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Der lange Abschied eines Idols

Von Jan Schrader, Frankfurt Börsen-Zeitung, 6.1.2018 Wer ist der Chef der Templeton Emerging Markets Group? Offiziell steuert noch immer der bekannte Fondsmanager Mark Mobius (81) von Singapur aus als Executive Chairman die Tochter der...

Der lange Abschied eines Idols

Von Jan Schrader, FrankfurtWer ist der Chef der Templeton Emerging Markets Group? Offiziell steuert noch immer der bekannte Fondsmanager Mark Mobius (81) von Singapur aus als Executive Chairman die Tochter der US-Fondsgesellschaft Franklin Templeton, dabei ziehen längst andere Schwellenlandspezialisten die Fäden. Bereits im April 2016 übernahm der Manager-Kollege Stephen Dover die Rolle als Investmentchef der Gruppe und schrittweise die tägliche Führung. Auch seine vorherigen Aufgaben führt Dover von der Konzernzentrale im kalifornischen San Mateo aus fort, darunter die Rolle als globaler Investmentchef der Einheit Local Asset Management, wo die regionale Vermögensverwaltung auch in verschiedenen Schwellenländern zusammengefasst ist. Mobius gab darüber hinaus das Fondsmanagement nach und nach ab und fungiert heute vor allem als ein Sprecher der Emerging Markets Group, der seine grundsätzlichen Sichtweisen zu Schwellenländern teilt, wie Franklin Templeton festhält. Mobius führt nicht mehr, doch er spricht sehr viel. Ein Star tritt abDer Abschied dürfte dem bekannten Fondsexperten schwerfallen. Noch im September hatte er erklärt, sich niemals zu Ruhe setzen zu wollen. Auf seinem Blog berichtet er noch immer über seine zahlreichen Reisen in diverse Schwellenländer oder beantwortet in Interviews Fragen zu seinem bewegten Leben und seiner steilen Karriere als Fonds-Pionier. Auch Lebensweisheiten teilt er mit seiner Leserschaft. “Der Schlüssel zu allem ist, dass man das, was man tut, lieben muss”, sagt er etwa, oder aber: “Treffen Sie keine Schlussfolgerungen, bevor Sie nicht alle Fakten kennen.” Die hohen Abflüsse der Gesellschaft in Milliardenhöhe, die Kritik an der Leistung vieler Fonds – all das scheint in weiter Ferne zu liegen, wenn Franklin Templeton den Star-Fondsmanager in Szene setzt.Mobius kam 1987 zu Templeton, die einige Jahre später von Franklin übernommen wurde. Als Präsident der Emerging-Markets-Einheit, die damals lediglich 100 Mill. Dollar schwer war, machte er sich rasch als Pionier in dem Segment einen Namen. Heute steuert die Schwellenland-Tochter ein Vermögen von 28 Mrd. Dollar, während der gesamte Konzern von Franklin Templeton auf 753 Mrd. Dollar kommt. Mobius lernte auch den 2008 verstorbenen Gründer Sir John Templeton kennen, den er als sehr sparsam, geduldig und ausgeglichen beschreibt.Mit seinen Büchern wie “Passport to Profits”, “Emerging Markets für Anleger”, “The Little Book of Emerging Markets” und andere hat sich Mobius einen Namen gemacht. In der Wirtschaftspresse gilt er als “Vater der Schwellenlandfonds”, “König der Emerging Markets” und “Indiana Jones des globalen Investments”. Über Jahrzehnte hinweg wurde er mit Auszeichnungen überhäuft. Kein anderer Mensch stehe mit seinem Namen gleichermaßen für das Segment der Schwellenländer, lobt auch Konzernchef Greg Johnson. Unsicherheit und AufbruchGeboren 1936 in New York, zog es den Sohn einer puerto-ricanischen Mutter und eines deutschen Vaters schon früh ins Ausland. In den sechziger Jahren ließ er sich im japanischen Kyoto von der Aufbruchstimmung der Menschen faszinieren, die damals noch überwiegend in einfachen Verhältnissen lebten, wie er sagt. Einige Jahre später erlebte er in Hongkong zum Höhepunkt der gewaltsamen “Kulturrevolution” in China die große Unsicherheit in der damals noch britisch verwalteten Stadt. Die Unsicherheit und die Aufbruchstimmung – das sind die beiden Pole, die Mobius mit Schwellenländern verbindet.Der japanische Zeichner Kaoru Kurotani griff diese Idee auf und idealisierte den Manager in einem Manga-Comic: Zu Beginn der Erzählung landet der als “Bald Eagle” bekannte Mobius 1989 in Manila, der Hauptstadt der Philippinen, wo er kurz nach Ankunft im Hotel einen Putsch-Versuch am Rande miterlebt. Eine Gewehrkugel verirrt sich in das Gebäude und verfehlt Mobius und seine Begleiter nur knapp, doch für eine Belehrung im Einmaleins des Investierens nimmt sich der gezeichnete Fondsmanager kurz darauf dennoch Zeit. “Höhere Risiken, höhere Renditen, das ist die Natur der Emerging Markets”, lässt er seine begeisterten Gastgeber wissen. Nicht immer aber wird ein schmeichelhaftes Bild über Mobius gezeichnet. Im globalisierungskritischen Dokumentarfilm “Let’s make money” wird er als wohlhabender Investor vorgeführt, der unberührt von den Nöten der Menschen allein das Anlegerwohl in den Blick nimmt. Wurzeln in DeutschlandNach wie vor lebt Franklin Templeton von der Bekanntheit des Managers. Sein unterhaltsam geschriebenes Blog, das “Investmentabenteuer in den Emerging Markets” in Aussicht stellt, wird bereits in sieben Sprachen übersetzt. Im Dezember ließ Mobius seine Leser an einer Tour nach Deutschland teilhaben. Über das hohe Tempo auf der Autobahn und die vielen Windräder in der Landschaft zeigt er sich da überrascht. In Erlbach, der Heimatstadt seines Vaters nahe Dresden, war er schon zu DDR-Zeiten zu Besuch. In einer Kirche spielte ein Onkel ihm dort eine Bach-Fuge auf der alten Orgel vor, diesmal griff Mobius selbst für ein Foto in die Tasten. Neben der Kirche stehen einige Grabsteine, von denen einer den Namen der Familie Mobius trägt.Wirtschaftliche Daten zum Land, in diesem Fall zur Verbreitung von Wind- und Solarkraft, fließen im Blog ebenfalls ein, doch oft sind sie nur Beiwerk. Nicht als Fondsmanager, als Autor steht Mobius der Firma zu Diensten.