehnten Zinswende geschuldet, mit der, wäre sie denn früher gekommen, vielleicht auch die Strategie des alten Vorstandsteams funktioniert hätte. Mit knapp 6,5 Mrd. Euro liegt der im abgelaufenen Jahr erzielte Zinsüberschuss satte 1,8 Mrd. Euro höher als 2018.

Dennoch ist der Erfolg keineswegs allein den steigenden Zinsen ge­schuldet. Das lässt sich daran ablesen, dass es der Commerzbank gelungen ist, trotz Inflation und steigender Abgaben die Kosten zu senken. Ungeachtet des deutlich gestiegenen Risikoergebnisses – und der sich inzwischen auf rund 1,4 Mrd. Euro summierenden Rücklagen für die Rechtsrisiken der polnischen Tochter MBank – steht unter dem Strich noch immer ein Ergebnis vor Steuern, das mit rund 2 Mrd. Euro weit über den 2018 ausgewiesenen 1,2 Mrd. Euro liegt.

Auch wenn sich der einkalkulierte Überraschungseffekt früher oder später abnutzen wird, ist es für die Commerzbank ein Segen, dass sich das Management nicht bloß auf das operative Geschäft konzentriert, sondern eben auch die Kurspflege im Auge hat – wofür übrigens auch das angekündigte Aktienrückkaufprogramm spricht. Mit der dadurch erkämpften Rückkehr in den Dax erschließt sich das Institut eine breitere Investorengruppe. Das ist auf Dauer der beste Garant für eine eigenständige Zukunft.

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