Das schwarze Loch
Das schwarze Loch
Erfolg misst sich am Ziel. Kaum einer weiß das so gut wie der britische Schatzkanzler George Osborne. Ihm geht es darum, die restliche Staatsbeteiligung an der Royal Bank of Scotland (RBS) noch in der laufenden Legislaturperiode loszuwerden. Eine erste Tranche wurde schon im August vergangenen Jahres abgesetzt. Dabei entstand der öffentlichen Hand ein Milliardenverlust. Und es liegen immer noch knapp 73 % an der schottischen Großbank, die sich einst anschickte, die Welt zu erobern, bei UK Financial Investments, der Agentur, die mit der Verwaltung der während der Finanzkrise eingegangenen Engagements betraut ist.Osbornes Vorgänger Alistair Darling von der Labour-Partei hatte das Institut, das sich an der Übernahme der niederländischen ABN Amro verhoben hatte, mit 46 Mrd. Pfund vor dem Untergang bewahrt. Damit war die Hoffnung verbunden, dass die einst größte Bank der Insel ihre Aufgaben für das Funktionieren der Volkswirtschaft wahrnimmt. Das aggressive Vorgehen gegen Schuldner in Nöten zeugte jedoch von anderen Prioritäten des Managements.Diese Woche wurde eines der rechtlichen Hindernisse für künftige Dividendenzahlungen an die Aktionäre ausgeräumt. Die Bank löste für 1,2 Mrd. Pfund ein Instrument ab, das der öffentlichen Hand bei Ausschüttungen Vorrang einräumte – die sogenannte Dividend Access Share. Der ehemalige RBS-Chairman Philip Hampton hatte gehofft, die Aktionäre schon zu Beginn des kommenden Jahres mit einer Dividende zu beglücken. Sein Nachfolger Howard Davies kündigte dagegen nach dem achten Verlustjahr in Folge an, dass es frühestens nach dem Auftaktquartal 2017 so weit sein werde. Zu den Voraussetzungen dafür gehört, dass die Bank Rechtsstreitigkeiten in den USA beilegt, bei denen es um mit Hypotheken unterlegte Wertpapiere (RMBS) geht. Die RBS war über ihre US-Tochter Greenwich Capital Markets am Geschäft mit Subprime-Papieren beteiligt. Die Bank müsste zudem den diesjährigen Stresstest der Bank of England bestehen und sicher sein, dass die Kosten der Skandale der Vergangenheit ihren Gipfel bereits überschritten haben. Weitere Voraussetzungen sind nachhaltige Profitabilität und eine erfolgreiche Trennung von Williams & Glyn. Brüssel hatte im Gegenzug für die staatlichen Hilfen während der Finanzkrise die Ausgliederung von mehr als 300 Filialen verlangt. Deren Veräußerung an die spanische Santander war im Oktober 2012 gescheitert. Nun werden sie unter der Traditionsmarke Williams & Glyn ausgegliedert.RBS-Chef Ross McEwan und sein im Schatzamt in Ungnade gefallener Vorgänger schrumpften die aufgeblähte Bilanz erheblich. Marode Assets wurden in eine hausinterne Bad Bank verschoben, Schuldentitel mit hohem Kupon zurückgekauft. Die Entschädigung der Kunden, denen ohne Notwendigkeit Restschuldversicherungen verkauft wurden, dürfte demnächst abgeschlossen sein. Auch die Geldstrafen und Verfahren wegen Fehlverhaltens in der Vergangenheit sind weitgehend abgearbeitet. Selbst das Loch in der Pensionskasse ist nun gestopft. Alles in allem beliefen sich die dabei in den vergangenen acht Jahren aufgelaufenen Verluste auf mehr als 50 Mrd. Pfund. Die Kapitalausstattung hat sich dabei deutlich verbessert. Kein Wunder, dass Analysten für das kommende Jahr auf einen Aktienrückkauf oder Ausschüttungen setzen.Der durchschnittliche Einstiegspreis des Staates hatte bei 502 Pence gelegen. Zuletzt bewegte sich der Kurs bei 230 Pence. Geht es nach den Haushaltswächtern des Office for Budget Responsibility (OBR), könnte die beschleunigte Privatisierung die Steuerzahler mehr als 20 Mrd. Pfund kosten. Die RBS erwiese sich erneut als schwarzes Loch. Man könnte argumentieren, dass der Staat endlich damit anfangen sollte, die Verluste aus der Bankenrettung zu realisieren. Der Verkaufserlös könnte für sinnvollere Dinge genutzt werden, schließlich kann der Betrieb einer Großbank nicht unbedingt zu den hoheitlichen Aufgaben gerechnet werden. Warum sollte die öffentliche Hand aber gerade dann mit Verlust verkaufen, wenn sich bei der RBS langsam eine Besserung abzeichnet? Für Osborne ist die Antwort klar. Er will mit dem Verkaufserlös die zahlreichen Löcher in seinem ambitionierten Sparhaushalt stopfen. Wie viel dabei hereinkommt, ist eher zweitrangig. Der politische Schaden könnte enorm sein, denn wenn sich irgendwo der Vorwurf erheben lässt, dass Osborne Verluste sozialisieren und Gewinne privatisieren will, dann im Fall RBS.——–Von Andreas Hippin Erfolg misst sich am Ziel. George Osborne hat sich einen schnellen Verkauf der RBS-Beteiligung vorgenommen. Die Steuerzahler wird das Milliarden kosten.——-