Das Familienvermögen als Holding

Auch das Unternehmen Privatvermögen muss wie ein normales Unternehmen geführt werden

Das Familienvermögen als Holding

Andreas RheinVorstand des Multi Family Office FOCAM AGUnternehmer sollten bei ihrem privaten Vermögen nach denselben Grundsätzen verfahren wie in ihren Unternehmen. Diese Forderung klingt selbstverständlich. Und doch handeln erstaunlich viele Unternehmer nicht nach diesem Prinzip. Dabei ist auch das Management großer Privatvermögen eine unternehmerische Aufgabe. Und nicht nur das: Das Familienvermögen muss wie ein Unternehmen organisiert werden. Wie das Unternehmen braucht auch die Unternehmerfamilie die täglichen Instrumente, mit denen das Unternehmen gelenkt wird, Instrumente zur Planung, zur Steuerung, zur Koordination und zur Kontrolle. Familienvermögen müssen nach denselben Prinzipien geführt werden wie eine unternehmerische Holding.Sicher, für viele größere Privatvermögen ist es heute üblich, regelmäßig eine Bilanz oder eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung zu erstellen. Diese Instrumente sind nützlich, helfen sie doch zu erkennen, aus welchen Quellen sich Einkünfte speisen, woher eventuelle Verluste stammen und wie erfolgreich die Vermögensverwalter im Vergleich zu ihrem Umfeld abschneiden. Genauso wichtig ist es, über Reporting und Controlling versteckte und verdeckte Kosten aufzudecken.Diese Instrumente genügen jedoch nicht, um ein komplexes Unternehmen, wie es größere Privatvermögen häufig sind, erfolgreich zu steuern. Es ist – und das zeigt die zwanzigjährige Erfahrung unserer Arbeit – vielmehr entscheidend, die Grundidee einer Holding auf das Management von Privatvermögen zu übertragen.Fast alle multinationalen Industriekonzerne werden über eine Holdinggesellschaft geführt. Vor rund 150 Jahren entstanden in den USA die ersten dieser Gesellschaften, damals noch “Trusts” genannt. Sie hatten als einzigen Geschäftszweck, Beteiligungen an anderen Unternehmen zu halten und sich ausschließlich mit der Verwaltung dieser Anteile zu befassen.Größter Vorteil dieser Struktur ist, dass die Gesellschaften im Einflussbereich einer Holding einen großen Spielraum in ihrem Geschäftsbereich erhalten und eigenständig eine Strategie für ihre Märkte entwickeln können. Gleichzeitig stellt sich die Unternehmensgruppe dank der Holding nach außen als Gesamtheit dar. Die Holding ist somit nicht nur die Klammer zwischen den Beteiligungen, sondern auch die Vermögensverwaltung der Unternehmensgruppe.Die Gesamtheit, verkörpert durch die Holding, ist somit weit mehr wert als die Summe ihrer Einzelteile. Eine Holding ist flexibler und anpassungsfähiger als ein straff organisierter Konzern. Unternehmerische Entscheidungen können auf die Ebene der Tochtergesellschaften verlagert werden. Dies wiederum erlaubt eine flachere Hierarchie und eine größere Marktnähe. Und schließlich können jeder Tochtergesellschaft Gewinne, Verluste, Vermögen, Schulden, Kapitaleinsatz und Risikofaktoren zugerechnet werden.Durch die Vermeidung überbordender Hierarchie, wie sie in zentral geführten Industriekonzernen leicht entsteht, lässt sich die Komplexität in der Unternehmensgruppe vermeiden bzw. leichter beherrschen. Denn die Konzernführung, sprich die Führung der Holding, wird vom operativen Tagesgeschäft entlastet.Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Transparenz, einfache Strukturen und die klare Zurechnung ergebnisrelevanter Zahlen – all dies sind Stichworte, die nicht nur für die unternehmerische Führung entscheidend sind, sondern auch für die Verwaltung von Privatvermögen. Die Holding Familienvermögen hat exakt dieselben Aufgaben wie das Controlling der industriellen Holding: nämlich die Beschaffung von Informationen und ihre Aufbereitung, Planung, Kontrolle und Festlegung der übergeordneten Strategie.Genauso wie die industrielle Holding sämtliche Beteiligungen, Grundstücke, Immobilien und andere Vermögenswerte konsolidiert darstellt, versteht auch die Holding Familienvermögen das Vermögen als konsolidierte Bilanz mit einer Aktivseite und stellt die Verbindung zur Passivseite mit dem jeweiligen Einsatz von Eigenkapital und möglicherweise zuzuordnenden Fremdfinanzierungen her. Jede Vermögensklasse und jedes Einzelinvestment wird in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung der Familienholding erfasst und analysiert. Im Reporting werden alle Vermögensteile über verschiedene Berichtsstufen von den Einzelinvestments bis hin zu den Vermögensklassen sowie den Vermögens­inhabern und der Gesamtfamilie konsolidiert.Auf der Basis von Kennzahlen erhält jeder Vermögensinhaber nicht nur einen Überblick über seine Vermögenswerte, sondern er bekommt auch eine Antwort auf die Frage, ob die einzelnen Vermögensbestandteile im Einklang mit den gesetzten Zielen stehen. Dieser Ansatz ermöglicht einen nüchternen Blick auf das Vermögen, frei von Emotionen, die leider so häufig das Anlageergebnis negativ beeinflussen.Auch das Unternehmen Privatvermögen muss wie ein normales Industrieunternehmen geführt werden. Dazu brauchen die Familien eine klare und realistische Zielsetzung, die erst einen Soll-Ist-Vergleich ermöglicht, professionelle Strukturen und Steuerungsinstrumente und vor allem ein Berichtswesen, das eine konsolidierte Bilanz über alle Anlageklassen hinweg erlaubt. Die Fähigkeiten, die unternehmerischen Familien zu ihrem wirtschaftlichen Erfolg verholfen haben, sind genauso gefragt, wenn es um die Frage geht, wie sich dieses Vermögen bewahren lässt.