LEITARTIKEL

Das "Hausbanken"-Prinzip

Im vierten Quartal haben die vier größten US-Banken erneut ein zweigeteiltes Bild abgegeben. J.P. Morgan Chase und Wells Fargo überzeugten die Investoren mit Rekordergebnissen. Citigroup und Bank of America enttäuschten die Erwartungen einmal mehr....

Das "Hausbanken"-Prinzip

Im vierten Quartal haben die vier größten US-Banken erneut ein zweigeteiltes Bild abgegeben. J.P. Morgan Chase und Wells Fargo überzeugten die Investoren mit Rekordergebnissen. Citigroup und Bank of America enttäuschten die Erwartungen einmal mehr. Die Probleme beider Institute sind dabei nicht neu. Bank of America hat im abgelaufenen Turnus im dritten Jahr in Folge sinkende Nettoerträge ausweisen müssen. Hinzu kommen Milliardenbelastungen aus Rechtsstreitigkeiten, die auf Vorkrisengeschäfte zurückgehen. Bei der Citigroup, die erst im Herbst ihren Chef Vikram Pandit gegen Eigengewächs Michael Corbat ausgetauscht hatte, wurde das zweite Jahr schrumpfender Nettoerträge in Serie eingetütet.Während Wells Fargo 2012 gut 2 % mehr erlöst hat als 2010 und die Einnahmen von J.P. Morgan nur um 5 % gesunken sind, ging es für Citigroup und Bank of America um 19 % bzw. 24 % bergab. In der Betrachtung der großen US-Banken wird zwar immer wieder großes Augenmerk auf das Investment Banking gelegt. Dabei ist dessen Entwicklung aber hochgradig abhängig von der Gesamtmarktsituation, die Unterschiede zwischen den Universalhäusern sind hier oft weniger groß als in anderen Bereichen. Einer dieser Geschäftsbereiche ist etwa das Hypothekenkreditgeschäft. Hier haben in den vergangenen Jahren nach der Immobilien- und Finanzkrise kräftige Umwälzungen stattgefunden – mit Citigroup und Bank of America auf der Verliererseite, während vor allem Wells Fargo und zu einem geringeren Anteil J.P. Morgan kräftig profitierten.Der Marktanteil von Wells Fargo am US-Hypothekengeschäft erreichte per Ende September 2012 rund 30 %. Auch für das Schlussvierteljahr meldete die Bank Wachstum in dem Geschäft – wenn auch mit reduziertem Tempo. Noch im Jahr 2007, als die Blase am Immobilienmarkt platzte, kam der Finanzkonzern mit Sitz in San Francisco nur auf 12 % am Hypothekenkreditaufkommen. J.P. Morgan erreicht derzeit laut Inside Mortgage Finance als Nummer 2 knapp 10 %. Bank of America kam derweil nach der Countrywide-Übernahme lange auf mehr als 20 %, hat ihr Engagement mittlerweile aber deutlich zurückgefahren und liegt mittlerweile im prozentual einstelligen Bereich. Den Sprung im Marktanteil hat Wells Fargo derweil nicht nur mit selbst vergebenen Immobilienkrediten geschafft. Die dürften wohl nur etwa die Hälfte des Geschäfts ausgemacht haben. Vielmehr hat sich die Bank auch als führender Ankäufer fremd vergebener Hauskredite etabliert – ein Geschäft, von dem viele US-Banken mittlerweile Abstand nehmen. Vor allem, weil es nach dem Platzen der Häuserpreisblase extrem teuer kam. Erst Anfang des Jahres verkündete Bank of America, dass sie für mehrere Milliarden Dollar Hypotheken, die die 2008 übernommene Tochter Countrywide ausgegeben hatte, vom staatlichen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae zurückkaufen wird – verbunden mit einer milliardenschweren Entschädigung.Zudem meiden viele Kreditinstitute das Geschäft, da ein hoher Anteil an Hypothekenverwaltungsrechten nach Basel III auch höhere Kapitalvorgaben nach sich zieht. Bank of America und andere reduzieren bereits kräftig ihre Bestände. Wells Fargo baut diese derweil munter weiter aus. Laut Federal Reserve Bank kam das Institut mit den selbst vergebenen Häuserkrediten 2011 auf knapp 13 % Marktanteil – eine enorme Steigerung zu 2006, als die Bank mit 6,5 % auf Rang 2 hinter der Bank-of-America-Tochter Countrywide lag. Im abgelaufenen Turnus dürfte die Spitzenposition noch ausgebaut worden sein. Vor sechs Jahren rangierte Countrywide mit gut 8 % auf Platz 1 und galt damit als dominierendes Schwergewicht. Das zeigt an, wie groß die Wette von Wells Fargo auf den US-Immobilienmarkt mittlerweile ausfällt.Nach der Finanzkrise hat die Bank aus San Francisco, die wesentlich weniger im internationalen Investment Banking zu Hause ist als ihre großen Konkurrenten, deren Schwäche genutzt, um sich eine dominante Position im heimischen Hypothekengeschäft zu sichern. Investoren haben sie dafür zwar gefeiert. Ob das “Hausbanken”-Prinzip diesmal nachhaltiger ist, wird sich allerdings erst nach den ersten Rückschlägen am US-Immobilienmarkt zeigen. Bank of America und Citigroup wollen diese Wette derweil kein zweites Mal eingehen – im Nachhinein vielleicht die bessere Entscheidung. Nicht etwa weil eine Blase droht – Haftungsrisiken und Kapitalvorschriften könnten das zuletzt hoch lukrative Geschäft mittelfristig weit weniger interessant machen. Wells Fargo dürfte es schwerfallen, dann einen geordneten Rückzug durchzuziehen.——–Von Sebastian Schmid ——- Die Macht im US-Immobilienfinanzierungsmarkt hat sich verschoben. Die Vorsichtigen gelten als Verlierer. Mit dem Marktanteil steigt indes auch das Risiko.