Von Daniel Zulauf, ZürichMit dem 56-jährigen António Horta-Osório soll bei der Credit Suisse wieder ein gelernter Banker den Verwaltungsrat präsidieren. Dieser will der Generalversammlung am 30. April den aktuellen CEO der britischen Lloyds Banking Group zur Wahl vorschlagen, wie es in einer am Dienstag verbreiteten Meldung heißt.Finanzmarktkenner bezeichnen den Portugiesen als “Glücksfall” für Credit Suisse. Der Manager hatte im Frühjahr 2011 die operative Verantwortung für Lloyds übernommen und das Institut aus einer existenziellen Krise herausgeführt. Unter Horta-Osório zahlte Lloyds die Staatshilfen von 20,3 Mrd. Pfund zurück, die das drittgrößte Kreditinstitut Großbritanniens in der Finanzkrise erhalten hatte. In die gleiche Zeit fällt auch die Bereinigung eines der größten britischen Finanzskandale, in den sich Lloyds durch eine Akquistion im Jahr 2008 quasi selbst eingekauft hatte. Die damals erworbene Tochterbank HBOS verkaufte ihren Kreditkunden auf der Insel auf höchst unseriöse Weise Versicherungspolicen, mit denen diese die Zahlung der Amortisations- und Zinsleistungen absichern sollten. Die Policen erwiesen sich als heillos überteuert und in den meisten Fällen als nutzlos. Nach einem Gerichtsurteil musste die Bank den geprellten Kunden rund 22 Mrd. Pfund zurückerstatten. Horta-Osório erhielt nur kurz nach seiner Berufung an die Spitze der Bank Kenntnis von den gravierenden finanziellen Folgen des Skandals für das Institut. In der Folge musste er die Arbeit während zwei Monaten aussetzen, um eine lähmende Schlaflosigkeit auszukurieren.Inzwischen sieht sich die von der Finanzkrise genesene Lloyds Bank von der Coronakrise bedrängt. Das Institut wird nach eigenen Angaben für das laufende Jahr Kreditrückstellungen von über 5 Mrd. Pfund vornehmen müssen – ein Vielfaches der Rückstellungen aus den guten Vorjahren. Als Folge dieser Rückstellungen musste Lloyds zum Halbjahr einen Verlust ausweisen.Horta-Osório hatte seinen Rücktritt bei Lloyds bereits Anfang Juli angekündigt. Vor dem fast zehnjährigen Engagement bei Lloyds war der Manager für das britische Kreditgeschäft der spanischen Großbank Santander und deren Tochter Abbey verantwortlich gewesen. Horta-Osório startete seine Bankkarriere im Alter von 23 Jahren bei der Citigroup in Portugal. In den Jahren danach war er für Goldman Sachs in New York und London tätig. 1993 stieß er zu Santander, wo er in verschiedenen Funktionen die Hierarchiestufen hochklettern konnte.Mit 56 Jahren ist Horta-Osório ein noch junger Kandidat für das Präsidium der Credit Suisse, der gut noch einige Jahre im operativen Geschäft hätte bleiben können. Seine zeitliche Nähe zum Tagesgeschäft hat nach Auffassung eines Beobachters ein gewisses Potenzial für Spannungen mit dem aktuellen CEO Thomas Gottstein oder mit dem Verwaltungsrat.Dennoch gilt die Nominierung von Horta-Osório als hoffnungsvolles Zeichen für die Credit Suisse. Die Ära seines Vorgängers Urs Rohner wird als schwierige Zeit in die Geschichte der Bank eingehen. Der gelernte Wirtschaftsanwalt Rohner übt die Präsidentenfunktion seit 2011 aus. Die juristische Abarbeitung von Altlasten aus der Zeit vor der Finanzkrise hat den Konzern Milliarden gekostet, noch sind nicht alle Rechnungen bezahlt. Neue RückstellungZeitgleich mit der Bekanntgabe der Personalie machte die Bank am Dienstag eine neue große Rückstellung in einem Rechtsstreit um mutmaßliche Verfehlungen beim Verkauf von hypothekarisch gedeckten Anleihen im amerikanischen Kapitalmarkt publik. Bei dem Rechtsfall geht es um einen potenziellen Schaden von 680 Mill. Dollar, für den die Bank bislang 300 Mill. Dollar zurückgestellt hat und nun eine weitere Rückstellung in noch nicht genannter Höhe vornehmen muss. Auch eine alte Beteiligung an der amerikanischen Investmentgesellschaft York Capital musste die Bank unlängst mit 400 Mill. Dollar wertberichtigen.