Cum-ex

Der "unzureichend informierte Dr. J."

Der fünfte Verhandlungstag im Cum-ex-Prozess gegen Ulf J., früher weltweiter Steuerchef der Kanzlei Freshfields, und Hagen W., einst Geschäftsführer der Maple Bank, ließ die Umrisse der Verteidigungsstrategie von J. erkennen.

Der "unzureichend informierte Dr. J."

Der "unzureichend informierte Dr. J."

Im Cum-ex-Prozess vor dem Frankfurter Landgericht formt sich Stück für Stück ein Bild von den Aktivitäten der Maple Bank

Von Thomas List, Frankfurt
Von Thomas List, Frankfurt

Der fünfte Verhandlungstag im Cum-ex-Prozess gegen den Steueranwalt und früheren Freshfields-Partner Ulf J. sowie den Ex-Maple-Banker Hagen W. vor der 24. großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt steht eigentlich ganz im Zeichen der Vernehmung von zwei ehemaligen Mitarbeitern im Handelsbereich der Bank (Az 5/24 KLs-7480 Js 208433/21).

Vorwurf gekontert

Doch zu Beginn verliest Verteidiger Werner Leitner eine Stellungnahme, die die Verteidigungsstrategie für J. deutlich macht. Zum einen wehrt er sich gegen den am vorherigen Verhandlungstag in einer verlesenen Vernehmung eines Maple-Bankers gemachten Vorwurfs, er sei von J. nicht über die steuerlichen Risiken der von der Bank verfolgten Handelsstrategien informiert worden. Leitner zitiert aus einem im März 2007 verfassten Gutachten des, so der Anwalt, „unzureichend informierten Dr. J.“, in dem das Risiko explizit benannt, aber sinngemäß in der Gesamtschau als beherrschbar dargestellt wurde.

Es handele sich also mitnichten um „Gefälligkeitsgutachten“, kontert Leitner den Vorwurf der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift. Durch die anschließende Vernehmung von zwei Ex-Maple-Bankern versucht der Vorsitzende Richter Werner Gröschel dann Licht in die Handelsstrategien, aber auch in die Entscheidungsabläufe und die Kenntnisse der einzelnen Mitarbeiter zu werfen. An diesem Verhandlungstag konnten allerdings nur erste Mosaiksteinchen zutage gefördert werden.

Holger B. (49) arbeitete in den von diesem Verfahren erfassten Jahren 2007 bis 2010 im Treasury und im Handel. Auf die Frage von Gröschel, ob die Cum-ex-Strategie damals Thema in der Bank gewesen sei, antwortete B. mit dem Zitat eines Maple-Managers: „Wir machen das nicht. Das machen andere.“ Vielmehr führe man eine „Intercompany-Strategie“ durch, die zwar ähnlich gelagert, aber eben nicht das Gleiche wie Cum-ex sei. Konkret ging es um Aktien- und Derivategeschäfte zwischen der Frankfurter Maple Bank, der Mailänder Niederlassung und der britischen Maple Securities (MSUK).

Aus seiner damaligen Sicht, so schilderte es B. jetzt vor Gericht, war die Strategie – bankintern „German Pair“ genannt – rechtlich und administrativ abgesichert. Da wurden in Frankfurt Aktien eines Unternehmens in größerer Stückzahl gekauft, für MSUK diese verkauft und über Mailand abgesichert, zwar mit abgesprochenen Volumina, aber zu marktgerechten Preisen, wie B. betonte. Absprachen über die Verteilung der Erträge zwischen den Handelspartnern wollte er aber nicht ausschließen.

Handelsstrategien entwickelt

Der zweite Zeuge, Andrey S. (45), hat als Finanzmathematiker Handelsstrategien entwickelt sowie Gewinn-und-Verlust-Rechnungen für den Handel erstellt. Auch ihm waren im Jahr 2006 weder Cum-ex noch Cum-cum bekannt, „German Pair“ aber schon als kurzfristiger Aktienhandel mit Steuereffekten, wobei sich diese aus der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Käufer und Verkäufer ergeben hätten, sei ihm erklärt worden. Mit einem von der Geschäftsführung unterschriebenen Strategy Approval Request und einer „opinion“ (u. a. von J.) gaben sich die Mitarbeiter offenbar zufrieden. Der Prozess wird am 9. Oktober fortgesetzt.

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